![Benjamin Netanjahu und Donald Trump | AFP Benjamin Netanjahu und Donald Trump](https://images.tagesschau.de/image/3f9e4cd9-0911-4483-9df9-031ff13ff0a2/AAABlNWnL-g/AAABkZLrr6A/original/trump-netanjahu-110.jpg)
Gaza-Vorstoß Es ist Zeit, Trump etwas entgegenzusetzen
Einfach nur bizarr? Wer Trumps Gaza-Pläne als absurd abtut, macht es sich zu einfach, kommentiert Ralf Borchard. Der Vorstoß ist gefährlich, denn er stärkt die extremistischen Kräfte. Nun braucht es Gegenkonzepte.
Man kann es sich einfach machen und sagen: Donald Trumps Gaza-Vorstoß ist schlicht bizarr. Unrealistisch, absurd. Die Gedankenwelt eines Immobilienentwicklers. Man kann fragen: Erst Grönland kaufen, dann den Panamakanal zurückgewinnen, jetzt Gaza zur "Riviera des Nahen Ostens" machen - nimmt den Mann noch jemand ernst?
Vorsicht: Das hieße, Trump zu verharmlosen. Das ist zu einfach - aus mehreren Gründen.
Gaza-Vorstoß stärkt extremistische Kräfte
Erstens: Trump ist der gewählte Präsident der USA. Er befehligt das nach wie vor schlagkräftigste Militär der Welt. Er hat Macht, man muss sein Wort ernst nehmen.
Zweitens: Der Gaza-Vorstoß ist besonders gefährlich. Er stärkt die extremistischen Kräfte auf beiden Seiten: die extreme Rechte in Israel wie die Hamas im Gazastreifen. Und zuallerletzt denkt Trump an die Menschen, um die es eigentlich geht: die palästinensische Zivilbevölkerung. Für sie wäre die Umsiedlung eine erneute Vertreibung - völkerrechtswidrig, inakzeptabel.
Drittens muss man aber auch fragen, ob nicht ein Körnchen Wahrheit in Trumps Gedankengang steckt. Der Gazastreifen ist ja wirklich praktisch unbewohnbar, der Wiederaufbau wird viele Jahre dauern. Und braucht es nicht auch ganz neue Denkanstöße, um die ewige Gewaltspirale zu durchbrechen?
Wo ist der Gegenvorschlag?
Das führt viertens zur Frage: Wo ist der Gegenvorschlag? Wo sind die Gegenkräfte, wo ist das bessere Zukunftskonzept für Gaza?
Trumps Taktik ist durchschaubar, innen- wie außenpolitisch: Er schockiert mit Maximalforderungen, versetzt in helle Aufregung, verhandelt dann, sucht einen Deal - hat am Ende vielleicht nicht das Maximum, aber ein Stück davon erreicht.
Gerade deshalb müssen die Gegenkräfte aufwachen, in den USA und weltweit. Wo ist die demokratische Opposition im US-Kongress, wo sind die Republikaner, die noch nicht komplett eingeschüchtert sind? Wo ist die Zivilgesellschaft? Wo ist Europa, das mit einer Stimme spricht, Gegenkonzepte hat, eigene Ideen?
Beispiel Strafzölle
Beim Thema Strafzölle hat die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum vorgemacht, wie man Trump begegnen kann: ruhig bleiben, nachdenken, Trump ernst nehmen, ihn umgarnen, Pläne in der Tasche haben, die man als Zugeständnis verkaufen kann. Schon weicht er zumindest ein Stück zurück.
Es ist einfach, Trump unmöglich und bizarr zu finden. Es ist schwieriger, ihm etwas entgegenzusetzen.
Hallo Europa? Es ist Zeit zu kontern. Sonst verändert sich die Welt tatsächlich entlang der Phantasie eines Immobilien-Entwicklers.