80. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung Überlebende und Politiker gedenken der Opfer
In der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau hat die Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des früheren deutschen Konzentrationslagers begonnen. Zahlreiche internationale Politiker nehmen an der Zeremonie teil.
Polens Präsident Andrzej Duda hat in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau an die Opfer des NS-Terrors erinnert. "Wir Polen, auf deren damals von Nazi-Deutschland besetztem Land diese Vernichtungsindustrie und dieses Konzentrationslager errichtet wurden, sind heute die Hüter der Erinnerung", sagte Duda.
Zum Auftakt der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des früheren deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers legte Duda in Begleitung ehemaliger Häftlinge einen Kranz an der Todesmauer nieder. Dort wurden einst Gefangene von SS-Leuten erschossen. Einige der Überlebenden trugen blau-weiß gestreifte Schals, die ihre frühere Häftlingskleidung symbolisierten.
Gedenkfeier mit Überlebenden
Bei der diesjährigen Gedenkfeier stehen die Überlebenden im Mittelpunkt. Mehr als 50 ehemalige Häftlinge aus Auschwitz-Birkenau und anderen Lagern sind dabei, wie die Gedenkstätte mitteilte. Vier von ihnen sollen am Nachmittag die zentrale Ansprache halten. Die Teilnahme der Überlebenden hat eine besondere Relevanz, weil viele sehr alt sind. Es könnte die letzte große Gedenkfeier mit ihnen sein.
"Ich gehe davon aus, dass in ihren Stimmen Hinweise und Aufrufe an uns zu hören sind, wie man die Welt gestalten sollte", sagte Gedenkstättenleiter Piotr Cywinski der Nachrichtenagentur PAP. Er verwies darauf, dass angesichts des wachsenden Populismus und des Informationschaos' heutzutage Orientierung notwendig sei. "Ihre Erfahrung zählt dazu."
Auschwitz ist zum Synonym für den Holocaust geworden. In das größte deutsche Konzentrationslager nahe der polnischen Kleinstadt Oswiecim in der Nähe von Krakau wurden zwischen 1940 und 1945 weit mehr als eine Million Menschen aus ganz Europa deportiert. Der überwiegende Teil waren Juden, dazu kamen etwa 140.000 Polen, Zehntausende Sinti und Roma sowie Tausende politische Häftlinge anderer Nationalität. Die Zahl der im KZ Auschwitz und vor allem im dazugehörigen Vernichtungslager Birkenau Ermordeten wird auf etwa 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen geschätzt.
Steinmeier und Scholz nehmen teil
Delegationen aus 55 Ländern sind zum Gedenken angereist. Aus Deutschland nehmen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau an der Gedenkfeier teil - fast die gesamte Staatsspitze. Außerdem gehören Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Jörg Kukies zur deutschen Delegation. CDU-Chef Friedrich Merz ist aus Termingründen nicht dabei.
Vor der Zeremonie in der Gedenkstätte kamen Scholz und Steinmeier nach einem Rundgang durch das frühere KZ mit Überlebenden zusammen. Als Gäste des Bundespräsidenten waren die Holocaust-Überlebenden Pavel Taussig und Christian Pfeil mit dem Regierungsflugzeug von Berlin nach Polen gereist.
Selenskyj: "Das Böse existiert noch heute"
Auch der britische König Charles III. und Spaniens König Felipe VI. werden erwartet. Der ukrainische Wolodymyr Selenskyj nimmt ebenfalls an der internationalen Feier teil. "Das Verbrechen des Holocaust darf sich nie wiederholen, doch leider verschwindet die Erinnerung daran allmählich", schrieb Selenskyj, der selbst jüdischer Abstammung ist, im sozialen Netzwerk X. "Und das Böse, das das Leben ganzer Nationen zerstören will, existiert noch heute in der Welt."
Delegationen aus Russland sind seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mehr bei der jährlichen Zeremonie willkommen. Laut Kreml erklärte Präsident Putin in einer Botschaft: "Wir werden immer daran denken, dass es die sowjetischen Soldaten waren, die dieses schreckliche Böse niederschlugen und den Sieg errangen."
Scholz: "Wir dulden kein Vergessen"
Kanzler Scholz rief dazu auf, die Erinnerung an die in Auschwitz ermordeten Menschen wachzuhalten. "Mehr als eine Million Menschen mit Träumen und Hoffnungen wurden ermordet in Vernichtungslagern, ermordet von Deutschen", erklärte Scholz auf der Online-Plattform X. "Wir dulden kein Vergessen, nicht heute und nicht morgen."
Scholz mahnte an, sich besonders um eine Erinnerungskultur für die jüngere Generation zu bemühen. "Es muss uns bedrücken, wie viele junge Menschen in Deutschland kaum noch etwas über den Holocaust wissen", sagte der SPD-Politiker der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft sowie der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. Dies sei "eine Mahnung und ein Auftrag an uns alle, daran etwas zu ändern".
Der Kanzler betonte, es sei "wichtig, dass wir möglichst vielen jungen Menschen ermöglichen, mit den noch lebenden Zeitzeugen zu sprechen. Und wir müssen die Erinnerung hochhalten, wenn die letzten Zeugen einmal nicht mehr leben", fügte er hinzu.