Jette Nietzard
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Nach der Bundestagswahl ++ Grüne Jugend fordert Kurskorrektur der Partei ++

Stand: 25.02.2025 21:53 Uhr

Nach den Verlusten der Grünen bei der Bundestagswahl will deren Nachwuchsorganisation eine Kurskorrektur. Die Linke im Bundestag kam nach ihrem Wahlerfolg wieder als Fraktion statt als Gruppe zusammen.

Die wichtigsten Entwicklungen:

25.02.2025 • 21:53 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir beenden den heutigen Liveblog an dieser Stelle - vielen Dank für das Interesse!

Nach den Verlusten der Grünen bei der Bundestagswahl dringt deren Nachwuchsorganisation Grüne Jugend auf eine Kurskorrektur. "Wir werden diese Partei jetzt erneuern", sagte die Vorsitzende Jette Nietzard der Süddeutschen Zeitung. Sie warf der Parteispitze eine falsche Wahlkampfstrategie vor.

"Die Linken wurden gewählt für Dinge, die die Grünen genauso im Wahlprogramm stehen haben", sagte Nietzard. "Im Wahlprogramm standen sehr gute Dinge. Dass das nicht immer die Grundlage im Wahlkampf war, finde ich bedauerlich." Das Spitzenpersonal der Partei habe sich jedoch für einen anderen Kurs entschieden, fügte sie hinzu.

Die Abgeordneten der FDP-Bundestagsfraktion kommen am Mittwoch zu ihrer ersten Fraktionssitzung seit der Niederlage bei der Bundestagswahl zusammen (12.30 Uhr). Dem neuen Bundestag werden die Liberalen nicht mehr angehören, weil sie bei der Wahl zum zweiten Mal in ihrer Geschichte unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben waren.

Eines der Themen für die Sitzung am Mittwoch dürfte deshalb die anstehende Liquidation der Fraktion sein. Dafür muss die Fraktion Liquidatoren einsetzen, die sich um die Abwicklung der Vermögenswerte kümmern. Alle aus öffentlichen Mitteln bezahlten Besitztümer der Fraktion müssen erfasst werden, später dürften sie versteigert werden.

25.02.2025 • 18:57 Uhr

Wo Union und SPD noch uneins sind

CDU-Chef Merz sucht das Gespräch mit der SPD und will die Regierungsbildung rasch abschließen. Doch bis es überhaupt zu Koalitionsgesprächen kommt, gibt es einiges zu sondieren. Wo liegen die Parteien besonders weit auseinander?

Den ganzen Text lesen Sie hier:

Nach ihrem Wahlerfolg ist die künftige Fraktion der Linkspartei zum ersten Mal zusammengetreten. Im alten Bundestag war die Linke zuletzt als Gruppe vertreten, nachdem wegen des Austritts mehrerer Abgeordneter in der zurückliegenden Legislaturperiode die Mindeststärke für die Bildung einer Fraktion unterschritten wurde. Diese Abgeordneten waren zu dem neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gewechselt und hatten eine eigene Bundestagsgruppe gebildet. Im künftigen Bundestag wird die Linke wieder als Fraktion vertreten sein.

Die bisherigen Vorsitzenden der Gruppe Heidi Reichinnek und Sören Pellmann wurden kommissarisch im Amt bestätigt und sollen künftig die Fraktion leiten, wie beide nach der Sitzung in Berlin mitteilten. "Damit haben wir die Arbeitsfähigkeit für die nächsten Wochen hergestellt, um in Ruhe als Fraktion gemeinsam die Organisationsstruktur diskutieren zu können und den Vorstand zu wählen", erklärten Reichinnek und Pellmann. Zudem sei einstimmig beschlossen worden, dass künftig auch die beiden Parteivorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken im Fraktionsvorstand Stimmrecht erhalten. Weitere Fragen sollten später geklärt werden.

Knapper geht es kaum: Mit nur fünf Stimmen Unterschied hat die Stuttgarter Grünen-Kandidatin Simone Fischer bei der Bundestagswahl ihren Wahlkreis gewonnen. Mit 45.667 zu 45.662 Stimmen lag Fischer damit im Kopf-an-Kopf-Rennen um das Direktmandat im Wahlkreis Stuttgart I gegen ihre Kontrahentin von der CDU, Elisabeth Schick-Ebert, vorn. Das teilte der Kreiswahlausschuss der Stadt mit.

Der bereits hauchdünne Vorsprung der Landesbehindertenbeauftragten Fischer ist nach einer Überprüfung der Stimmen damit noch weiter geschrumpft. Zuvor waren standardmäßig die Stimmzettel überprüft worden, die als ungültig gewertet worden waren. Am Wahlabend hatte Fischer nach dem vorläufigen Endergebnis noch einen Vorsprung von 16 Stimmen. Beide Kandidatinnen erhielten 28,3 Prozent. Die Stadt hatte bereits am Wahlabend betont, es könne noch leichte Veränderungen geben, wenn das amtliche Endergebnis vorliege.

Die neue SPD-Bundestagsfraktion will am Mittwoch (10.00 Uhr) Parteichef Lars Klingbeil zu ihrem Vorsitzenden wählen. Er war zuvor durch den Partei- und Fraktionsvorstand nominiert worden. Der bisherige Fraktionschef Rolf Mützenich kandidiert nicht erneut.

