
Merz bei Macron Es soll ein Neustart werden
"Merzcron" hat die französische Öffentlichkeit das Duo Merz und Macron getauft. Beim ersten Treffen nach der Kanzlerwahl strahlte man um die Wette - doch für den erklärten Neustart müssen manche Differenzen überwunden werden.
Im Elysée-Palast empfing ein strahlender Präsident Emmanuel Macron einen strahlenden Kanzler Friedrich Merz. Beide fühlten sich sichtlich wohl bei ihrem ersten offiziellen Treffen, demonstrierten Zuversicht und Tatkraft. Nur wenn Deutschland und Frankreich zusammenstünden, gebe es auch Fortschritt in der Europäischen Union, betonte Merz: "Deshalb haben Emmanuel Macron und ich einen deutsch-französischen Neustart für Europa vereinbart. Wir werden der deutsch-französischen Freundschaft neuen Schwung verleihen und wir werden unsere Zusammenarbeit auf allen Ebenen weiter vertiefen."
Macron versicherte, man werde beim Thema Investitionspolitik, bei Verteidigung, Energie und Raumfahrt Hand in Hand arbeiten; und zwar "ohne Naivität, mit einem gemeinsamen Ziel und einer gemeinsamen Steuerung". Und er setzte hinzu: "Wenn es Uneinigkeiten gibt, dann lösen wir die zusammen."
Starke Formeln
Macron fand starke Formeln, um den Willen zur Zusammenarbeit zu untermauern: "Wir werden uns synchronisieren und koordinieren", auch beim Arbeitsmarkt und auch bei der Steuerpolitik. So werde man sich gegenseitig stärken. "Wir wollen wieder diesen deutsch-französischen Reflex auslösen."
Deshalb biete man den jeweiligen Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, Wirtschaftswissenschaftlern und politischen Kräften an, zusammenzuarbeiten und so einen gemeinsamen Aktionsplan zu entwickeln.
Dicke Bretter warten
Die zur Schau gestellte Einigkeit kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch das neue Duo "Merzcron", wie man es in Frankreich schon getauft hat, dicke Bretter wird bohren müssen. Beim Thema Energiepolitik liegen Deutschland und Frankreich weit auseinander. Deutschland überbrückt den Weg zu den Erneuerbaren mit Kohle, Frankreich setzt auf CO2-arme Kernkraft.
Über die Frage, ob diese als "umweltfreundlich" zu labeln sei, hatte man sich mit der Vorgängerregierung in Berlin gefetzt. Macron verlangte nun, dass auf europäischer Ebene Schluss sein müsse mit der "Diskriminierung einzelner CO2-armer Technologien, ob Kernkraft oder Erneuerbare". Man brauche beim Thema Energiemarkt eine gemeinsame Vision und Investitionen in das grenzüberschreitende Stromnetz.
Langer Weg bis zum Gleichschritt
Auch beim Thema Handelspolitik kann der gemeinsame Appell, den Merz und Macron zusätzlich in einem Gastbeitrag für die Zeitungen Le Figaro und Die Welt lancierten, nicht verdecken, dass es schwer werden wird, im Gleichschritt zu laufen.
Merz plädierte ausdrücklich für das Inkrafttreten des von Frankreich blockierten Mercosur-Freihandelsabkommens und betonte, man müsse zusätzliche Abkommen anstreben. Macron nickte zwar dazu, stellte aber klar: "Wir sind für Freihandelsabkommen, wenn sie unsere Erzeuger und Hersteller schützen und garantieren, dass sie gleich behandelt werden und zu gleichen Bedingungen arbeiten."
Abschreckung und Ambiguität
Große Einigkeit demonstrierten Merz und Macron beim Thema Verteidigung. Man werde die Zusammenarbeit im 1987 gegründeten deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat vertiefen und auch neue Formate entwickeln. Merz begrüßte noch einmal Macrons Vorstoß zur Ausweitung des französischen Nuklearschutzschirms.
Merz sieht die grundsätzliche Notwendigkeit, "dass wir mit Frankreich und auch mit Großbritannien über die Frage diskutieren, wie wir eine solche Antwort der Abschreckung geben können". Dies könne aber nur als Ergänzung zu dem gemeint sein, was man gegenwärtig mit den USA im NATO-Bündnis vereinbart habe.
Beim Thema Taurus-Marschflugkörper für die Ukraine schien man sich einig, dass "strategische Ambiguität" herrschen müsse; ein Konzept der "Mehrdeutigkeit", das Macron schon länger predigt. "Wir wären doch verrückt, wenn wir bei jeder Pressekonferenz die Waffengattungen, die Liefertermine und Modelle durchgeben würden. Es könnte ja sein, dass die russische Armee zuhört", stichelte der französische Präsident gegen die gescheiterte Ampel-Regierung, die lange Listen veröffentlicht hatte.
Gemeinsam an der Seite der Ukraine
Merz und Macron betonten einhellig, dass man bereit sei, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben. Wie und in welchem Umfang könne aber erst diskutiert werden, wenn es zu einem echten Waffenstillstand komme und die Amerikaner mit an Bord seien.
Für das junge Duo in Paris und Berlin gilt es nun, den europäischen Partnern zu beweisen, dass der neue deutsch-französische Elan belastbar und von Dauer sein wird.