
Sachsen Uraufführung in Chemnitz: Musikimprovisationen über Ängste vor Ausländern
In Chemnitz wird am Wochenende beim Festival #3000 Garagen ein ungewöhnliches Stück uraufgeführt. Darin werden Kommentare von Chemnitzern zu ihrem persönlichen Gefühl von Sicherheit – und ihren Ängsten – als Basis für musikalische Improvisationen genommen.
- Beim Festival #3000 Garagen wird das Stück "Songs of (In)Security" uraufgeführt, in dem es um das Sicherheitsempfinden geht.
- Regisseurin Tanja Krone hat für ihr Musiktheater Chemnitzerinnen und Chemnitzer zu ihren Sicherheitsgefühlen befragt.
- Deren Antworten waren die Basis für Improvisationen, die Tanja Krone zusammen mit vier Musikerinnen zu einer Musikshow arrangiert hat.
Ein Festival in und für Garagen, das ist eine ungewöhnliche Idee – und doch passt sie sehr gut zur diesjährigen Europäischen Kulturhauptstadt Chemnitz. Und so findet hier vom 6. bis 8. Juni das Festival #3000 Garagen statt. Dabei gibt es Konzerte, Lesungen und Angebote für Kinder. Höhepunkt ist die Uraufführung des Stückes "Songs of (In)Security" von Tanja Krone, das an allen drei Tagen gezeigt wird. Jedoch spielen Garagen in ihrem Musiktheater keine vordergründige Rolle.

In Chemnitz gibt es etwas 30.000 Garagen. Ihnen wurde jetzt ein eigenes Festival gewidmet.
Eine Musikshow über Sicherheit bzw. Unsicherheit in der Stadt
Ausgangspunkt für Krones Stück war vielmehr das Wort "Garage", das von französisch "garer" abgeleitet ist und so viel bedeutet wie "etwas in Sicherheit bringen".
Bei etwa 30.000 Garagen in Chemnitz lag für Krone die Frage auf der Hand: Ist das so, dass Chemnitz ganz viel in Sicherheit bringen will oder muss? Von dieser These ausgehend fragte sie Chemnitzer, wie sie das Thema Sicherheit sehen. Wie ist das Sicherheitsgefühl der Stadt? Was ist Sicherheit überhaupt, wie wird sie definiert?
Die Menschen in Chemnitz gefragt
Krone sagt dazu: "Wenn ich mit 15-jährigen Schülern spreche, da geht es um etwas ganz anderes, als wenn ich mit der Kriminalpräventionsbeauftragten der Stadt Chemnitz spreche." Und so interviewte sie für ihr Projekt 16 Chemnitzerinnen und Chemnitzer.
Mit dabei waren außerdem ein Versicherungsmakler, ein Pfarrer, Leute, mit denen Krone selbst als Jugendliche die Stadt "unsicher gemacht" hat – und nicht zu vergessen: Garagennutzerinnen und -nutzer.

Eine Garage wie diese war für Regisseurin Tanja Krone in ihrer Jugend ein Ort der Sicherheit, an dem sie "in Ruhe gelassen" wurde.
Statements werden zur Basis für Improvisationen
Die Gespräche wurden dramaturgisch bearbeitet und bilden jetzt das Libretto für ihre musikalische Show "Songs of (In)Security". Krone und ihre Mitstreiterinnen haben mit ihrer fünfköpfigen "Garagenband" auf diese Statements improvisiert. Verarbeitet wurden durchaus streitbare Zitate wie etwa "Macht Euch selber mal ein Bild. Geht mal abends in die Stadt, ihr kotzt ab! Sind doch nur Ausländer, du siehst gar keinen Deutschen mehr."

Der Bahnhof von Chemnitz. Wie sicher fühlt man sich darin oder davor? Als Mann oder Frau, Kind oder Migrantin?
Bei den "Songs of (In)Security", den Liedern von Unsicherheit oder Sicherheit, wird nicht mehr deutlich, wer was gesagt hat. Vielmehr fügen sich die Texte ohne Wertung zusammen zu einem Bild, zu Betrachtungen einer Stadt darüber, wie sicher beziehungsweise unsicher man sich fühlt. Und auch wer diese Gefühle hat.
Verschiedene Unsicherheitsgefühle
Unter anderem geht es um Menschen aus Chemnitz, die sich durch Migrantinnen und Migranten in ihrer Sicherheit bedroht sehen, aber auch umgekehrt. Oder es wird von Frauen gesungen, wie sie, wenn sie nachts allein unterwegs sind, jedem Mann gegenüber misstrauisch und auf der Hut sind.

Es gibt unterschiedliche Gefühle von Unsicherheit. Sie hängen ab von den Plätzen, der individuellen Verfasstheit und der generellen Weltsicht.
Am Ende, so meint zumindest die Regisseurin und Performerin Krone, ließen sich diese Lieder auch auf andere Städte übertragen.
Allerdings verknüpft sich der Blick von außen auf Chemnitz noch immer mit einem großen Gefühl der Unsicherheit, nicht zuletzt durch die gewaltvollen Ausschreitungen 2018. Das entstehe aber auch aus der Frage, wie und von wem diese Erzählung wie oft wiederholt werde, so Krone.
Würde Chemnitz ein Sicherheitsrisiko darstellen, dann würde sie das gerne abklopfen, sagt sie, allerdings nicht als Außenerzählung, sondern von innen.
Und so besingen Tanja Krone und ihre Band mit den "Songs of (In)Security" zwar individuelle Gefühle. Dass man dabei aber auch mit sich selbst und dem eigenen Sicherheits- beziehungsweise Unsicherheitsempfinden konfrontiert wird, während man vielleicht mit der Musik mitwippt oder sogar in den Refrain einstimmt, das ist nicht ausgeschlossen.
Mehr zum Garagen-Festival
Festival #3000 Garagen
6. bis 8. Juni 2025
- Freitag, 6. Juni
18:00 Uhr Eröffnung
19:30 Uhr Premiere Songs of (In)Security – Musiktheater mit Tanja Krone und Team
21:00 Uhr Kassettendisko mit Maik Sparwasser
- Samstag, 7. Juni
Bühnenprogramm von 12:00 Uhr bis 22 Uhr
mit Konzerten von SJU, Swing Art Quartet, Akkordeon Harmonists® Chemnitz u.a.
19:30 Uhr Songs of (In)Security – Musiktheater mit Tanja Krone und Team
Werkstätten ab 12 Uhr
Airbrush-Tattoos für Kinder, Kronkorken-Männel herstellen, Vogelperspektiven filzen
Literaturgarage
Mit dem Team des MDR KULTUR-Podcasts "Unter Büchern unterwegs"
13:30 bis 14:30 Uhr Garagengeschichten von Markus Lehmann und Leonore Cebulla
18:30–19:00 Uhr Eine Tür lass ich auf – Lesung des Figurentheaters Chemnitz
- Sonntag, 8. Juni
Bühnenprogramm von 12:30 Uhr bis 20 Uhr
mit Konzerten von The Nosebleeds, Gruppa Karl-Marx-Stadt u.a.
14:30 Uhr Garagen-Talkshow mit Lukas Rietzschel
18:00 Uhr Songs of (In)Security – Musiktheater mit Tanja Krone und Team
Werkstätten ab 12 Uhr
Duftbäume selber basteln und Garagen bauen
Literaturgarage
Mit dem Team des MDR KULTUR-Podcasts "Unter Büchern unterwegs"
13:30 und 16:30 Uhr KiKANiNCHEN-Party für Kinder
Quelle: MDR KULTUR (Grit Krause)
Redaktionelle Bearbeitung: op