![Außenansicht des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag. | picture alliance / ANP Außenansicht des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag.](https://images.tagesschau.de/image/e3cbd6f1-de12-4a3c-887a-cf4ef6669251/AAABkMtQ0UI/AAABkZLrr6A/original/internationaler-strafgerichtshof-105.jpg)
Erklärung von 79 Staaten Internationale Kritik an US-Sanktionen gegen IStGH
Die von US-Präsident Trump angeordneten Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof stoßen auf viel Kritik. 79 Staaten versicherten dem Gericht ihre volle Unterstützung. Sie sehen alle laufenden Ermittlungen in Gefahr.
In einer gemeinsamen Erklärung haben 79 Staaten die von US-Präsident Donald Trump angeordneten Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) kritisiert. Die Länder versicherten dem Gericht ihre volle Unterstützung und warnten vor Versuchen, seine "Unabhängigkeit, Integrität und Unparteilichkeit zu untergraben". Sie würden alles tun, um die Fortsetzung der Arbeit des Gerichts zu gewährleisten. Es sei eine "unverzichtbare Säule der internationalen Rechtsordnung".
Die Staaten verwiesen auf "das Risiko einer Straflosigkeit für die schwersten Verbrechen". Die Sanktionen drohten das Völkerrecht auszuhöhlen, hieß es. Durch sie seien alle zur Zeit laufenden Ermittlungen in Gefahr, da möglicherweise Büros des Strafgerichtshofes geschlossen werden müssen.
Die 79 Unterzeichner gehören zu den 125 Vertragsstaaten, darunter auch etwa Deutschland. Die USA und Israel erkennen das Gericht nicht an.
Im Gegensatz zum Internationalen Gerichtshof (IGH), der Streitigkeiten zwischen Staaten schlichtet, befasst sich der IStGH mit der strafrechtlichen Verantwortung von Individuen für schwerste internationale Verbrechen. Der IStGH ist unabhängig von den Vereinten Nationen und wird von seinen Mitgliedstaaten finanziert. 125 Staaten gehören aktuell dem IStGH an, darunter alle EU-Mitgliedstaaten und seit 2025 auch die Ukraine. Länder wie die USA, China, Indien und Russland sind jedoch keine Mitglieder.
Baerbock warnt vor Folgen
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bezeichnete den IStGH als "eine der größten Errungenschaften des Völkerstrafrechts". Die Durchsetzung des Völkerstrafrechts und die Unabhängigkeit der internationalen Gerichte seien "Prinzipien, die Sicherheit für alle bedeuten", betonte sie. Die Grünen-Politikerin argumentierte, das "Einstehen für das Völkerrecht und für den Internationalen Strafgerichtshof ist in unserem maximalen Sicherheitsinteresse". Sollten Regeln nicht mehr gelten, "verlieren am Ende alle".
Sollte der IStGH seine Arbeit nicht weiterführen können, käme das etwa dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zugute, warnte Baerbock. Dieser habe aufgrund der Arbeit des Gerichts erfahren müssen, "dass seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie die Verschleppung ukrainischer Kinder nicht folgenlos bleiben".
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Sanktionen zuvor kritisiert. "Sie gefährden eine Institution, die dafür sorgen soll, dass die Diktatoren dieser Welt nicht einfach Menschen verfolgen und Kriege anzetteln können", sagte er bei einer Wahlkampfveranstaltung.
UN und EU fordern Rücknahme der Sanktionen
Der IStGH selbst erklärte, mit den US-Sanktionen solle seine "unabhängige und unparteiische juristische Arbeit" beeinträchtigt werden. Die Vereinten Nationen und die EU riefen Trump dazu auf, die Maßnahme rückgängig zu machen. EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen erklärte auf X, der Gerichtshof müsse weiter in der Lage sein, "den Kampf gegen weltweite Straflosigkeit zu führen".
Die Ukraine äußerte die Hoffnung, dass das Gericht seine Arbeit zur Verfolgung russischer Kriegsverbrecher trotzdem fortsetzen werde. Das Land hoffe, dass die US-Sanktionen "die Kapazitäten des Gerichts, den Opfern der russischen Aggression Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, nicht beeinträchtigen werden", erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Kiew.
Der niederländische Premierminister Dick Schoof versicherte, sein Land versuche sicherzustellen, dass das Gericht mit Sitz in den Niederlanden seine Arbeit weiterführen könne.
Trump spricht von "Machtmissbrauch"
Trump hatte die Maßnahmen am Donnerstag per Dekret angeordnet und seine Entscheidung damit begründet, dass das Gericht mit der Beantragung eines Haftbefehls gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu "seine Macht missbraucht" habe. Der IStGH habe "illegale und unbegründete Aktionen gegen Amerika und unseren engen Verbündeten Israel" vorgenommen, hieß es in dem Dekret.
Vor dem Hintergrund des Krieges im Gazastreifen hatte das Gericht im November einen internationalen Haftbefehl gegen den israelischen Regierungschef Netanjahu, seinen ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie den von Israel getöteten Militärchef der Terrormiliz Hamas, Mohammed Deif, erlassen. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorgeworfen. Die Hamas hatte Ende Januar Deifs Tod bestätigt.
Die israelische Regierung begrüßte die US-Sanktionen. Netanjahu bezeichnete den IStGH als "korrupt", "antiamerikanisch und antisemitisch".
900 Mitarbeiter betroffen
Die Strafmaßnahmen treffen die rund 900 Mitarbeiter des Gerichtshofes und alle, die an Ermittlungen gegen US-Personal oder Verbündete wie Israel beteiligt sind. Gegen sie soll ein Einreiseverbot in die USA verhängt werden. Außerdem sollen ihre Vermögenswerte eingefroren und Finanzgeschäfte mit dem Gericht untersagt werden.
Das Weltstrafgericht hat seinen Sitz in Den Haag. Es verfolgt die schwersten Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.