Ein Händler an der Wall Street blickt auf Bildschirme

Ernüchterung statt Partystimmung Was die Wall Street über Trumps Zölle sagt

Stand: 18.03.2025 12:15 Uhr

Auch wenn sich die Kurse an der Wall Street wieder positiver entwickeln: Trumps chaotische Zollpolitik hat die anfängliche Partystimmung nach seiner Wahl gehörig verdorben. Stattdessen macht sich Ernüchterung breit.

Am 12. Dezember 2024 ging für Donald Trump ein Traum in Erfüllung. Er, der immer um die Anerkennung in seiner Heimatstadt New York kämpfen musste, durfte an der Wall Street die Eröffnungsglocke läuten. Kurz zuvor hatte ihn das Time-Magazin zur "Person des Jahres" gekürt.

Die Börsianer feierten Trump, auch weil sie sich von ihm weitere Steuersenkungen und Deregulierung versprachen. Den applaudierenden Börsianern rief Trump zu, Amerika stehe erst am Beginn einer großartigen Zeit: "Seit meiner Wahl sind die Börsenkurse um drei Billionen Dollar angestiegen. Drei Billionen Dollar seit dem 5. November - das ist ziemlich gut."

Von wegen Partystimmung

Drei Monate später herrscht an der Wall Street alles andere als die erwartete Partystimmung. Statt über niedrigere Steuern und Deregulierung spricht Trump fast täglich von Einfuhrzöllen, kündigt sie an, nimmt sie teilweise wieder zurück, verdoppelt sie, um sie dann wieder auszusetzen.

"Ja, da herrscht schon eine gewisse Ernüchterung", fasst Benjamin Dietrich die Reaktion an der Wall Street zusammen. Dietrich ist Leiter für Globale Anleihen bei Lazard in New York, einer der größten Investment-Banken weltweit. "Wenn es ein Gift für die Märkte gibt, dann ist es Unsicherheit. Wir leben alle davon, dass wir eben in einem sehr volatilen Umfeld versuchen, so viel wie möglich zu kalkulieren."

Aktienindizes zeitweise im Keller

"Wie aber soll man planen, wenn sich die Ausgangslage beinahe täglich verändert?", fragt auch Anirvan Banerji. Als Leiter des Konjunkturforschungsinstituts Economic Recycle Research Institute in New York analysiert er die Entwicklungen an der Wall Street. Sein Fazit: "Es ist das Chaos um Trumps Zollpolitik, das die Entscheider derzeit verunsichert."

Die Folge: Seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar gingen die wichtigsten Aktienindizes an der Wall Street in den Keller. Bis zum Wochenanfang hatte der Dow Jones sechs Prozent verloren, der breiter aufgestellte S&P 500 sieben Prozent und der technologielastige Nasdaq sogar zehn Prozent, was die Börsianer als "Marktkorrektur" bezeichnen.

"Was kommt als nächstes?"

Für Finanzmarkt-Expertin Julia Coronado vom Forschungsinstitut MacroPolicy Perspectives geht die Abwärtsentwicklung allein auf das Konto von Trumps chaotischen Zollpolitik: "Mit Zöllen kann die Wall Street dann umgehen, wenn sie genau weiß, wie hoch sie sind. Aber im Moment stehen die Unternehmen wie Rehe im Scheinwerferlicht und fragen sich, 'was kommt als nächstes?'"

Dem widerspricht einer der bekanntesten, aber auch schillerndsten Börsenmakler, die je an der Wall Street gearbeitet haben: Jordan Belfort, dessen Memoiren in "The Wolf of Wall Street" verfilmt wurden. Im Sender Fox News spricht Belfort von einer normalen Marktkorrektur und verteidigt Trumps Zölle: "Die Zölle werden uns höchstens ein bisschen wehtun. Die ausländischen Unternehmen werden die Mehrkosten auffangen und ihre Preise für den US-Markt senken."

Trump 2 ist nicht gleich Trump 1

So wie es in Trumps erster Amtszeit geschehen ist, betont Jordan Belfort. Damals wirkten sich Trumps Strafzölle kaum auf die Verbraucherpreise aus, weil ausländische Unternehmen die Mehrkosten für Zölle übernahmen, um in den USA wettbewerbsfähig zu bleiben.

Doch Trump 2 ist nicht mit Trump 1 vergleichbar, sagt Investmentbanker Dietrich. Trump setze die Zölle nicht mehr nur als Verhandlungsinstrument ein, sondern diesmal aus voller Überzeugung, um Industriejobs zurückzuholen: "Man könnte eigentlich ein bisschen provokant sagen, dass Trump eben mittlerweile der Arbeiterpartei vorsteht." Die Republikaner seien wieder die Partei, die sich auf den "kleinen Mann" fokussiere.

Was, wenn die Inflation wieder anzieht?

Donald Trump will dafür sogar eine vorübergehende Rezession nicht mehr ausschließen. Oberstes Ziel sei für ihn, Industriejobs in die USA zurück zu holen und mit den Mehreinnahmen durch Zölle das riesige Handelsbilanzdefizit zu verringern.

Sollten allerdings die Verbraucherpreise in den USA aufgrund von Trumps Zöllen ansteigen, könnte die Inflationsrate wieder hochgehen, so dass die US-Notenbank mit höheren Leitzinsen gegensteuern müsste. Von einem solchen Worst-Case-Szenario will derzeit noch niemand an der Wall Street sprechen.