Gökay Akbulut

Baden-Württemberg Linken-Abgeordnete Akbulut in Zug angegriffen

Stand: 27.01.2025 17:05 Uhr

Auf einer Zugfahrt von Heidelberg nach Stuttgart ist die Linken-Bundestagsabgeordnete Akbulut nach eigenen Angaben angegriffen worden. Sie sei dabei rassistisch beleidigt und sexuell belästigt worden.

Die Linken-Politikerin Gökay Akbulut, die seit 2017 für den Wahlkreis Mannheim im Deutschen Bundestag sitzt, ist nach eigenen Aussagen am Samstagabend in einem Zug von Heidelberg nach Stuttgart rassistisch beleidigt und sexuell belästigt sowie körperlich angegriffen und dabei verletzt worden. Die 42-Jährige postete am späten Sonntagabend auf ihrem Instagram-Kanal ein entsprechendes Statement. Zu sehen sind dabei auch zwei Fotos, die Akbulut aufgenommen hat: Sie zeigen eine Verletzung über ihrem linken Auge sowie einen unkenntlich gemachten Mann mit erhobenem Mittelfinger.

Angriff auf Bundestagsabgeordnete - Akbulut veröffentlicht Statement auf Instagram

Akbulut befand sich eigenen Angaben zufolge auf dem Rückweg von einer Veranstaltung in Heidelberg, als sie im Zug "von Rechtsextremisten beleidigt und angegriffen" wurde. Der Zug sei voll mit männlichen Fußballfans gewesen. Der VfB Stuttgart hatte am Samstagnachmittag ein Auswärtsspiel beim FSV Mainz 05.

Auf dem Weg durch den überfüllten Zug, auf der Suche nach einem Sitzplatz, sei sie mehrfach sexuell belästigt und rassistisch beleidigt worden. Nachdem sie einen Platz gefunden habe, habe eine Gruppe Männer hinter ihr "ständig AfD-Parolen" gegrölt. Wie Akbulut weiter schreibt, machte sie davon Aufnahmen, woraufhin ein Mann eine Bierflasche gegen ihren Kopf geworfen haben soll. "Als der Zug in den Stuttgarter Bahnhof einfuhr, wollte ich nur noch schnell raus. Ich stand unter Schock, schrie und rief nach der Polizei", beschreibt die Bundestagsabgeordnete die Situation. Im Krankenhaus hätten sich die Verletzungen als nicht schwerwiegend herausgestellt.

Das postete Akbulut auf ihrem Instagram-Kanal

Solidarität und Forderung nach Aufklärung

Akbulut forderte in ihrem Post Politikerinnen und Politiker der demokratischen Parteien auf, "ihren Tonfall zu mäßigen und nach sachlichen Antworten auf die Herausforderung unserer Zeit zu suchen". Es brauche eine klare Kante gegen Rassismus und Rechtsextremismus, anstatt die Forderungen der Rechten zu übernehmen. Akbulut sprach in diesem Zusammenhang die Union aus CDU und CSU an. Auch an den VfB Stuttgart richtete die 42-Jährige die Forderung, zu klären, wie er mit "rechtsextremen Fans" umgehen möchte.

Unter dem Post meldeten sich zahlreiche Politikerinnen und Politiker zu Wort, sprachen Akbulut Solidarität aus und wünschten ihr gute Besserung. "Niemals allein - immer gemeinsam", schrieb beispielsweise die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Ines Schwerdtner. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Emilia Fester bezeichnete die Ereignisse als "furchtbare Folge der verrohten Debatte, des Mangel an Solidarität und der mangelnde Abgrenzung der Fußballfanszene von Rechtsextremisten [sic]".

Linken-Stadtrat aus Stuttgart: Werden Angriff auf Politikerin zum Thema machen

Der für die Linken im Stuttgarter Stadtrat sitzende Politiker Luigi Pantisano versprach, den Vorfall in der Stadt zum Thema zu machen. "Das so etwas möglich ist, in einer vielfältigen Stadt wie Stuttgart und von Fans eines Vereins, der sich Diversität auf die Fahnen schreibt ist unerträglich [sic]", schrieb er. Auch der Mannheimer Kreisverband der Linken rief zur Solidarität auf. "Dieser rassistische und sexistische Angriff erschüttert uns zutiefst. Er zeigt, wie weit das Gift, das die AfD in die Bevölkerung streut, zu wirken beginnt und alle Hemmungen verloren geht [sic]", heißt es in einer Stellungnahme.

Die baden-württembergische Landessprecherin der Linken, Sahra Mirow, fordert in einer Mitteilung Konsequenzen nach dem Angriff: "Wir erwarten von Innenminister Strobl eine lückenlose Aufklärung dieses Angriffs und strafrechtliche Konsequenzen für die Täter." Der Angriff sei Ausdruck einer gesellschaftlichen Situation, die sich immer weiter zuspitzt, so Mirow weiter. "Angriffe dieser Art nehmen zu. Daher gilt es umso mehr, dass die demokratischen Kräfte in diesem Land zusammenstehen."

Auch die Mannheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cadematori verurteilte den Angriff. "Dieser Angriff ist ekelhaft - jeden Tag werden Menschen mit Migrationshintergrund mit Worten und zunehmend auch mit körperlicher Gewalt angegriffen", heißt es in einer Stellungnahme der Abgeordneten. Die Gewalt von Rechts werde immer grenzenloser. "Diese Enthemmung ist auch ein Resultat der immer feindseligeren politischen Rhetorik gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund und einer politischen Debatte, die Migranten zum Sündenbock für alle Probleme in unserem Land macht", so Cadematori weiter.

Ähnlich äußerte sich auch die Generalsekretärin der CDU Baden-Württemberg, Nina Warken, auf SWR-Anfrage: "In unserer Gesellschaft ist kein Platz für Rassismus, Sexismus und Gewalt." Und weiter: "Gerade in Zeiten grundlegender inhaltlicher Auseinandersetzungen müssen wir uns ganz besonders für ein friedliches und respektvolles Miteinander einsetzen."

"Der Angriff auf Frau Akbulut ist zu verurteilen", sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Anton Baron, dem SWR. "Der Versuch, hieraus politisches Kapital zu schlagen allerdings auch. Bis zum Abschluss der Ermittlungen, gilt es, sich mit politischen Schuldzuweisungen zurückzuhalten."

Wehrle: VfB verurteilt Übergriff auf Akbulut

Der Vorstand des VfB Stuttgart, Alexander Wehrle, meldete sich auf Instagram zu Wort. "Der VfB verurteilt den gewalttätigen Übergriff auf die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut aufs Schärfste", heißt es dort in einem Post. "Wir distanzieren uns klar und deutlich davon."

Social-Media-Beitrag auf Instagram:

Die Bundespolizei erklärte am Montag auf Anfrage des SWR, dass ihr der Sachverhalt bekannt sei, weiter äußern wollten sich die Verantwortlichen aber noch nicht. Der Linken-Kreisverband Mannheim teilte indes mit, dass es Akbulut den Umständen entsprechend gut gehe, eine Anzeige sei erstattet worden.

Sendung am Mo., 27.1.2025 8:30 Uhr, SWR4 BW Studio Mannheim

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