Friedrich Merz schaut durch ein Fernglas. (Archivbild vom 8. September 2023)
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Koalitionsverhandlungen Wen hat Merz fürs Kabinett im Blick?

Stand: 27.03.2025 19:42 Uhr

Die Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD sind in vollem Gange. Dabei geht es auch darum, welche Partei welche Posten im Kabinett Merz bekommt. Welche Namen werden gehandelt? Und für welche Ministerien? Ein Überblick.

Von Moritz Rödle und Uli Hauck , ARD-Hauptstadtstudio

Was kann bei der Postenverteilung im Hintergrund eine Rolle spielen?

Die Posten werden erst am Ende der Regierungsbildung verteilt. Aber dabei gilt vermutlich auch dieses Mal wieder: Alles hängt mit allem zusammen. Das kann bedeuten, dass es nicht immer darum geht, den oder die beste Kandidatin für ein Ministeramt zu finden. Regelmäßig geht es stattdessen in den Regierungsparteien auch um den Proporz, also die Verteilung der Posten unter den Landesverbänden.

Ganz aktuell geht es um die Frage, welche Minister aus dem Osten am Kabinettstisch sitzen. Oder wie man damit umgeht, dass bei der CDU übermäßig viele Ministerkandidaten aus Nordrhein-Westfalen kommen und bei der SPD aus Niedersachsen? Dass der Länder-Proporz aber nicht immer ausschlaggebend sein muss, hat sich im letzten Kabinett von Angela Merkel gezeigt. Damals saßen mit Heiko Maas, Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier gleich drei Minister aus dem kleinen Saarland am Kabinettstisch.

Wie viele und welche Ministerien bekommt welche Partei?

Schwarz-Rot ist nur dem Namen nach eine Zweier-Konstellation. Tatsächlich wäre es eine Koalition aus den drei Parteien CDU, CSU und SPD. Das muss bei der Frage, wer bekommt wie viele Ministerien, berücksichtigt werden. 16 Ministerposten gab es bisher. Wenn man davon ausgeht, dass es dabei bleibt, könnte es eine Verteilung nach der Formel 7/3/6 geben - CDU bekäme sieben Ministerposten inklusive des Chefs des Bundeskanzleramtes, die CSU drei und die SPD sechs.

Bei der Verteilung wichtig: Die Ministerien haben eine unterschiedliche Machtfülle. Es gibt wichtigere Ministerien und unwichtigere. Die "Premium Ressorts" sind Finanzen, Innen, Verteidigung, Wirtschaft, Arbeit und Außen. Hiervon könnten jeweils drei an die Union und drei an die SPD gehen, da die CDU ja zusätzlich noch das Kanzleramt bekommt. Innerhalb dieser Aufzählung gibt es Häuser, die als Gegenspieler-Ministerien gelten und deshalb in der Vergangenheit selten durch dieselbe Partei besetzt wurden.

Es gilt als sicher, dass die SPD das Finanzressort anstrebt, weil es als einziges Ministerium bei allen Themen mit am Tisch sitzt. Dadurch eignet es sich auch hervorragend als Ressort für den oder die Vizekanzlerin. Aus der SPD ist zu hören, dass man außerdem Verteidigung und Arbeit und Soziales besetzen möchte.

Daraus würde folgen, dass Wirtschaft-, Außen- und Innenministerium an die Union gehen. Die Farbe der anderen Ministerien ergibt sich zum Teil aus dieser Aufteilung. Das Justizministerium ist klassisch der Gegenspieler zum Innenministerium und würde demnach an die SPD gehen. Das gleiche gilt für das Entwicklungsministerium als Ergänzung zum Auswärtigen Amt. Dort gibt es aber den Wunsch der Union, die beiden Häuser zusammenzulegen.

Bei Familie, Gesundheit sowie Bildung und Forschung ist die Verteilung nicht so klar. Bei diesen Ministerien kommt es auch darauf an, wen sich die Parteien an der jeweiligen Hausspitze vorstellen können. Das Gleiche gilt auch für Umwelt, Verkehr und möglicherweise Bau und ein neues Digitalministerium. Nur bei Ernährung und Landwirtschaft hat bereits die CSU öffentlich Interesse signalisiert, auch wenn der ursprüngliche Besetzungsvorschlag wegen der Absage von Günther Felßner nun nicht mehr zur Verfügung steht.

