Nahost Hamas lässt drei weitere israelische Geiseln frei
Die Terrororganisation Hamas hat drei weitere Geiseln freigelassen. Unter ihnen ist auch der Deutsch-Israeli Ohad Ben Ami. Im Gegenzug sollen 183 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft freikommen.
Die islamistische Hamas hat im Rahmen eines Abkommens mit Israel drei weitere Geiseln im Gazastreifen freigelassen. Ohad Ben Ami, Or Levy und Eli Scharabi wurden am 491. Tag ihrer Geiselhaft zunächst an das Rote Kreuz und kurz darauf von diesem an die israelische Armee übergeben.
Mittlerweile befinden sich die blass und abgemagert aussehenden Männer wieder auf israelischem Territorium, wie das israelische Militär mitteilte. Dort sollen sie in Krankenhäuser gebracht und medizinisch untersucht werden.
Entlassung von 183 palästinensischen Häftlingen geplant
Im Gegenzug entließ Israel palästinensische Gefangene aus der Haft. Ein erster Bus mit 42 Menschen kam am Mittag in Ramallah im von Israel besetzten Westjordanland an und wurde von einer jubelnden Menge begrüßt.
Insgesamt sollen für die drei befreiten Geiseln 183 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft freikommen. Einige von ihnen wurden in Israel wegen der Beteiligung an Angriffen verurteilt, bei denen Dutzende Menschen getötet wurden. 111 wurden laut Hamas während des Krieges im Gazastreifen inhaftiert.
Geiseln auf Bühne präsentiert
Die Geiselübergabe im Gazastreifen wurde von Hunderten Schaulustiger verfolgt. Anders als vor knapp anderthalb Wochen gab es aber keine drängelnde Menge und kein Chaos, durch das sich die Geiseln einen Weg bahnen mussten. Auch zahlreiche vermummte und zumeist mit Maschinenpistolen bewaffnete Hamas-Mitglieder waren anwesend - wie auch bei den vorigen Geisel-Freilassungen.
Aufnahmen zeigten, wie die Männer von Hamas-Mitgliedern auf eine Bühne geführt wurden. Israelischen Medien zufolge mussten sie sich in dem von der Hamas choreografierten Auftritt für die "Fürsorge" während ihrer Geiselhaft bedanken. Die nach 16 Monaten Krieg militärisch extrem geschwächte Terrororganisation nutzte die Freilassungen in den vergangenen Wochen stets als Machtdemonstration.
Unter Freigelassenen auch ein Deutscher
Der freigelassene 56-jährige Ohad Ben Ami besitzt Berichten zufolge auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Er wurde während des Hamas-Massakers am 7. Oktober 2023 aus dem Kibbuz Beeri verschleppt, der in der Nähe des Gazastreifens liegt.
Zudem kam der 34-jährige Or Levy frei. Er war vor 16 Monaten zusammen mit seiner Frau auf dem Nova-Musikfestival nahe der Grenze zum Gazastreifen. Beide flüchteten vor den Terroristen in einen Schutzraum. Levys Frau wurde dort getötet, er selbst verschleppt. Ihren kleinen Sohn hatten sie bei dessen Großeltern gelassen.
Freigelassen wurde auch Eli Scharabi (52). Terroristen ermordeten während des Hamas-Massakers seine Frau und seine beiden Töchter. Die Leiche seines Bruders halten Islamisten weiter im Gazastreifen fest.
Eine Verwandte von Ohad Ben Ami sagte Medien zufolge, er sehe mindestens zehn Jahre älter aus, als er sei.
Gemischte Gefühle bei Angehörigen
Die Männer sollten nach ihrer Rückkehr nach Israel nach einer ersten medizinischen Untersuchung in einer Armeeeinrichtung ihre Familien treffen. Anschließend sollten sie in Kliniken im Zentrum des Landes gebracht werden.
Angehörige der Freigelassenen haben angesichts ihres augenscheinlich schlechten Zustands bestürzt reagiert. Mehrere Familienmitglieder brachen in Tränen aus, als sie die Männer live im Fernsehen sahen, wie israelische Medien berichteten.
Familienmitglieder von Eli Scharabi brachen zunächst in Jubel aus, als sie im Fernsehen sahen, wie er an das Rote Kreuz übergeben wurde. Dann machten sich jedoch Anspannung und Sorge breit. "Er sieht nicht gut aus. Es sind gemischte Gefühle", sagte eine seiner Angehörigen, Kathy Barby. Aber er sei am Leben. Eine Verwandte von Ohad Ben Ami sagte Medien zufolge, er sehe schlimm und mindestens zehn Jahre älter aus als er sei. Der Bruder von Or Levy sagte demnach, es sei schwer, ihn so zu sehen, nach allem, was er durchgemacht habe.
Auch Israels Präsident Isaac Herzog reagierte bestürzt auf die Bilder der Freilassung. Im Onlinedienst X sprach er von einem "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Die ganze Welt habe zusehen müssen, wie die Männer "hungernd mit ausgemergelten Gesichtern und leidend von gemeinen Mördern für ein zynisches und grausames Spektakel ausgebeutet werden", erklärte Herzog. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nannte die Bilder schockierend und kündigte an, das dies "nicht unbeantwortet" bleiben werde.
Noch 76 Geiseln im Gazastreifen
Seit Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg am 19. Januar hat die Hamas nun 16 von insgesamt 33 israelischen Geiseln freigelassen, die während der ersten Phase der dreistufigen Vereinbarung von der Hamas übergeben werden sollen. Die Hamas hatte zuvor mitgeteilt, dass acht der 33 israelischen Geiseln tot seien. Um wen es sich dabei handelt, ist unklar. Außerdem ließ die Terrororganisation fünf Thailänder frei, dies aber nicht als Teil der Vereinbarung mit Israel.
Nach der Freilassung drei weiterer Verschleppter werden jetzt noch insgesamt 76 Geiseln im Gazastreifen festgehalten. 35 von ihnen sind israelischen Angaben zufolge tot. Die nächsten Geiseln sollen am kommenden Wochenende freikommen. Insgesamt sollen in der ersten Phase mehr als 1.900 palästinensische Häftlinge im Austausch für die Geiseln freikommen.