Soldat der KSK im Training mit einem Gewehr - im Hintergrund Rauch
exklusiv

Prepper-Netzwerk Kaffee für den Untergang

Stand: 22.04.2025 16:46 Uhr

Der umstrittene Verein Uniter e.V. hat sich 2020 aufgelöst. Doch Mitglieder sind weiter aktiv, wie Recherchen von Report Mainz zeigen. Der Verfassungsschutz hat die Vereinigung im Visier und bewertet sie als "gesichert rechtsextremistisch".

Von Philipp Reichert und David Meiländer, SWR

"Lovebomb", "Assault" oder "Sniper": Die Namen der Kaffee-Röstungen klingen reißerisch, und doch wirkt der Online-Shop auf den ersten Blick unscheinbar. "Black Ops Coffee" nennt sich die Marke, die mit "starkem Kaffee für echte Helden" wirbt.

Hinter der Fassade des Kaffee-Versands hat sich ein Prepper-Netzwerk etabliert, das sich systematisch auf den "Tag X" vorbereitet, also auf den angeblich drohenden Zusammenbruch der staatlichen Ordnung. Kopf der Gruppe ist André S., ein ehemaliger Elite-Soldat der Bundeswehr, der heute nicht nur Kaffee verkauft, sondern auch als Mediator, Profiler und "Experte für Krisenmanagement" sein Geld verdient. Das zeigen Recherchen des ARD-Politikmagazins Report Mainz.

Untergangsszenarien und Kampftraining

Über einen Insider hatte Report Mainz monatelang Einblick in die Gruppe, die sich "Black Ops Community" nennt und deren Anhänger sich regelmäßig treffen, etwa zu Online-Kursen und "Community Calls", in denen André S. das ideologische Fundament der Gruppe legt und "Lagebilder" kommuniziert.

Immer wieder geht es um krude Untergangsfantasien, um die feste Überzeugung, dass Deutschland in den kommenden Jahren chaotische Zustände drohten. Flächendeckende Stromausfälle zählen dazu, die das Land zurück ins "Mittelalter" stürzten. Oder eine Invasion extremistischer "Schläfer", von denen angeblich hunderttausende in Deutschland lebten, eingeschleust vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdgan.

Waffen im Haus

Innerhalb der Gruppe geht es immer wieder auch um konkrete Vorbereitungen auf solche Szenarien, zum Beispiel um Bewaffnung. "Ob es die Axt, die Machete oder die Armbrust ist", rät André S. seinen Anhängern. "Du musst halt irgendwas zu Hause haben, um dich und deine Familie verteidigen zu können."

Fester Bestandteil der Vorbereitungen sind außerdem regelmäßige Nahkampftrainings. Report Mainz liegen Aufnahmen eines solchen Trainings vor. Sie zeigen unter anderem das Üben für die Auseinandersetzung mit der Polizei, etwa wie man aus Polizeikesseln ausbricht, Polizisten entwaffnen und verletzen kann. Laut Kursplan, der Report Mainz vorliegt, soll es in aufbauenden Trainings auch um den aktiven Einsatz von Messern und Schusswaffen gehen.

Experte: "Gefahr für die Innere Sicherheit"

Extremismus-Experten wie Professor Tom Mannewitz von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung zeigen sich angesichts der Recherchen besorgt. "Weil man sich ja offensichtlich nur auf eine Auseinandersetzung mit der Polizei vorbereitet, wenn man sie für wahrscheinlich hält", so Mannewitz. "Warum sollte man sich sonst darauf vorbereiten?" Der Extremismusexperte erkennt darin eine mögliche Gefahr für die Innere Sicherheit.

Besonders problematisch sei, dass sich "Black Ops Coffee" gezielt an Personen aus dem Sicherheitsbereich wendet. André S. sucht auch die Nähe zu Ex-Soldaten, wie die Recherchen von Report Mainz zeigen. Das ehemalige Mitglied des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr tritt als Reservist auf, bezeichnete sich öffentlich mehrfach als "Hauptfeldwebel der Reserve". 2022 lud er mit einem Reservisten-Verein sogar zu einem gemeinsamen Schießwettkampf ein, gerichtet unter anderem an die "Black-Ops-Coffee-Community" und "Soldaten der NATO-Partner".

Fortführung von Uniter

Der Kopf der Gruppe, André S., ist kein Unbekannter. Er war Mitgründer des umstrittenen Vereins Uniter e.V. Dieser war eigentlich gedacht, um ehemaligen Soldaten beim Weg ins Zivilleben zu helfen. 2018 geriet der Verein in die Öffentlichkeit, weil S. und andere Mitglieder in Verbindung zu einem extremistischen Prepper-Netzwerk gebracht wurden.

2020 löste sich der deutsche Verein Uniter e.V. auf, doch Mitglieder und Führungspersonen machen laut Bundesamt für Verfassungsschutz weiter, bis heute. "Unter anderem nach der Auflösung des deutschen Vereins führt ‘Uniter’ seine Aktivitäten seit 2021 in Form von 'Black Ops Coffee' und der 'Black Ops Coffee-Community' fort", erklärt die Behörde gegenüber Report Mainz.

Seit 2024 wird diese vom Bundesamt für Verfassungsschutz immer noch unter der Bezeichnung Uniter geführte Vereinigung als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft.

Kiesewetter: Bundesinnenministerium muss handeln

Auch deshalb fordert der CDU-Politiker und Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter, die Gruppe im Blick zu behalten. Auch ein Verbot müsse geprüft werden: "Hier muss das Bundesinnenministerium handeln", so Kiesewetter. "Ich hoffe, dass in den wenigen Wochen bis zur Neubildung der Bundesregierung die bisherige Bundesinnenministerin entsprechende Konsequenzen zieht."

Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage mit, man äußere sich grundsätzlich nicht zu etwaigen Verbotsverfahren, "auch um mögliche künftige Maßnahmen nicht zu gefährden". "Black Ops Coffee" und André S. ließen die Fragen von Report-Mainz unbeantwortet.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtet das Erste in der Sendung "Report Mainz" am 22. April 2025 um 21:45 Uhr.