Risse im ausgetrockneten Boden

Aktuelle Großwetterlage Warum es gerade so wenig regnet

Stand: 17.05.2025 10:47 Uhr

Das Frühjahr war bislang zu trocken. Das liegt unter anderem an der aktuellen Großwetterlage. Und die wird sich auch in den kommenden Tagen wenig verändern. Eine Vorhersage für den Sommer ist aber kaum möglich.

Von Tim Staeger, ARD-Wetterkompetenzzentrum

Im bundesweiten Mittel sind seit März durchschnittlich etwa 60 Liter Regen auf den Quadratmeter gefallen - normal wären etwa 200. Besonders trocken ist es im Norden, wo verbreitet nur 25 bis 50 Liter vom Himmel fielen. Etwas entspannter ist die Lage vom Sauerland über Nordhessen bis ins nördliche Thüringen und südliche Sachsen-Anhalt, wo das Defizit meist unter 50 Liter liegt.

Die Trockenheit hatte aber schon davor begonnen: Bereits im Februar wurde im deutschlandweiten Mittel nur etwa die Hälfte des normalen Niederschlags registriert. Damit endete eine lange feuchte Phase, in der zwischen Mitte 2023 und Ende 2024 überdurchschnittlich viel Regen fiel, was zwar zu einigen Hochwassern führte, aber eben auch die Böden bis in tiefe Schichten gut durchfeuchtete.

Tiefe Bodenschichten noch gut mit Wasser versorgt

Nun sind zwar die tiefen Bodenschichten in den meisten Regionen noch gut mit Wasser versorgt, der Oberboden bis in etwa 30 bis 50 Zentimetern Tiefe ist aber verbreitet schon wieder ausgetrocknet. Darunter leiden vor allem im Frühjahr gesäte Feldfrüchte, deren Wurzelwerk noch nicht tief genug reicht. Im Herbst gesäte Sorten wie Raps und Wintergetreide sowie Bäume finden aktuell in den tieferen Schichten noch ausreichend Wasser.

Doch wieso ist es seit Monaten so trocken - zumal es vergangenes Jahr um diese Zeit bereits etwa viermal so viel Regen gefallen war? Die Antwort findet sich beim Betrachten der Wetterkarten der vergangenen Wochen. Die dort vorzufindenden Isobaren, also die Linien gleichen Luftdrucks, erinnern nicht ohne Grund an Höhenlinien einer Wanderkarte. Denn auch über unseren Köpfen gibt es zwar nur kurzlebige Landschaftsformen, die für das bloße Auge zwar unsichtbar sind, aber maßgeblich das Wettergeschehen bestimmen.

Derzeit blockierte Wetterlage

So sind Hochdruckgebiete Luftberge, die Regen spendende Tiefs abblocken. Liegen diese Hochs den vom Atlantik hereinziehenden Tiefs im Weg, so spricht man von einer blockierten Wetterlage. Die Tiefs müssen auf unübliche Bahnen weit nach Norden oder Süden ausweichen und sorgen so beispielsweise im Mittelmeer für unbeständiges und wechselhaftes Wetter, während hierzulande die Sonne lacht.

Das Wetter in unseren Breiten ist charakterisiert von einer großen Variabilität der Wetterlagen, am häufigsten - in etwa 60 Prozent der Fälle - sorgen atlantische Tiefausläufer für rasch wechselnde Wetterabläufe mit recht gleichmäßig über das Jahr verteilten Niederschlägen. Wird jedoch ein Hoch von Tiefs östlich und westlich flankiert, stellt sich so etwas wie ein Gleichgewicht ein. Da sich die Tiefs gegen das Hoch mit dem Uhrzeigersinn drehen, stabilisieren sich diese Druckgebilde gegenseitig und das ganze System kann über mehrere Tage oder sogar Wochen ortsfest bleiben.

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Stabile Omega-Lage

Die Luftströmung um das Hoch gleicht dabei dem griechischen Buchstaben Omega, weswegen man von einer stabilen Omega-Lage spricht. Dann heißt es im Wetterbericht, wie auch dieser Tage oft: "Keine Änderung in Sicht". Denn aktuell liegt das Hoch TABEA mit seinem Schwerpunkt zwischen Schottland und Island und wird von zwei Tiefdruckgebieten quasi eingeklemmt. Eines liegt auf dem Atlantik südlich von Grönland das andere über dem Baltikum und Polen.

Großwetterlage

In höheren Atmosphärenschichten beschreibt dann die Grenze zwischen kälteren und wärmeren Luftmassen, die sogenannte Polarfront, entsprechend der aktuellen Druckverteilung ein großräumiges Omega, woher diese markante Wetterlage ihren Namen hat.

