
Israelische Luftangriffe Syrien spricht von "gefährlicher Eskalation"
Syriens Übergangsregierung hat die israelischen Luftangriffe auf Ziele nahe des Präsidentenpalastes als "gefährliche Eskalation" bezeichnet. Israel hatte den Angriff mit dem Schutz der Drusen in Syrien begründet.
Die syrische Übergangsregierung hat die Welt dazu aufgefordert, die israelischen Luftangriffe auf Damaskus zu verurteilen. Die internationale Gemeinschaft und die arabischen Staaten müssten "der wiederholten israelischen Aggression" entgegentreten und alles zu deren Beendigung tun, hieß es in einer Mitteilung des Präsidentenpalastes. Es handele sich um eine "gefährliche Eskalation gegen staatliche Institutionen und die Souveränität des Staates", die auf die "nationale Sicherheit Syriens und die Einheit des syrischen Volkes" abzielten.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Israel Katz hatten ihrerseits erklärt, der Schlag sei "eine klare Botschaft an das syrische Regime: Wir werden nicht zulassen, dass Truppen südlich von Damaskus aufmarschieren oder die drusische Gemeinschaft bedrohen". Katar verurteilte die Angriffe Israels als "Akt der Aggression" und "gravierenden Völkerrechtsbruch".
Israel sieht Drusen als Verbündete
Die Drusen sind eine religiöse Minderheit, deren Mitglieder vor allem in Syrien, Israel, Jordanien und im Libanon leben. In Israel dienen viele Drusen freiwillig in der Armee. Der jüdische Staat sieht sie als Verbündete. Zuletzt kamen in Syrien bei heftigen Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen Milizen und drusischen Bewaffneten nach Angaben der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 100 Menschen ums Leben.
Der geistliche Führer der Drusen in Israel, Scheich Muwafak Tarif, dankte Netanjahu nach Angaben des Büros des Ministerpräsidenten für seine Anordnung, die Drusen zu schützen. Angehörige der drusischen Minderheit hatten vorübergehend Straßen in Israel blockiert, um für den Schutz ihrer Glaubensbrüder in Syrien zu demonstrieren. Auch in den syrischen Städten Homs und Daraa kam es nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte zu Kundgebungen - allerdings gegen die israelischen Luftangriffe.
Umgebung des Präsidentenpalastes getroffen
Israels Luftwaffe hatte nach heftigen Kämpfen zwischen Angehörigen der drusischen Minderheit, regierungsnahen Milizen und staatlichen Sicherheitskräften in Syrien mehrere Ziele in der Hauptstadt Damaskus angegriffen. Wie das syrische Präsidialamt bestätigte, wurde auch die Umgebung des Präsidentenpalasts getroffen. Im Laufe des Tages meldeten syrische Medien auch einen Luftangriff nahe der Stadt Suweida. Israels Militär teilte auf Anfrage mit, ihr sei kein Angriff dort bekannt.
Bereits am Mittwoch hatten die israelischen Streitkräfte mehrfach Ziele in Syrien attackiert. Ziel war den Angaben zufolge eine "extremistische Gruppe", die einen Anschlag auf Drusen geplant haben soll.
Mehr als 100 Tote binnen weniger Tage
Auslöser von Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen Milizen und drusischen Bewaffneten war eine Audioaufnahme, in der der Prophet Mohammed beleidigt worden sein soll. Sie wurde zunächst einem Drusen zugeschrieben. Das Innenministerium erklärte jedoch, die beschuldigte Person stehe nicht mit der Aufnahme in Verbindung.
Der religiöse Anführer der syrischen Drusen sprach am Donnerstag von einer "Völkermordkampagne". Diese sei "durch nichts zu rechtfertigen", erklärte Scheich Hikamt al-Hidschri. Er rief "internationale Kräfte" zum Eingreifen auf, um "den Frieden aufrechtzuerhalten und den Fortgang dieser Verbrechen zu verhindern".
Bei den Kämpfen wurden seit Anfang der Woche nach Angaben der in Großbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 100 Menschen getötet.
Die neue syrische Führung hat wiederholt versichert, die Minderheiten im Land schützen zu wollen. Übergangspräsident al-Scharaa gibt sich seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad Anfang im Dezember durch seine islamistische HTS-Miliz betont gemäßigt. Im März kam es jedoch in vorwiegend von Angehörigen der religiösen Minderheit der Alawiten bewohnten Regionen zu Massakern an Zivilisten.