
Protest gegen US-Administration Die Angst der Trump-Kritiker
Zehntausende, die gegen Trump vor das Kapitol ziehen: Das war in seiner ersten Amtszeit häufig so. Jetzt aber sind es nur wenige, die protestieren. Ein Grund ist Angst vor den Konsequenzen.
In der Frühlingssonne vor dem Kapitol in Washington hat sich eine kleine Menschentraube versammelt. Sie recken Plakate in den blauen Himmel: "Kongress, mach' deinen Job", "schmeißt Elon Musk raus" oder "so stirbt die Demokratie", steht darauf. Die Abgeordneten im Kongress sollen hören, wie verzweifelt sie sind: Über den radikalen Umbau des Staates und die Entlassung Tausender Behördenmitarbeiter durch Präsident Donald Trump und Tesla-Milliardär Elon Musk.

Vor dem Kapitol in Washington protestieren am 10. März Demonstrantinnen und Demonstranten gegen die Trump-Administration.
"Das ist eine sehr beängstigende Zeit", sagt die Demonstrantin Alison Ratto. "Ich bin mit ein paar Bundesangestellten befreundet. Sie können nicht hier sein, weil sie gerade um ihren Job kämpfen müssen. Also bin ich für sie hier." Bridget Ward, die kurz ihr Megafon zur Seite legt, fügt hinzu: "Wir werden nicht zulassen, dass ein ungewählter Oligarch Millionen Dollar ausgibt, um unseren Staat zu zerstören."
Auch Noam Stopak hat sich dem Protest angeschlossen und will nicht nur zusehen. Es gebe zu viele Maßnahmen der Trump-Regierung, die verfassungswidrig seien und gegen Gesetze verstößen.
Dekrete-Flut lähmt die Opposition
Der Rasen vor der weißen Parlamentskuppel hat schon viele große Demos gesehen. Er böte Platz für Zehntausende. Am Montagmittag sind es höchstens 200. Last minute - spontan sei die Kundgebung anberaumt worden, sagen sie hier.
Aber ein Organisator, der Kongressabgeordnete Jamie Raskin von den Demokraten, räumt auch ein, dass im ganzen Land bislang nur kleine Proteste gegen Trump zustande kommen. Bei großen Versammlungen habe er allerdings ohnehin Bedenken. Donald Trump habe 1.500 gewalttätige Aufständische begnadigt, sagt er. "Wir wollen uns nicht auf eine Massenkundgebung oder einen großen Marsch einlassen, solange wir nicht sicher sind, dass wir die Menschen vor gewaltsamen Zusammenstößen schützen können."

Beim Protest gegen die US-Regierung vor dem Kapitol spricht der demokratische Abgeordnete Raskin zu den Demonstranten.
Folgen erst langsam spürbar
Vor acht Jahren in Trumps erster Amtszeit gingen noch Millionen auf die Straße. Die Bilder der Riesendemos von damals sind ein Kontrast zu heute. Die Opposition tut sich deutlich schwerer, Massen zu mobilisieren. Ein Grund: die schiere Menge der immer neuen Anordnungen aus dem Weißen Haus, erklärt Protestforscher Timothy Zick von der "William and Mary Law School" in Virginia. Bei der Flut von Dekreten komme der Protest kaum hinterher.
Aber er sieht noch etwas anderes. "Ich denke, die größere Erklärung ist, dass die von der Trump-Administration verfolgte Politik erst jetzt beginnt, sich auf die Menschen im Alltag konkret auszuwirken", so der Staatsrechtler. Nach einem Monat chaotischer Aktionen bekämen die US-Amerikaner jetzt eine Ahnung davon, was diese Politik tatsächlich bewirken werde: in Bezug auf die Wirtschaft, Beschäftigung, wissenschaftliche Forschung und Auslandshilfe.
Viele Amerikaner befürworten im Grunde einen Bürokratieabbau. Zum gesellschaftlichen Stimmungskiller könnten jedoch die neuen Zölle werden, die den Alltag teurer machen und die Wirtschaft bereits taumeln lassen.
Massenentlassung per E-Mail
Für den 40-jährigen Familienvater Tom di Liberto sind die Konsequenzen der neuen Regierungspolitik besonders spürbar. Der Klimaforscher wurde vor Kurzem gefeuert, ohne Vorwarnung, per Mail. Sein Büro beim Nationalen Wetterdienst sollte er umgehend räumen, innerhalb einer Stunde. Das sei schwer zu ertragen. Er habe 2010 beim Wetterdienst angefangen. "Erst vor etwas weniger als zwei Jahren wurde ich Bundesbeamter. Meine Probezeit sollte jetzt enden. Und es ist hart, so eine gefühllose, kalte E-Mail zu bekommen, nachdem ich fast 15 Jahre hier gearbeitet habe."
Jetzt ist di Liberto auf Jobsuche, wie Tausende entlassene Beamte im ganzen Land. Doch ebenso wie in anderen Bundesstaaten fällt auch der Protest im Regierungsviertel Washingtons bislang verhalten aus. Viele, beobachtet er, schweigen lieber, als sich öffentlich gegen Trump oder Musk zu stellen. "Wir wissen, dass auch ihre Anhänger andere gerne bedrohen. Es ist klar, dass Leute wegen dieser Verrückten Angst um sich selbst und ihre Familien haben".
Gegen das Kündigungsprogramm laufen zudem zahlreiche Gerichtsverfahren. Wer vielleicht doch noch auf Wiederanstellung hofft, der stellt sich lieber nicht öffentlich gegen den Ex-Arbeitgeber. Erst recht nicht, wer gerade noch einen Arbeitsvertrag innehat.
Das sieht auch Protestforscher Zick. Aber: "Trump ist noch nicht fertig mit der Unterzeichnung von Dekreten und weiteren Maßnahmen." Er denke, die Bevölkerung werde dagegen protestieren. "Und es werden wohl mehr werden." Eine neue Protestbewegung gegen die zweite Amtszeit Trump in den USA steht höchstens am Anfang.