Welche Frauen könnten ins Kabinett kommen?

Das alles mit allem zusammenhängt, konnte man in dieser Woche bei der Union sehen. Julia Klöckner wurde zur Bundestagspräsidentin gewählt. Ihren Parteiposten als CDU-Schatzmeisterin hat mit Franziska Hoppermann erneut eine Frau übernommen. Mit diesen Entscheidungen hat Friedrich Merz mehrere Probleme gelöst. Er hat dafür gesorgt, dass weiterhin eine Frau das protokollarisch zweithöchste Staatsamt ausfüllt.

Außerdem braucht er eine ambitionierte und loyale CDU-Politikerin, die unter Merkel schon Bundeslandwirtschaftsministerin war, nicht mehr für sein Kabinett zu berücksichtigen - und mit der Wahl Klöckners ist auch der CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz im Proporz-Tetris berücksichtigt. Mit der Innenpolitikerin Andrea Lindholz hat außerdem auch die CSU eine Frau auf eine wichtige Stelle im Bundestagspräsidium gebracht.

Als weitere CDU-Frau für das Kabinett wird die Bildungsministerin des Landes Schleswig-Holstein, Karin Prien, gehandelt. Neben Expertise im Bildungsbereich bringt sie zwei weitere Eigenschaften mit. Sie deckt den liberalen Flügel der CDU ab und sie ist loyal zu Merz. Bei der CSU gilt Dorothee Bär für einen Ministerposten als gesetzt. Denkbar wäre der Bereich Bildung und Forschung.

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Bei der SPD dürfte es auf eine paritätische Besetzung hinauslaufen. Das heißt: Gesucht werden drei Frauen. Mögliche Kandidatinnen sind die jetzigen Amtsinhaberinnen Nancy Faeser und Svenja Schulze. Dazu wird auch Parteichefin Saskia Esken nachgesagt, dass sie sich den Ministerinnenjob zutraut. Alle drei Frauen werden es aber nicht leicht haben. Innerparteilich wird infrage gestellt, ob sie für einen Neuanfang bei der SPD stehen können. Die besten Chancen aus der Gruppe hat wohl noch Parteichefin Esken.

Daneben werden in der Partei aber auch andere Namen gehandelt. Zum Beispiel Verena Hubertz aus Rheinland-Pfalz. Die Trierer Bundestagsabgeordnete hat vor ihrer Zeit in der Politik erfolgreich ein Start Up gegründet und nach ihrer Wahl in den Bundestag schnell Karriere in der Fraktion gemacht. Sie käme zum Beispiel als Digitalministerin in Frage. Für das Justizressort hätte die SPD die Brandenburger Abgeordnete Sonja Eichwede. Vor ihrer Politikkarriere war sie als Richterin tätig. Sie gilt in ihrer Partei als großes Talent.

Aus Brandenburg kommt auch Manja Schüle. Die derzeitige Wissenschaftsministerin in Potsdam gilt als Kandidatin für das Bildungsressort im Bund. Dafür käme wohl auch die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig in Frage. Ob die SPD das Bildungsressort bekommt, ist aber fraglich. Eine weitere Frau aus dem Osten, die genannt wird, ist Petra Köpping. Sie ist zurzeit sächsische Sozialministerin und könnte das Gesundheits- oder das Familienressort übernehmen. Außerdem gehandelt wird die stellvertretende SPD-Vorsitzende Serpil Midyatli. Die Kielerin könnte die einzige Ministerin mit Migrationshintergrund im Kabinett Merz werden.

Einen Job aussuchen kann sich wohl Bärbel Bas. Die Bundestagspräsidentin der abgelaufenen Wahlperiode hat in Duisburg überzeugend ihr Direktmandat verteidigt. Sie gilt als Kandidatin für das Gesundheits-, Arbeits- oder Familienministerium. Es könnte aber auch sein, dass sie am Ende Fraktionschefin oder Parteivorsitzende wird.

