Kappungsgrenze überschritten Warum SAP zu wertvoll ist für den DAX
SAP ist Deutschlands wertvollster Konzern - nach den Regeln der Deutschen Börse vielleicht sogar zu wertvoll: Seit einiger Zeit hat SAP die sogenannte Kappungsgrenze überschritten. Was bedeutet das?
Auf dem Wochenmarkt gibt es sie manchmal noch, die gute alte Balkenwaage: zwei Schalen, befestigt an einer waagerechten Achse. Würde man diese Schalen mit DAX-Konzernen befüllen, wäre einer von ihnen mit Abstand der schwerste: SAP, der Softwarekonzern aus Walldorf in Baden-Württemberg. In Zahlen heißt das: Bei der letzten turnusgemäßen Überprüfung, Ende Dezember, kam SAP - gemessen am Börsenwert - auf ein Gewicht im DAX von 16,7 Prozent.
"Das sagt aus, dass die Technologie-Werte insgesamt ein ganz besonderes Gewicht haben - und damit auch die Indizes weit nach oben bewegt", erläutert Martin Lück, unabhängiger Analyst der Beratungsgesellschaft Macro Monkey. "Das ist eine Parallele zu Amerika, wo wir das bei den sogenannten Magnificent Seven ja auch gesehen haben." Magnificent Seven, das sind die großen Tech-Konzerne Meta, Alphabet, Apple, Nvidia, Microsoft, Amazon und Tesla; sie dominieren den US-Börsenindex Dow Jones.
Verluste bei der Abbildung des DAX
Am deutschen Aktienmarkt ist die Dominanz von SAP zu einem gewissen Problem geworden. Seit September ist das Gewicht von SAP im DAX nämlich gekappt, und zwar auf 15 Prozent. Größer darf es nicht sein, so sind die Regeln des Indexanbieters ISS Stoxx, einer Tochter der Deutschen Börse. Die sogenannte Kappungsgrenze soll sicherstellen, dass eine Streuung gegeben ist und nicht ein Konzern zu mächtig wird.
Folgen hat das vor allem für Anleger, die in Fonds investieren, die den DAX genau abbilden. "Und wenn sehr erfolgreiche Unternehmen eben an diese Grenze stoßen, dann kann natürlich der Anleger im Zweifel - wenn er in einen solche Index-Fonds investiert - nicht mehr an den Erträgen partizipieren, die über dem Durchschnitt anderer Unternehmen liegen", erklärt Gerrit Fey, Leiter des Fachbereichs Kapitalmärkte beim Deutschen Aktieninstitut.
Linde trieb die Kappung in den Dow Jones
Und auch für SAP ist das ein Problem: Kaufen die Fondsanbieter weniger Aktien, belastet das potenziell auch den Kurs. Der Finanzvorstand von SAP, Dominik Asam, sagte dem Handelsblatt schon im Oktober, man sei nicht glücklich über die Grenze und mit der Deutschen Börse im Gespräch. Der Börsenbetreiber selbst hatte die Kappungsgrenze erst im vergangenen Jahr von zehn auf 15 Prozent angehoben; es war eine Reaktion darauf, dass der Industriegigant Linde den deutschen Finanzplatz 2023 in Richtung USA verlassen hatte. Auch das Gewicht von Linde im DAX war zuvor gekappt worden.
Im Fall von SAP scheint es zumindest unmittelbar nicht den Plan zu geben, den Börsenplatz komplett zu wechseln. Jedoch steht die Frage im Raum, wie lange sich der Softwaregigant diesen Nachteil gefallen lässt. Im Zweifel gehe es darum, die Regeln nochmals zu ändern, bevor man SAP an die amerikanische Börse verliert: "Wenn SAP sich ganz entscheiden würde, das Listing woanders zu machen, dann würde der natürlich auch der DAX einen enormen Performancetreiber verlieren" so Finanzexperte Lück. "Und dann würde der deutsche Aktienmarkt - im Vergleich zum amerikanischen - noch viel schlechter aussehen."
Kommt eine "ungekappte" Version des DAX?
Besteht nun also die Chance für SAP, dass die Kappungsgrenze weiter steigt? Konkrete Anzeichen dafür gibt es nicht. Der DAX-Anbieter ISS Stoxx teilte auf Anfrage mit, man arbeite jedoch an einer "ungekappten" Version des DAX, in der die 15-Prozent-Regel nicht greift.
Diese Variante soll danach noch im ersten Jahresquartal erscheinen. Ob das für SAP im Fall der Fälle ein Argument ist, dem Finanzplatz Frankfurt die Treue zu halten, bleibt allerdings abzuwarten.