33. Kritischer Agrarbericht Keine Förderung mit der Gießkanne
"Wertschöpfung und Wertschätzung" ist der Schwerpunkt des diesjährigen Kritischen Agrarberichts. Das alternative Agrarbündnis fordert konkretes Handeln für eine Transformation der Landwirtschaft.
Irgendwann während der Vorstellung des Kritischen Agrarberichts 2025 ist sie gestellt worden, die Frage nach dem aktuellen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg. Bisher habe man Glück gehabt, dass es sich offenbar um ein regional begrenztes Auftreten der Seuche handele, sagte Thomas Schröder, der Präsident des Tierschutzbundes. Gleichzeitig warnt er davor, dass bei der weit verbreiteten Tierhaltung mit hohen Beständen die Gefahr eines nicht beherrschbaren Seuchenausbruchs groß sei und fordert eine Debatte über die Massentierhaltung.
Auch der Kritische Agrarbericht warnt davor, dass die Seuchengefahr zunehme, weil die Zucht auf Höchstleistung unter anderem die Widerstandsfähigkeit der Tiere schwäche. Tierzucht und Tierschutzrecht müssten dem entgegenwirken.
Wie weiter beim Umbau der Landwirtschaft?
Wie soll es weitergehen mit dem Umbau der Landwirtschaft hin zur Nachhaltigkeit? Wie soll die Transformation gelingen in diesen bewegten Zeiten, in denen Klima- und Umweltschutz sowie ein sozial-ökologischer Wandel in den Hintergrund zu rücken drohen?
Unter anderem auf diese Fragen suchen die Verfasser des Agrarberichts Antworten. Dabei haben sie sich thematisch den Schwerpunkt "Wertschöpfung und Wertschätzung" gesetzt, denn in den Debatten gehe es auch immer darum, dass Leistungen der Landwirte nicht ausreichend honoriert werden - sowohl ökonomisch als auch gesellschaftlich. Enttäuschung und Wut darüber hätten sich auch die Bauernproteste vor einem Jahr gezeigt.
Verbindliche Lieferverträge gefordert
Artikel 148 der GMO - der Gemeinsamen Marktordnung in der EU - ist ein Begriff, der immer wieder genannt wird als Beispiel für faire Beziehungen zwischen den Marktteilnehmern. Der Artikel ermöglicht es, den Abschluss von Lieferverträgen für Milch zu einer verbindlichen Pflicht zu machen. Der Gesetzgeber muss das nur beschließen.
Für Frieder Thomas, Geschäftsführer des Agrarbündnisses, wäre eine solche Vertragspflicht mit der konkreten Angabe über Preis, Menge, Qualität und Laufzeit ein wichtiger Schritt hin zu einem fairen Einkommen für Erzeuger. Auch müssten Einkauf und Verkauf unter Produktionskosten verboten werden.
Bei der Verteilung von Fördermitteln fordert das Bündnis ein Umdenken weg von den pauschalen Flächenprämien hin zu einer Honorierung der Gemeinwohlleistungen, wie Xenia Brand es formuliert, die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und ebenfalls Mitglied des Agrarbündnisse. So könnten gezielter Mittel an Landwirte fließen, die beispielsweise in Klima-, Tier- oder Artenschutz investieren - Bereiche also, für die es keinen realen Markt gibt.
Ökoregelung für Weidetiere auf der Kippe
Als Beispiel für eine Gemeinwohlleistung nennt Brand die gezielte Förderung von Landwirten, die ihre Milchkühe auf der Weide halten. Das sei ein wichtiger Beitrag zum Umbau der Tierhaltung, der nur mit einer verlässlichen und langfristigen Finanzierung zu leisten sei.
Eine solche Ökoregelung soll ab 2026 eingeführt werden und ist Teil des Agrarpakets, das Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen als Reaktion auf die Bauernproteste im vergangenen Herbst geschnürt hat. Doch aktuell gibt es vor allem im FDP-geführten Agrarministerium in Rheinland-Pfalz und in den entsprechenden unionsgeführten Ressorts in Bayern, Sachsen-Anhalt oder Nordrhein-Westfalen Vorbehalte gegen die Förderung der Weidehaltung von Milchkühen. Eine endgültige Entscheidung über deren Einführung steht daher noch aus.
Bürokratieabbau endlich angehen
Immer wieder genannte Kernpunkte bei der Entbürokratisierung der Landwirtschaft sind die Abschaffung von wenig praxisorientierten und teils doppelten Dokumentationspflichten bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten sowie der Verzicht auf eine "Kalender-Landwirtschaft", bei dem beispielsweise festen Daten für Aussaat, Bodenbearbeitung und Ernte vorgeschrieben werden.
Im Kritischen Agrarbericht wird unter anderem gefordert, für den Abbau bürokratischer Regelungen Kommissionen einzusetzen, in denen paritätisch Fachleute aus der Agrarverwaltung und aus den landwirtschaftlichen Betrieben vertreten sein sollen, um so eine praxisnahe Umsetzung zu ermöglichen.
Umgestaltung weiter vorantreiben
Im Editorial des diesjährigen Kritischen Agrarberichts resümieren die Verfasser, dass es an Ideen, Initiativen und Konzepten für eine Umgestaltung der Landwirtschaft nicht mangele. Es fehle jedoch am politischen Willen, diese voranzutreiben und zu finanzieren. Hier wolle das Agrarbündnis einen Beitrag leisten, das zu ändern.
Insgesamt sind in dem Bündnis 23 Organisationen vertreten aus den Bereichen Landwirtschaft, Umwelt-, Natur-, Tier- und Verbraucherschutz, wie der BUND, die Bio-Anbauverbände Bioland, Demeter, der Deutsche Tierschutzbund oder die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Seit 1993 veröffentlicht der Agrarbündnis jährlich zur Grünen Woche seinen Kritischen Agrarbericht.