Bundestagswahl 2025
Beschluss des Wahlprogramms Migrations-Debatte dominiert Grünen-Parteitag
Der Fokus auf dem Parteitag der Grünen sollte kurz vor der Bundestagswahl auf dem Beschluss des Wahlprogramms liegen - doch über allem schwebt die Debatte über die Unions-Vorschläge zur Asyl-Verschärfung.
Der Ton wurde gleich zu Anfang gesetzt: Mit einer Warnung an den Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, begannen die Grünen ihren Bundesparteitag. An CDU und CSU gewandt sagte die Politische Geschäftsführerin, Pegah Edalatian, in ihrer Eröffnungsrede, es sei inakzeptabel, wie die Union im Bundestag eine Abstimmung herbeiführen wolle, bei der es nur eine Mehrheit mit der AfD geben könne. Die Demokratie dürfe nicht auf die Probe gestellt werden.
Parteivorsitzender Felix Banaszak appellierte eindringlich an Merz, einen "Weg nicht weiterzugehen in die Sackgasse", sondern den Schulterschluss mit allen Demokraten zu suchen. Er sagte: "Herr Merz, stellen Sie klar, wo Sie, wo die Union steht!" Die Union dürfe nicht der Versuchung erliegen, dem Beispiel der konservativen österreichischen ÖVP zu folgen, die aktuell Koalitionsgespräche mit der rechtspopulistischen FPÖ führt.
Union legt Anträge vor
Die Union will als Reaktion auf den Messerangriff in einem Park in Aschaffenburg in der anstehenden Bundestagswoche zwei Anträge zu Fragen der Migration und der Inneren Sicherheit vorlegen. Sie sehen unter anderem mehr Befugnisse für die Bundespolizei und ein faktisches Einreiseverbot für Menschen vor, die keine gültigen Einreisedokumente haben und nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen.
Fraktionschefin Katharina Dröge sagte dem Sender phoenix am Rande des Grünen-Parteitags dazu, Merz schlage pauschale, europarechtswidrige und verfassungswidrige Maßnahmen vor. Sie seien nicht geeignet, mehr Sicherheit in Deutschland zu leisten. Im Endeffekt müsste Deutschland aus der Europäischen Union austreten, um diese umzusetzen.
Reden von Habeck und Baerbock
Auch Kanzlerkandidat und Wirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich zu Merz. "Nichts daran ist harmlos", sagte er zu den Äußerungen von Merz über mögliche Mehrheiten mit Hilfe der AfD. "Man sollte das nicht als strategische Fehlleistung abtun". Es zeige, "wie sehr die Dinge in Europa schon ins Rutschen geraten sind". Er rief zur Zusammenarbeit der demokratischen Parteien auf. "Einigungsfähigkeit heißt aber nicht Kompromisslosigkeit, heißt nicht 'Entweder stimmt ihr zu, oder ich stimme mit Rechtsradikalen'. Das ist nicht Mitte - das ist Ideologie", sagte der Wirtschaftsminister.
Außenministerin Annalena Baerbock warnte in ihrer Rede vor Bedrohungen durch autoritäre Regime und durch Extremismus von innen wie von außen. "Wir lassen nicht zu, dass unser Land von Extremisten kaputt gemacht wird", rief Baerbock am Sonntag den Delegierten zu. Der Union warf sie eine Blockade von Maßnahmen vor. Die Bundesregierung habe ein Sicherheitspaket im Bundestag beschlossen, das aber von der Union blockiert werde. Die Union hole stattdessen die Idee einer einseitigen nationalen Grenzabriegelung wieder aus der Mottenkiste - dies sei aber verfassungs- und europarechtswidrig.
Außenpolitisch bekräftigte Baerbock die Unterstützung für die Ukraine: "Wir stehen ohne Wenn und Aber auf der Seite der Menschen in der Ukraine und damit auf der Seite des Friedens in Europa."
Wahlprogramm verabschiedet
Eigentlicher Anlass für den Parteitag in Berlin ist die anstehende Bundestagswahl. Die Delegierten beschlossen genau vier Wochen vor dem Urnengang ihr Wahlprogramm. Es gab dabei keine Gegenstimmen und nur zwei Enthaltungen, der Entwurf der Parteiführung bleibt in wesentlichen Punkten unverändert. Es gab kaum inhaltliche Debatten - der Parteitag endete zwei Stunden früher als geplant. In Umfragen stehen die Grünen vier Wochen vor der Bundestagswahl bei 13 bis 15 Prozent.
Verlangt werden in dem Programm unter anderem die Einführung eines Klimagelds, ein wieder auf 49 Euro reduziertes Deutschlandticket und ein Mindestlohn von 15 Euro. Hinzu kommen Steuerentlastungen, vor allem für Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen.
Die Schuldenbremse, die der Neuverschuldung enge Grenzen setzt, wollen die Grünen lockern. Ein Vorstoß für ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen scheiterte. Stattdessen sollen Kommunen mehr Spielraum zur Einrichtung von Tempo-30-Zonen bekommen.
Böllerverbot und Ehegattensplitting
Eingang ins Wahlprogramm fand auch die Forderung nach einer Reform des Ehegattensplittings. So wollen die Grünen für neue Ehen eine individuelle Besteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag einführen, die das sogenannte Ehegattensplitting ersetzen soll. Für Paare, die bereits verheiratet sind, soll sich aber nichts ändern - außer sie entscheiden sich freiwillig für das neue Modell. Ein Gegenvorschlag, der eine Abschaffung des Ehegattensplittings für alle Ehen vorsah, fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.
Zudem setzt sich die Partei für ein ganzjähriges und bundesweites Böllerverbot ein. Ein entsprechender Antrag eines Mitglieds aus dem Kreisverband Berlin-Friedrichshain/Kreuzberg fand auf dem Parteitag eine Mehrheit. Darin ist die Rede von einem ganzjährigen und bundesweiten Feuerwerksverkaufsverbot sowie mehr Spielräumen für die Länder bei Verbots- und Erlaubniszonen.