Ziemlich sicher keinen Job in Berlin antreten werden die beiden SPD-Ministerpräsidentinnen Anke Rehlinger und Manuela Schwesig. Beide wurden immer wieder gehandelt. Rehlinger hat das aber gerade wieder ausgeschlossen und auf ihren Job im Saarland verwiesen. In Mecklenburg-Vorpommern wird im kommenden Jahr der Landtag neu gewählt. Manuela Schwesig gilt in der SPD als einzige Kandidatin, die dort einen AfD-Sieg noch verhindern kann. Daher wird sie offenbar Ministerpräsidentin in Schwerin bleiben.

Einer ehemaligen Regierungschefin werden dagegen Ambitionen nachgesagt, nochmal ein Bundesministerium zu führen. Berlins stellvertretende Regierende Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey wäre aufgrund ihrer langjährigen Regierungserfahrung eine Kandidatin für ein neues Bundeskabinett. Ob sich dafür Mehrheiten in der Partei fänden, ist aber unklar.

Welche Männer könnten ins Kabinett kommen?

Bei der Union gelten vier Männer als gesetzt: Carsten Linnemann, Thorsten Frei, Jens Spahn und Alexander Dobrindt. Der bisherige CSU-Landesgruppenchef Dobrindt könnte das Innen- oder das Finanzministerium bekommen - wenn hier die SPD leer ausgehen sollte.

Merz, Linnemann, Spahn und vielleicht sogar noch Armin Laschet als Außenminister - ein CDU-Problem bei der Kabinettsbildung könnte der Überschuss an NRW-Politikern werden. Der bisherige CDU-Generalsekretär Linnemann gilt als gesetzt, beispielsweise für das Wirtschaftsministerium. Philipp Amthor aus Mecklenburg-Vorpommern könnte dann sein Nachfolger als neuer CDU-Generalsekretär werden. Doch den ostdeutschen Landesverbänden dürfte dieser eine Posten nicht reichen.

Spahn, ebenfalls ein ehemaliger Minister unter Merkel, könnte Unionsfraktionschef werden. Damit wäre Merz' NRW-Problem für das Kabinett gelöst. Sein Vertrauter Frei müsste dann aber als Kanzleramtschef in den Maschinenraum der Regierung.

Bei der SPD hängt alles an den Plänen von Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil. Er hat den ersten Zugriff auf ein Ministerium. Allerdings spricht auch einiges dafür, dass Klingbeil Partei- und Fraktionschef bleiben könnte. Geht der Niedersachse ins Kabinett, dürfte er sich höchstwahrscheinlich für das Finanzministerium entscheiden. Dort könnte er sich als Vizekanzler auf die Kanzlerkandidatur 2029 vorbereiten. Als gesetzt gilt neben Klingbeil der derzeitige Verteidigungsminister Boris Pistorius. Bekommt die SPD das Verteidigungsministerium, dürfte Pistorius im Amt bleiben.

Bleibt also ein Männerposten für die restlichen Kandidaten: Hubertus Heil ist in der Partei beliebt und möchte gerne Arbeitsminister bleiben. Allerdings wäre er dann der dritte Niedersachse im Kabinett. Heil wird aber auch als Partei- oder Fraktionschef gehandelt, falls Klingbeil Vizekanzler würde.

Das Niedersachsenproblem hat auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. Der Experte für Klimapolitik gilt als Kandidat für das Umweltministerium. Für Justiz käme wohl auch der Chef des einflussreichen Seeheimer Kreises, Dirk Wiese, in Frage. Er hätte auch den wichtigen Landesverband Nordrhein-Westfalen hinter sich.

Weiter genannt wird auch Sören Bartol aus Hessen. Er ist bisher Parlamentarischer Staatssekretär im Bauministerium. Nun wird ihm der Sprung an die Ministeriumsspitze zugetraut. Das Gleiche gilt auch für Carsten Schneider. Bei der letzten Kabinettsbildung war er überraschend leer ausgegangen. Jetzt könnte für den Ostbeauftragten doch noch ein Ministerposten winken. Gerade weil Schneider Ostinteressen glaubwürdig vertreten könnte.