Diese Stabilität ergibt sich aus den Besonderheiten der atmosphärischen Zirkulation in den gemäßigten Breiten, also etwa zwischen dem 40. und 60. Breitengrad. Denn die Atmosphäre verhält sich wie eine Flüssigkeit auf einer rotierenden Kugel, welche zudem in Äquatornähe stärker beheizt, wird als an den Polen. Weiterhin sorgt die Verteilung der Kontinente, über denen die Wärmeflüsse anders geartet sind als auf den Ozeanen, für weitere Komplexität.

System nahezu ortsfest

Wegen dieser Besonderheiten bildet sich in den mittleren Breiten ein atmosphärischer Grundstrom heraus, der von West nach Ost gerichtet ist. Deswegen kommt das Wetter in der Regel vom Atlantik nach Europa. Liegen die großräumigen Druckgebiete nun aber in einem besonderen Abstand zueinander, so wirken deren Rotation diesem Grundstrom so entgegen, dass sie diesen ausgleichen und das ganze System nahezu ortsfest bleibt.

Jetstream

Die Wetterlage sieht derzeit aus wie der griechische Buchstabe Omega.

Seit Tagen beträgt der Abstand zwischen den Tiefdruckgebieten im Westen und Osten in etwa zwischen 5.000 und 6.000 Kilometer, wodurch die großräumige Verlagerung der Hochs und Tiefs mit dem nach Osten gerichteten Grundstrom quasi einfriert. Daran wird sich voraussichtlich bis Mitte nächster Woche auch noch nichts ändern.

Vor allem im Westen wird sich die Trockenheit weiter verschärfen. Im Osten dagegen sorgt die Nähe zum "flankierenden" Tief LORENZ für Schauer und Gewitter, die aber als sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein die Trockenheit nicht nachhaltig abmildern können.

Eine ausgeprägte Omega-Lage bescherte Deutschland beispielsweise im Jahr 2007 einen extrem trockenen und warmen April, und der Hitzesommer 2003 sowie das "Sommermärchen" zur Fußball-WM 2006 waren ebenfalls durch metastabile Omega-Lagen geprägt. Im Winter dagegen führt eine solche Wetterlage in Verbindung mit der geringen Sonneneinstrahlung zu besonders kalten Witterungen, wie beispielsweise im Dezember 2010, da die Luft bodennah über eine längere Zeit auskühlen kann und sich durch das ruhige Hochdruckwetter nicht mit milderer Luft durchmischt.

Weniger Temperaturkontrast zwischen Arktis und Subtropen

Ist das nur eine Laune der Natur, quasi eine Wetterkapriole, oder häufen sich stabile Wetterlagen im Zuge des Klimawandels systematisch? Forschungen hierzu sind noch nicht zu einer abschließenden Einschätzung gelangt. Am stärksten, nämlich etwa zwei- bis dreimal schneller als im weltweiten Mittel, erwärmt sich die Arktis aufgrund der sogenannten Eis-Albedo-Rückkopplung: Weiße Meereisflächen schmelzen, wodurch die dunkle Meeresoberfläche mehr Wärme aufnimmt, was wiederum das Abschmelzen verstärkt - ein Teufelskreis.

Dadurch verringert sich der Temperaturkontrast zwischen arktischen und subtropischen Breiten, was sich auf die atmosphärischen Zirkulationsmuster auswirkt. Denn die sich rasch ostwärts verlagernden Tiefdruckgebiete der mittleren Breiten sorgen sehr effektiv für einen Temperaturausgleich zwischen Süd und Nord. Bei geringeren Temperaturunterschieden schaltet die Atmosphäre quasi in einen etwas ruhigeren Modus, welcher durch stabile Wetterlagen charakterisiert wird. Ein häufigeres Auftreten blockierter Wetterlagen ist die Folge.

Soweit die Theorie. Jedoch gibt es auch gegenläufige Prozesse. Denn in den Tropen gelangt durch einen intensivierten Wasserkreislauf in einem wärmeren Klima durch intensivere Gewitter mehr Wärme in höhere Atmosphäreschichten - was zumindest dort oben den Temperaturkontrast zwischen Süd und Nord verschärft. Welcher Prozess sich aber nun stärker auf die Häufigkeit blockierter Wetterlagen in den mittleren Breiten auswirkt, ist unklar.

Was bedeutet das für den Sommer in diesem Jahr?

Die Wetter- und Witterungsabläufe von Jahr zu Jahr sind und bleiben komplex und chaotisch, was der Unterschied der Regenmengen zum Vorjahr eindrücklich verdeutlicht. Deswegen ist es nicht möglich, eine verlässliche Prognose für die kommenden Wochen, geschweige denn für den anstehenden Sommer zu machen.

Zwar deuten statistische Abschätzungen einen tendenziell zu warmem Sommer an, was in Zeiten des Klimawandels ja fast schon eine Binsenweisheit ist. Ob jedoch wiederholte Omega-Lagen wie in den Sommern 2018 oder 2003 weiterhin Regengebiete abblocken, oder die Tiefs wie vergangenes Jahr wieder freie Bahn bekommen, bleibt abzuwarten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 16. Mai 2025 um 14:16 Uhr.