Blick auf den Rhonegletscher im Oktober 2024.

Klimawandel Wenn das Eis der Gletscher nicht mehr ewig ist

Stand: 21.01.2025 11:59 Uhr

Allein die Gletscher in der Schweiz haben in den vergangenen drei Jahren durch steigende Temperaturen mehr als zwölf Prozent ihrer Eismasse verloren. Die UN haben 2025 zum "Internationalen Jahr zur Erhaltung der Gletscher" erklärt.

Auf dem Rhonegletscher im Schweizer Kanton Wallis ist das stetige Schwinden unübersehbar, unüberhörbar. Unter der von Emissionsablagerungen schmutzig-grauen Gletscherzunge rauscht das Schmelzwasser. Der See, der sich vor 18 Jahren am unteren Ende des Gletschers gebildet hat, wird von Jahr zu Jahr größer.

"Das Schmelzwasser auf der Oberfläche findet irgendwann den Weg über Löcher, Spalten, Gletschermühlen in den Gletscher hinein", sagt der Glaziologe Andreas Bauder. Er beobachtet und misst den schmelzenden Rhonegletscher seit 20 Jahren. "Das Wasser fließt am Untergrund aus dem Rhonegletscher hinaus in den See. An anderen Gletschern kommt dann am sogenannten Gletschertor das Wasser wieder an die Oberfläche."

Daten von mehr als 170 Gletschern in der Schweiz

Bauders Daten werden zusammen mit denen von mehr als 170 weiteren Gletschern vom schweizerischen Gletschermessnetz GLAMOS gesammelt und ausgewertet. Allein in den vergangenen drei Jahren haben die Gletscher in den Alpen demnach mehr als zwölf Prozent ihres Eisvolumens verloren.

Rückblickend sei der Sommer 2024 schmelzintensiver gewesen als der Sommer 2023, so Bauder. "Insgesamt war 2023 aber etwas schlechter für die Gletscher, weil einfach über den Winter zu wenig Nahrung gekommen ist." Wenn sich die Temperaturen weiter erhöhen, werden bis zum Ende des Jahrhunderts fast alle Gletscher in der Schweiz geschmolzen sein. 

Gletscherschmelze globales Problem

Weltweit sind 275.000 Gletscher in Gefahr - in den Polarregionen, im Himalaya, in den Rocky Mountains und Argentinien - überall. Darauf wollen die Vereinten Nationen mit dem "Internationalen Jahr zur Erhaltung der Gletscher" aufmerksam machen.

Sven Plöger, Diplom-Meteorologe ARD-Wetterteam, zum Internationalen Jahr der Gletscher

tagesschau24, 21.01.2025 14:00 Uhr

Die Glaziologin Isabelle Gärtner-Roer, meint, "die Idee dahinter ist, dieses Jahr Aufmerksamkeit zu bekommen und zu sagen: Es ist eine globale Geschichte. Die Auswirkungen der Gletscherschmelze sehen wir lokal, regional, global."

Gärtner-Roer arbeitet an der Universität Zürich für den World Glacier Monitoring Service, ein Projekt für weltweite Gletscherüberwachung. Vor einigen Jahren habe es einzelne Gletscher gegeben, die an Masse zulegten, in Neuseeland oder Norwegen, sagt sie. Das sei vorbei. "2023 gibt es keinen Gletscher, von dem wir positive Werte haben."

Meeresspiegelanstieg durch Gletscherschmelze

Sind die Gletscher einmal weg, sind Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft bedroht. Auch große Wasserstraßen wie der Rhein oder die Rhone speisen sich aus Gletschern. Und der Meeresspiegel steigt durch die Gletscherschmelze - derzeit jedes Jahr um einen Millimeter. Wenn alle Gletscher verschwunden sind, wären es 32 Zentimeter.

"Wenn wir uns überlegen, wir sind auf einem Inselstaat, macht das schon viel aus, auch wenn es nach wenig klingt", sagt Gärtner-Roer. "Wenn natürlich die Eisschilde noch dazukommen, sprechen wir von bis zu 60 Metern, wenn der antarktische Eisschild abschmilzt. Aber bei uns geht es um die Gletscher und um das, was jetzt passiert, das heißt diese 32 Zentimeter." Und das werde vermutlich in den nächsten Jahrzehnten passieren und nicht erst in 200 Jahren. 

Kathrin Hondl, ARD Genf, tagesschau, 21.01.2025 12:35 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 21. Januar 2025 um 06:40 Uhr.