Bundestagswahl 2025
![Ein Stimmzettel von der Bundestagswahl 2021 | dpa Ein Stimmzettel von der Bundestagswahl 2021](https://images.tagesschau.de/image/31a63ec5-4ee4-460a-b719-3f741712012d/AAABlOBLZeQ/AAABkZLrr6A/original/stimmzettel-162.jpg)
Bundestagswahl Was Eingebürgerten bei ihrer ersten Wahl wichtig ist
Hunderttausende neu eingebürgerte Deutsche dürfen im Februar zum ersten Mal an einer Bundestagswahl teilnehmen. Dabei steht für sie nicht unbedingt das Thema Migration an erster Stelle. Was ist ihnen wichtig?
Endlich eine Stimme haben: Darauf freut sich Abdulmounem Alowis. 2015 ist er nach Deutschland gekommen, seit dem vergangenen Jahr ist er deutscher Staatsbürger. Vor seiner Flucht konnte er in Syrien zwar wählen, aber er hatte keine Wahl. Es gab nur Baschar al-Assad.
Jetzt kann der 31-Jährige etwas bewirken. "Ich finde das super. Diese Flexibilität. Dass es die Möglichkeit gibt, Dinge zu ändern. Ich wünsche mir das auch für mein Heimatland, dass so etwas passiert." Er hat Sehnsucht nach Syrien. Das sei sein erstes Heimatland, Deutschland sein zweites.
![Abdulmounem Alowis hat zum ersten Mal in seinem Leben eine richtige Wahl. | Ronnie Darwish Abdulmounem Alowis](https://images.tagesschau.de/image/27921ab9-3b96-48a2-9007-59ccdc4bae3c/AAABlOAf6iw/AAABkZLlUbs/16x9-960/alowis-100.jpg)
Abdulmounem Alowis hat zum ersten Mal in seinem Leben eine richtige Wahl.
Hunderttausende Menschen eingebürgert
Im Jahr 2022 sind knapp 170.000 Menschen neu eingebürgert worden, 2023 waren es schon mehr als 200.000. Für das Jahr 2024 gibt es noch keine gesicherten Daten, aber die Zahlen sind vermutlich ähnlich hoch. Alowis gehört als Syrer zur größten Gruppe der Eingebürgerten: 2023 haben rund 75.000 Menschen aus Syrien einen deutschen Pass bekommen, gefolgt von jeweils etwa 10.000 aus der Türkei und dem Irak. Sie sind nicht alle wahlberechtigt, denn auch die Kinder werden mitgezählt.
Es sei eine sehr heterogene Gruppe, betont Birgit Glorius, Migrationsforscherin von der TU Chemnitz. Und ihr Anteil an der Wählerschaft steige: "Wir werden in den nächsten Jahren auf jeden Fall ein neues Elektorat dazubekommen, was einen sehr frischen Migrationshintergrund hat." Und das sei auch in seinen Wahlentscheidungen durchaus wechselhaft.
Ukraine, NATO, Klimaschutz
Paula Kons ist seit 2022 eingebürgert. Sie stammt aus Rumänien und hatte schon seit ihrer Jugend einen Draht zur deutschen Sprache und Kultur. Sie hat in Österreich studiert und arbeitet jetzt als Architektin in Hanau. Für sie ist wählen nicht nur ein Grundrecht, sondern das Wenigste, was man tun kann: "Ich glaube, dass das 'Böse' immer daran arbeitet, die Demokratie und die Freiheiten wieder abzubauen. Das Gute nimmt sich gerne ein bisschen Zeit zu genießen, was erlangt wurde. Aber wenn wir das zu lange machen, können wir alles verlieren."
Es sei eine einzigartige Zeit, in der wir leben, sagt die Deutsch-Rumänin. Und das bestimme auch die Themen, die ihr wichtig sind. "Normalerweise würde ich sagen: Ich wünsche mir mehr Netto vom Brutto. Oder es wäre schön, besseren ÖPNV zu haben. Aber wegen der Zeit, die wir erleben, ist die Unterstützung der Ukraine für mich wichtig, unsere Teilnahme an der NATO, außerdem der Klimaschutz."
![Seit etwa drei Jahren hat Paula Kons einen deutschen Pass. Sie stammt aus Rumänien. | Ronnie Darwish Paula Kons](https://images.tagesschau.de/image/5b8226dd-7660-43b9-ab98-8a78c6b36813/AAABlOAgPnY/AAABkZLlUbs/16x9-960/kons-100.jpg)
Seit etwa drei Jahren hat Paula Kons einen deutschen Pass. Sie stammt aus Rumänien.
"Migrationsbiografie nicht so entscheidend"
Eine besondere Sensibilität für das Thema Migration und Integration haben eingewanderte Menschen natürlich auch. Aber das bedeute nicht, dass diese Themen an erster Stelle stehen müssen, sagt die Migrationsforscherin Glorius: "Das Merkmal Migrationsbiografie ist jetzt wirklich nicht so entscheidend für die Lebensrealität."
Es geht auch um wirtschaftliche Fragen, ums Wohnen, um Altersvorsorge, um Sicherheit und Kriminalität. Das bestätigt auch eine neue Studie des Deutschen Zentrums für Migrations- und Integrationsforschung. Gleichzeitig bleibe bei vielen der Wunsch, gleichberechtigt zu sein, als Teil der deutschen Gesellschaft anerkannt zu werden, und dass die Lebensleistungen gewürdigt werden, so Glorius: "Das ist ein ganz großer Punkt und das spielt mehr in Richtung soziale Gerechtigkeit."
Wunsch nach Bürokratieabbau bei Integration
Abdulmounem Alowis hat einen Bachelor in Sozialwissenschaften, arbeitet als Sozialarbeiter in Frankfurt und betreut unter anderem auch Geflüchtete. Er wünscht sich Frieden und Zusammenhalt - und weniger Bürokratie bei der Integration von Neuankömmlingen. "Der Staat gibt viel Geld für Integration, gleichzeitig gibt es zu viele Integrationshindernisse. Da wünsche ich mir Bürokratieabbau."
Weniger Bürokratie wünscht sich auch Paula Kons, meint das aber anders: "Ich glaube, Bürokratie ist ein Hindernis für Innovation. Deutschland kann Marktführer werden in vielen Industrien, wo es im Moment wegen Bürokratie schleppt. Und ich glaube, das kann man beheben." Aber sie vergisst auch nicht das, was im Moment so viele Menschen bewegt: Sie wünscht sich mehr Sicherheit in Deutschland - und erinnert damit auch an die Anschläge der vergangenen Monate.