Viele 50-Euro-Scheine werden in ein Briefkuvert gelegt.

Geldtransfers per Hawala Illegal, aber auch lebensnotwendig

Stand: 30.03.2025 19:40 Uhr

Ein uraltes Geldtransfer-System beschäftigt deutsche Kriminalämter. Kriminelle nutzen es, um Terror und illegale Geschäfte zu finanzieren - die Welthungerhilfe, um das Überleben von Millionen Menschen zu sichern.

Von Edith Dietrich, WDR

Hawala ist ein arabischer Begriff, heißt übersetzt Überweisung und funktioniert denkbar einfach: Will eine Person in Deutschland einer Person im Irak, Iran oder Syrien Geld geben, so kann sie die Summe aufgrund von Sanktionen nicht einfach überweisen. Also übergibt sie das Geld an einen lokalen Vertrauten, einem sogenannten Hawaladar.

Dieser informiert einen Vertrauten in der Zielregion, der dem Empfänger die Summe aushändigt. Die beiden Hawaladare verrechnen die Summen untereinander. Gerade für Migranten und vor allem für Geflüchtete ist es oft der einzige Weg, ihre Familien im Heimatland zu unterstützen.

Hawala basiert auf islamischen Prinzipien wie Vertrauen, Ehrlichkeit und gegenseitiger Unterstützung und entstand bereits im Jahr 750 im islamischen Großreich, dem Abbasiden-Kalifat. Es war eine Möglichkeit für Händler, große Entfernungen zu überbrücken und Geschäfte zu machen, ohne physisch Bargeld zu transportieren.

In Europa illegal

Schätzungen der Weltbank zufolge werden noch heute jährlich etwa 200 Milliarden US-Dollar über Hawala-Netzwerke transferiert. In manchen Regionen wie dem südlichen Afrika gelangen 65 Prozent der Gelder über Hawala ins Land.

In der Europäischen Union sind Finanztransfergeschäfte aufsichtspflichtig. Wer also Gelder transferieren will, braucht eine Lizenz als Zahlungsdiensteleister, wie sie beispielsweise der US-amerikanische Anbieter Western Union hat. Aufgrund der fehlenden Lizenz gilt Hawala hingegen als unerlaubtes Finanztransfergeschäft und verstößt gegen Geldwäsche-Richtlinien.

LKA: Fehlende Dokumentation hilft auch Kriminellen

Der Umstand, dass der Weg des Geldes nicht dokumentiert ist, wird auch für kriminelle Zwecke genutzt: Er dient etwa der Terrorfinanzierung, der Geldwäsche, der Korruption und dem Rauschgifthandel. "Dieses Underground-Banking ist eine wesentliche Triebfeder für Kriminelle", sagt Achim Schmitz vom Landeskriminalamt NRW.

Schmitz ermittelt europaweit zusammen mit 18 Behörden vom Zoll bis zur Bafin. An einem "Action-Day" hat das Netzwerk 400.000 Euro illegaler Gelder an nur einem Tag sicherstellen können. Darüber hinaus decken die Behörden immer wieder kriminelle Geldwäsche auf: 2021 standen sieben Männer vor Gericht, sie sollen mehr als 200 Millionen Euro unerlaubter Zahlungen von und nach Deutschland transferiert haben. 2024 soll ein Juwelier 348 Millionen Euro transferiert haben.

Auch die Welthungerhilfe nutzt Hawala

Diese Art des Geldtransfers ist allerdings auch der einzige Weg, um in vielen Ländern Hilfe zu leisten. Laut dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit operieren sieben Hilfsorganisationen und NGOs mit Hawala. Auch die Welthungerhilfe muss in Ausnahmefällen auf das System zugreifen, um direkte Überlebenshilfe zu leisten. Nach der Machtübernahme der Taliban etwa konnten aufgrund von Sanktionen keine Gelder für die hungernde Bevölkerung nach Afghanistan überwiesen werden.

"Wir haben mehr als zwei Millionen Menschen am Leben erhalten", sagt Sabine Pott von der Welthungerhilfe. "Wir können doch nicht sagen, weil dieses Land keinen Swift-Code hat, bekommen die Menschen keine Hilfe."

Das System funktioniert

Die Welthungerhilfe arbeitet deshalb mit Cash-Agenten, die zwar keine Lizenz haben, aber geprüft sind. "Wir können den Weg des Geldes nicht vollständig nachvollziehen, aber wir sind dabei, wenn das Geld in der Provinz verteilt wird." Das System funktioniert.

Es gebe einen Weg, dieses uralte Geldtransfer-System aus der Illegalität zu holen. "Hawala als Finanztransfer zu legalisieren ist nur möglich, wenn dieser Transfer nicht gewerblich betrieben wird", sagt Matthias Casper, Professor für Kapitalmarktrecht von der Universität Münster. Doch für diesen Weg sieht er kaum Chancen. Und so wird das Zahlungssystem aus dem Mittelalter wohl auch in Zukunft für Geldtransfers genutzt werden. Im Guten wie im Schlechten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Plusminus am 26. März 2025 um 21:45 Uhr.