US-Medien unter Druck Vom Wachhund zu Trumps Schoßhund?
Trumps Angriffe auf Medien haben Tradition. Bislang reagierten Reporter darauf oft trotzig. Doch nun scheint sich etwas zu ändern: Trump wird noch aggressiver - und die Journalisten gefälliger.
Die Zeitung Des Moines Register kennt in den USA jeder Politiker und jede Politikerin, der oder die etwas werden will. Vor den Vorwahlen lädt das Traditionsblatt aus Iowa alle Kandidaten ein, sich vorzustellen - auf einem winzigen Podium, "Seifenkiste" genannt, mitten in der Iowa State Fair, einer großen Landwirtschaftsmesse.
Donald Trump hat sich im Wahlkampf nicht auf die "Seifenkiste" gestellt, aber er kennt den Des Moines Register, denn er hat die Zeitung im Dezember verklagt. Die Zeitung habe immer eine sehr gute Meinungsforscherin gehabt, sagt Trump, aber kurz vor der Wahl habe sie behauptet, dass er im konservativen Iowa mit drei oder vier Punkten Rückstand verlieren werde.
Medien sollen zur Selbstzensur gezwungen werden
Es kam anders: Trump gewann mit großem Vorsprung. Trotzdem verklagte er das Blatt - wegen Verstoßes gegen Verbraucherschutzgesetze. Ein völlig neues Vorgehen, sagt Clay Calvert, Juraprofessor im Ruhestand: "Normalerweise denkt man bei Verbraucherschutz an Produkte, die man im Laden kauft. Jetzt reden wir über Information und Nachrichten."
Trumps Ziel sei es nicht, vor Gericht zu gewinnen, sagte Calvert im Sender PBS. Er wolle die Medien zur Selbstzensur bringen. Statt als vierte Gewalt den Wachhund gegenüber der Regierung zu spielen, wolle Trump die Presse zum Schoßhund machen.
Trump dagegen sieht sich auf einer Mission: Die Presse müsse in Ordnung gebracht werden, sagte er nach der Wahl, sie sei sehr korrupt.
Interessenskonflikt bei ABC
Der Sender ABC vermied einen Rechtsstreit mit Trump. Starmoderator George Stephanopoulos hatte in einer Sendung behauptet, Trump sei in New York wegen Vergewaltigung verurteilt worden. Falsch: Trump wurde wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. Er klagte wegen Verleumdung, ABC ging einen Vergleich ein und zahlte 15 Millionen Dollar.
Der Grund dafür könnte sein, dass ABC zum Disney-Konzern gehört, meint Rechtsexperte Calvert: "Es gibt eine Nachrichtenabteilung bei ABC, aber sie haben auch diesen Machthaber Walt Disney. Es gibt Spannungen, wenn eine Nachrichtenorganisation von einem Unternehmen kontrolliert wird, das andere Interessen in der Unterhaltungsindustrie hat."
Trump droht, Sendern Lizenzen zu entziehen
Noch ist Trump Privatmann. Als Präsident wird er einen ganzen Werkzeugkasten zur Verfügung haben, um gegen Medien vorzugehen. Sein Justizministerium könnte Whistleblower und Investigativjournalisten verklagen, zum Beispiel mit Verweis auf die nationale Sicherheit. Und, sagt Experte Calvert, die Medienaufsicht FCC könnte eine wichtige Rolle spielen. Trump habe damit gedroht, Sendern die Lizenz zu entziehen, wenn sie - seiner Meinung nach - Fake News und irreführende Kommentare verbreiten.
Nicht nur die Medien, auch die Journalisten selbst versuchen, sich an die neue Zeit anzupassen. Das geht nicht immer gut. Direkt nach der Wahl pilgerten Joe Scarborough und Mika Brzezinsky zu Trump. Die beiden sind Gastgeber der Show "Morning Joe" beim linken Sender MSNBC und waren oft schon Zielscheibe von Trumps Attacken. Im Wahlkampf hatten sie ihn mit Hitler verglichen. Nun fürchten sie offenbar die Rache des neuen Präsidenten.
Das sei das erste Mal seit sieben Jahren gewesen, dass sie den Präsidenten gesehen hätten, sagte Brzezinsky beinahe entschuldigend. Das Publikum verzieh den Ausflug zu Trump nicht: Die Zuschauerzahlen von "Morning Joe" stürzten ab.