Zukunft der James-Bond-Filmreihe Wird Amazon für 007 zum Verhängnis?
James Bond scheint ernsthaft in der Krise zu stecken. Medienberichten zufolge streiten Bond-Produzentin Barbara Broccoli und der Amazon-Konzern über die kreative Zukunft des Geheimagenten.
James Bond hat schon so einiges überlebt. Tödliche Kugeln, knallharte Bösewichte und enttäuschte Liebhaberinnen. Doch nun, so schreibt es das "Wall Street Journal" nach Gesprächen mit Insidern, könnte dem Geheimagenten etwas Anderes zum Verhängnis werden: der Technologiekonzern Amazon mit seiner Streaming-Plattform Amazon Prime. 2022 kaufte das Unternehmen für erstaunlich viel Geld die MGM-Filmstudios, die James Bond bis dato finanziert hatten und sich um den Kinovertrieb kümmerten.
"Amazon kaufte MGM für 8,45 Milliarden Dollar. Wall-Street-Analysten fanden aber, MGM sei nur etwa 5 Milliarden Wert", sagt Ajay Chowdhury, Sprecher des "James Bond International Fan Clubs" und Co-Autor von "Spy Octane". "Sie zogen den Schluss, dass die restlichen Milliarden vermutlich 50 Prozent der Rechte an der James-Bond-Marke waren."
Mit den Rechten an der Marke James Bond könnte Amazon zusätzlich Geld verdienen, auch über die Filme hinaus: "Man könnte James-Bond-Museen, Freizeitparks und Fanartikel in der ganzen Welt vertreiben. So wie in Disney- oder Marvelgeschäften. Noch gibt es die nicht."
Klassisches Kino gegen Big-Tech
Denn bislang waren die eigentlichen Bond-Produzenten, die Broccoli-Familie, eher zögerlich bei der radikalen Vermarktung. Für sie ist James Bond nicht bloß ein Produkt, sondern ein Familienerbe. Albert Broccoli, Sohn italienischer Einwanderer, arbeitete sich aus einfachen Verhältnissen hoch, bis er 1961 die Rechte an den Bond-Romanen erwarb, die Filme auf die Leinwand brachte und damit die "Bondmania" einläutete.
"Seit sechs Jahrzehnten ist das eine extrem erfolgreiche Produktion. Und in der Crew, im Team arbeiten viele in zweiter, dritter Generation. Das ist einzigartig in Hollywood", erläutert Chowdhury.
Verantwortlich für die kreative Kontrolle ist heute die 64-jährige Barbara Broccoli. Und die hat es mit ihrem Familienunternehmen plötzlich mit einem Streamingdienst zu tun, der anders arbeitet - klassisches Kino versus Big-Tech. "Amazon wird die Daten der Zuschauer analysieren und darauf basierend Entscheidungen treffen. Sie wollen Content und Abonnenten auf ihrer Streaming-Plattform", sagt Huw Jones, Filmdozent an der Universität Southampton.
"Verdammte Idioten"
Broccoli setzt auf jahrzehntelange Erfahrung im Kinogeschäft, Amazon auf Algorithmen. Möglich, sagt Jones, dass da unterschiedliche Prioritäten aufeinandertreffen. "Verdammte Idioten" soll Broccoli die Amazon-Kollegen genannt haben, schreibt das "Wall Street Journal". "Amazon wird sich wohl die Daten anschauen und sagen: Bond gucken weniger junge Frauen. Man muss also seine Reputation als Macho runterfahren. Dann besteht aber wieder die Gefahr, die älteren Männer als Zuschauer zu verlieren", so Jones.
Zwar soll vertraglich geregelt sein, dass der neue James Bond erstmal im Kino läuft, statt direkt auf der Streaming-Plattform. Doch der letzte Film ist verdächtig lange her und über den neuen, die Besetzung, den Drehplan, dringt kaum etwas nach außen. Einige fürchten, Bond liege ernsthaft auf Eis.
2034 endet der Urheberschutz
Ajay Chowdhery hingegen ist nicht so pessimistisch. Sowohl Broccoli als auch Amazon hätten ein ehrliches Interesse an guten Filmen: "Gerade passiert, der Teil, der unsexy ist. Lizenzen, Distribution, Steuerrecht. Als würde man ein Stück Land kaufen, auf dem gebaut werden soll. Casting ist, wenn man die Gardinen aussucht."
Er rechnet mit dem nächsten James Bond frühestens Ende 2027. Für die Hauptrolle sei der 33-jährige Brite Joe Alwyn denkbar, der ehemalige Freund von Taylor Swift, oder der 34-jährige Jack Lowden. Ein relativ junger Mann jedenfalls, keine Frau, auch darüber hatte es Spekulationen gegeben. "Bond ist eine milliardenschwere Marke. Man malt ja auch die Cola-Dose nicht plötzlich blau an. Bond ist eine finanzielle Erfolgsgeschichte, man bewegt sich nicht zu weit von der Marke weg", sagt der Bond-Kenner.
Aber: Ein James-Bond-Universum, ähnlich, wie es Disney Plus für die Marvel-Comics geschaffen hat, oder ein Moneypenny- oder Goldfinger-Spinoff, sind durchaus denkbar, sagt Chowdhury. Denn 2034 verfällt der Urheberschutz für die Bücher von Autor Ian Fleming. Dann ist die Marke Allgemeingut und unterliegt keinen urheberrechtlicher Nutzungsbeschränkungen mehr.