Frauen in Führungspositionen.

Berichterstattung über Managerinnen Klischees versus Realität

Stand: 19.01.2025 11:54 Uhr

Der Anteil der Frauen in Führungspositionen der größten deutschen Unternehmen steigt nur langsam. Liegt das auch an der Art der Berichterstattung über Managerinnen in den Medien?

Es gehört beinahe zum Allgemeinwissen: Die amtierende EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat viele Kinder. Sieben an der Zahl. Häufig wird das herausgestellt in Artikeln und Porträts verschiedenster Medien über die Spitzenpolitikerin. Nun könnte man denken, dass es allein am Kinderreichtum von der Leyens liegt, dass so häufig darüber geschrieben wird.

Drei Forscherinnen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) kommen im neuen "Managerinnen-Barometer" zu einem anderen Schluss: Nach Auswertung Zehntausender Artikel von drei großen, überregionalen Tageszeitungen habe sich gezeigt, dass die familiäre Situation von Vorständinnen und Aufsichtsrätinnen deutscher DAX-Unternehmen doppelt so häufig thematisiert werde als bei ihren männlichen Kollegen.

Irreführende Wahrnehmung

Wird über Managerinnen geschrieben, fielen danach eher familienbezogene Begriffe wie "Mutter" oder "Kind", während es bei Männern Wörter aus den Bereichen "Wirtschaft" und "Führung" sind. So verfestige sich das Bild, dass Frauen in Führungspositionen tendenziell auch Mütter seien und eine Familie hätten.

Das sei eine falsche Annahme, schreiben die Forscherinnen. Ganz im Gegenteil: Laut den Daten des Sozio-oekonomischen Panels - ebenfalls vom DIW - sind Managerinnen seltener verheiratet und leben seltener mit Kindern in einem Haushalt als Männer in Führungspositionen.

Und nicht nur das: Durch den Fokus auf Familie und Kinder würden Frauen häufiger Eigenschaften wie Fürsorglichkeit und Familienorientierung zugeschrieben. Essenzielle Management-Eigenschaften, wie etwa Ehrgeiz und Durchsetzungsvermögen, fielen hingegen eher auf die Männer ab.

DIW-Forscherin Virginia Sondergeld vermutet, dass die stichprobenartig untersuchten Zeitungen auch aus einer guten Absicht heraus das Thema Familie bei weiblichen Führungskräften so fokussieren. Deutschland müsse nach wie vor einen weiten Weg gehen, wenn es für Frauen, die Führungspositionen erreichen wollen, um das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht.

"Dementsprechend glaube ich, dass die Frauen hier als Rollenvorbilder dargestellt werden in dieser Hinsicht", sagt Sondergeld. 

Negative Auswirkungen auf Karrierewege

Das Problem sei dabei, dass Artikel über Frauen und Männer in Top-Positionen durchschnittlich etwa gleich lang seien. Nach dem Ausbreiten der Familiensituation bleibe bei Porträts über Managerinnen also weniger Platz, um über fachliche Kompetenz oder die berufliche Eignung zu schreiben, so die Forscherinnen. Das seien Eigenschaften, die dann nicht vorrangig mit Managerinnen verbunden würden.

"Eine Folge ist womöglich, dass nicht nur Unternehmen Frauen seltener für bestimmte Positionen in Betracht ziehen, sondern Frauen sich auch selbst weniger zutrauen und bestimmte Karrierewege gar nicht erst oder zumindest seltener gehen", sagt DIW-Forscherin Sondergeld. Frauen würden sich deshalb - trotz gleicher Qualifikation wie ihre männlichen Kollegen - seltener auf hohe Führungspositionen bewerben. 

Stetiges, aber langsames Wachstum

Laut dem "Managerinnen-Barometer" ist der Frauenanteil in den Chefetagen der größten privatwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland im vergangenen Jahr weiter leicht gestiegen. In den 200 umsatzstärksten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors werden gut 19 Prozent aller Vorstandsposten von Frauen bekleidet. Das ist etwa eineinhalb Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor. 

Laut der Erhebung holen zudem immer mehr Unternehmen mindestens eine zweite Frau in ihren Vorstand. Und in den Aufsichtsräten ging es ebenfalls leicht nach oben: dort sei mittlerweile jedes dritte Mitglied eine Frau. 

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. Oktober 2024 um 15:36 Uhr.