Blick auf eine Wohnsiedlung, Renningen, Baden-Württemberg.

Jackpot Immobilienerbe Haus verschenken statt vererben?

Stand: 19.03.2025 06:21 Uhr

Vieles spricht dafür, dass sich Immobilien-Eigentümer schon frühzeitig Gedanken über ihr Erbe machen. Dinge schon zu Lebzeiten zu regeln, hat nicht nur steuerliche Vorteile.

Von Lilli-Marie Hiltscher, ARD-Finanzredaktion und Anna Ellmann, br

"Erbschaft" schon zu Lebzeiten - das hat Familie Busse veranlasst, und zwar mit einer Schenkung. Jan Busse hat das Elternhaus seiner Mutter bekommen, ein vorzeitiges Erbe als Schenkung. Geschätzter Marktwert des Hauses sind 750.000 Euro bei 140 Quadratmetern Wohnfläche, dazu kommen noch mal 630 Quadratmeter Grundstück.

Das Haus wurde 1951 erbaut, vor sieben Jahren haben es die Eltern für 485.000 Euro saniert. "Ich habe das Haus letztes Jahr von meiner Mutter geschenkt bekommen", erzählt Jan Busse. Allerdings hat er nicht die vollen 750.000 Euro bekommen, sondern nur einen Teil des Hauses - 350.000 Euro.

Verschenken statt vererben

Denn wer sich in Deutschland früh genug Gedanken über das Erbe macht, kann verschenken statt vererben. "Man überträgt damit noch zu Lebzeiten Eigentum", erklärt Jan Bittler, Geschäftsführer bei der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV). Das kann auch finanzielle Vorteile haben, denn auf Verschenktes muss man erst ab einem bestimmten Wert Steuern zahlen: 500.000 Euro an Wert können steuerfrei an den Ehepartner verschenkt werden. Bei Kindern beträgt der Freibetrag 400.000 Euro pro Kind, bei Enkeln 200.000 Euro pro Enkel.

"Das sind die gleichen Freibeträge, die auch beim Erben gelten", erklärt Jan Bittler, Geschäftsführer bei der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV). Allerdings gibt es beim Schenken einen entscheidenden Unterschied: Die Freibeträge gelten alle zehn Jahre - nach Ablauf dieser Frist kann ein Kind also erneut 400.000 Euro steuerfrei geschenkt bekommen.

Schenkung und Darlehen kombiniert

So lassen sich etwa Immobilien steuerfrei übertragen. Wird eine Immobilie vererbt oder verschenkt, muss zunächst der steuerlichen Bedarfswert ermittelt werden. Anhand dessen wird etwa eine Erbschaftssteuer festgesetzt. Und es lässt sich ermitteln, wie viel von einer Immobilie man steuerfrei verschenken kann.

Im Fall der Familie Busse ist das Elternhaus der Mutter 750.000 Euro wert. 350.000 Euro - also etwas weniger als die Hälfte des Gesamtwertes, bekam Jan Busse geschenkt. Die Differenz zwischen der Schenkung und dem Marktwert zahlt Jan Busse mit einem Darlehen an seine Eltern ab, über zehn Jahre, mit monatlich 2.469 Euro.

"Ich traue mir das aktuell zu in meiner finanziellen Situation, dass ich dieses Darlehen recht schnell zurückzahle", sagt Jan Busse. Er ist Leiter eines kleinen Teams im Bereich Mergers & Acquistions, einem Unternehmensbereich, bei denen sich Unternehmen oder Unternehmensteile mit anderen zusammenschließen, abspalten oder den Inhaber wechseln. Dort verdient er nach eigenen Angaben derzeit 103.500 Euro brutto im Jahr, plus 10.000 Euro Bonus.

Gerechte Verteilung der Immobilien

Doch das Elternhaus der Mutter ist nicht der einzige Immobilienbesitz der Familie, und Jan Busse ist nicht das einzige Kind, er hat noch zwei Schwestern. Auch sie haben bereits ihr vorzeitiges Erben erhalten. Denn neben dem Haus, das Jan Busse bekommen hat, besitzen die Eltern noch ein weiteres: Birgit Busse und ihr Ehemann Richard - beide Rentner - besitzen noch ein Drei-Parteien-Haus mit einem geschätzten Marktwerkt von einer Millionen Euro. Das Haus hat eine Wohnfläche von 345 Quadratmetern und eine Grundstücksfläche von 1.182 Quadratmetern.

"Besitzt man mehrere Immobilien und hat mehrere Kinder, ist es immer wichtig, eine einigermaßen gerechte Regelung für die Vererbung oder Verschenkung zu finden", so Erbexperte Jan Bittler. Denn oft sind die Immobilien nicht gleich viel wert - so wie auch bei Familie Busse.

800.000 Euro pro Kind bei zwei Elternteilen

"Die eine Million für diese Immobilie wurde dann erstmal auf die beiden Mädchen aufgeteilt zu 350.000 Euro, damit alle drei die gleichen Anteile haben", erzählt Vater Richard Busse. Von der Immobilie, die eine Millionen wert ist, bleiben nach der Schenkung an die Schwestern noch 300.000 Euro übrig: "Diese 300.000 haben wir auf die Kinder aufgeteilt, sodass also jedes Kind 450.000 Euro hat", so Richard Busse.

Das ist möglich, da die Freibeträge von 400.000 Euro, die man seinen Kindern steuerfrei schenken kann, pro Elternteil gelten. Eltern können also zusammen an jedes Kind 800.000 Euro steuerfrei schenken - alle zehn Jahre. Sterben die Eltern, ohne dass der Immobilienbesitz vorher komplett verschenkt wurde, müssen die Kinder innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Erbe in die Immobilie einziehen und zehn Jahre selbst darin wohnen. Dann sind sie ebenfalls von der Erbschaftssteuer befreit - aber nur, wenn die Wohnfläche maximal 200 Quadratmeter groß ist. Der Immobilienwert spielt keine Rolle, es zählen die Quadratmeter.

Nießbrauch mindert den Wert

Familie Busse hat sich für eine Schenkung entschieden. Trotzdem wohnen die Eltern weiter in einer der Wohnungen des Hauses, das sie bereits an ihre Kinder verschenkt haben. Für dieses Haus haben sie beim Notar einen Nießbrauch festschreiben lassen. "Ein Nießbrauch ist das Recht, die Immobilie weiterhin zu nutzen oder auch zu vermieten", erklärt Jan Bittler.

Das heißt: Obwohl das Haus bereits an die Kinder verschenkt wurde, können die Eltern Busse bis zum Ableben in der Immobilie wohnen bleiben und kassieren auch die Mieteinnahmen aus den beiden anderen Wohnungen des Drei-Familien-Hauses. "Ein Nießbrauch wird oft bei Schenkungen festgeschrieben, denn er verringert den steuerlichen Bedarfswert einer Immobilie", so Experte Bittler.

Birgit Busse hofft, dass sie den Kindern mit der Schenkung eine Last für die Zukunft genommen haben: "Vererben lohnt sich für mich, weil ich hoffe, meine Kinder damit glücklich gemacht zu haben."