
Milliardeninvestitionen Die Währungshüter stützen die Aufrüstung
Auch die immer kritischen professionellen Beobachter der Geldpolitik befürworten die geplanten Milliardeninvestitionen in die Rüstung. In der Abschottung der USA sehen manche auch eine Chance.
Eigentlich sind die Hüter von Währungen und Geldwert immer kritisch bis ablehnend, wenn Staaten große Geldmengen ausgeben. Doch beim Thema "Rüstung auf Pump" gibt es keine Kritik. Das wurde bei der Tagung "The ECB and Its Watchers" der professionellen Beobachter von Geldpolitik an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main deutlich. "Wir brauchen unbedingt einen wesentlichen Aufbau der Verteidigung", forderte Gastgeber Volker Wieland bei der Begrüßung und projizierte das Bild eines "Leopard"-Panzers an die Wand.
Auf den Podien und im Publikum ließ niemand Zweifel an Sinn und Zweck der Aufrüstung erkennen. Vor 400 Topleuten aus Banken, Zentralbanken und Wissenschaft traten die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, der Finanzmarktchef des Internationalen Währungsfonds (IWF), international renommierte Professoren und drei aktive und zwei pensionierte Chefs nationaler Zentralbanken auf. Dabei sind die wirtschaftlichen Folgen enorm. Silvana Tenreyro von der London School of Economics rechnet mit einem "Nachfrageboom in den nächsten zehn Jahren".
Inflation wird angetrieben
Allen Rednern und Rednerinnen war klar, dass allein das deutsche Vorhaben, Hunderte Milliarden fürs Militär auszugeben, die Inflation erhöhen wird. Das Geschäft von EZB-Präsidentin Lagarde, die Inflation bei zwei Prozent einzudämmen, wird schwieriger. Lagarde wies darauf hin, dass die Welt - und damit die Welt der Währungen - unsicherer und wechselhafter geworden sei. Lagarde versprach: "Wir werden immer alles Nötige tun, um Preisstabilität herzustellen."
Weil kein Geld angespart wurde, muss Aufrüstung vollständig mit neuen Staatsschulden bezahlt werden. Die Voraussetzungen seien schlechter als vor wenigen Jahren, gab Klaus Adam vom Londoner University College zu bedenken. Die Staaten sind seit der Pandemie ohnehin schon hoch verschuldet und häufen durch überzogene Etats immer weitere Schulden an. Adam sagte, im Vergleich zu den USA und China sähe es aber "noch immer sehr gut aus".
Nutzen und Lasten für die Zivilwirtschaft
Ob die zivile Wirtschaft auf breiter Basis von Aufrüstung profitiert, war strittig. Manche Wirtschaftswissenschaftler zeigten sich hoffnungsvoll, dass florierende Rüstungsunternehmen anderweitig gut brauchbare Forschung und Entwicklungen hervorbrächten. Andere waren skeptisch.
"Es geht auch um Leute", mahnte Klaus Adam, der lange Professor in Mannheim war. Wenn eine Wehrpflicht jeden Jahrgang für ein Jahr dem Wirtschaftsleben entzieht, "produzieren sie Verteidigung, statt Waren zu produzieren". Diese Kosten gelte es erst noch zu berechnen.
Chancen für Europa?
Wirtschaftswissenschaftler Adam beschrieb Aufrüstung in Europa bei gleichzeitiger Abschottung der USA auch als Chance. Wenn Europa selbständig werde und stabil bleibt, sei der Euro "in einer guten Position, die relevanteste internationale Reservewährung zu werden". Derzeit ist der amerikanische Dollar die einzige Währung, die weltweit allseits anerkannt und gesucht wird. Das stabilisiert den Wert der Währung und lockt Investitionen und Geldanlagen in den jeweiligen Währungsraum.