Nach der Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl verkleinert sich die SPD-Fraktion von 207 auf 120 Abgeordnete. Die SPD hatte bei der Wahl nur noch 16,4 Prozent der Stimmen erhalten, nach 25,7 Prozent bei der Wahl 2021. Mützenich stand seit 2019 an der Spitze der SPD-Bundestagsfraktion. Klingbeil will auch Parteivorsitzender bleiben.

Die Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner hat Überlegungen, die Verteidigungsausgaben noch vom alten Bundestag über eine Grundgesetzänderung oder ein neues Sondervermögen erhöhen zu lassen, als Skandal bezeichnet. "Grüne und SPD sind hier in der Verantwortung, die Schnellschüsse eines Friedrich Merz nicht zu unterstützen", erklärte Schwerdtner. "Es wird für dieses erneute Sondervermögen zur Aufrüstung keine Stimmen der Linken geben", betonte sie.

Eine Reform der Schuldenbremse indes könne die Unterstützung ihrer Partei erhalten. "Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, massiv in Bildung, öffentliche Infrastruktur und eine gerechte Wirtschaft zu investieren."

Zehntausende haben in einem offenen Brief den Verbleib von Robert Habeck in der Politik gefordert. In einer Zeit voller Krisen brauche es "Menschen - und noch wichtiger Führungspersönlichkeiten - wie dich", heißt es in der Beschreibung zu einer Online-Petition, die am Montag ins Leben gerufen und in weniger als 24 Stunden von mehr als 75.000 Menschen unterzeichnet wurde. Der Kanzlerkandidat der Grünen widersetze sich "dem rückwärtsgewandten, zynischen und entmenschlichten Diskurs" und stehe ein für "Verstand, Zusammenhalt und Zuversicht", heißt es weiter. "Du bist für viele ein Hoffnungsträger. Und Hoffnungsträger dürfen nicht gehen, wenn sie am meisten gebraucht werden, sondern müssen Führung und Verantwortung übernehmen."

Habeck hatte nach dem schlechten Abschneiden seiner Partei bei der Bundestagswahl angekündigt, keine führende Rolle bei den Grünen mehr anzustreben.

25.02.2025 • 16:42 Uhr

Linke: Mehr als 100.000 Mitglieder

Die Linke hat binnen zwei Wochen noch einmal rund 20.000 Mitglieder hinzugewonnen und liegt nun bei rund 102.400. Ein Parteisprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der Frankfurter Rundschau. Die Partei erlebt seit Wochen eine beispiellose Eintrittswelle. Bei der Bundestagswahl erreichte sie 8,8 Prozent der Stimmen.

Am 11. Februar hatte die Linke 81.200 Mitglieder gemeldet, damals ein Rekordwert seit der Parteigründung 2007. Seit Jahresbeginn sind nach Angaben der Partei 43.250 Menschen hinzugekommen. Parteichefin Ines Schwerdtner hatte am Montag mit Blick auf die vielen neuen Mitglieder gesagt: "Wir sind praktisch eine neue Partei."

Bundesfinanzminister Jörg Kukies drängt auf rasche Gespräche über eine Grundgesetzänderung für neue Schulden. Die Zeit bis zur Konstituierung des neuen Bundestags sei "denkbar knapp für ein solch komplexes Vorhaben", sagte der SPD-Politiker dem "Stern". "Deshalb müssen nun die Fraktionen des Deutschen Bundestags schnell die nötigen Gespräche aufnehmen." Grundsätzlich spreche nichts gegen ein Eilverfahren.

"Rein rechtlich gesehen ist eine Änderung des Grundgesetzes möglich, um die derzeit diskutierten Finanzvorschläge, wie die Reform der Schuldenbremse oder für die Einrichtung eines neuen Sondervermögens, umzusetzen. Denn der jetzige Bundestag ist bis zur Konstituierung des neuen Bundestages voll handlungsfähig, er verfügt über alle Rechte. Dies schließt auch eine Änderung des Grundgesetzes ein."

CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist mit großer Mehrheit als Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag bestätigt worden. Der 69-Jährige erhielt bei der konstituierenden Sitzung der neuen Fraktion nach Angaben aus Fraktionskreisen 98 Prozent der Stimmen. Es wurden 205 Stimmen abgegeben, 201 Abgeordnete stimmten für Merz, es gab 4 Nein-Stimmen.

Bei seiner ersten Wahl zum Fraktionsvorsitzenden Mitte Februar 2022 hatte Merz 89,5 Prozent erhalten. Bei der laut Statut nötigen Bestätigung hatte er sieben Monate später 87 Prozent bekommen. Die Union rechnet bei den Wahlergebnissen Enthaltungen heraus. Merz hatte das Amt des Fraktionsvorsitzenden schon von 2000 bis 2002 inne.

Die SPD will nach Berichten nur dann eine Koalition mit der CDU/CSU eingehen, wenn die Parteimitglieder dem zuvor mehrheitlich zugestimmt haben. "Das letzte Wort haben die Mitglieder. Die Mitglieder werden am Ende die Entscheidung treffen", sagte Parteichef Lars Klingbeil laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung in einer Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin. Klingbeil habe zudem parteiinterne Kritik an seinem Vorhaben eingeräumt, sich am Mittwoch zusätzlich zum Fraktionsvorsitzenden wählen zu lassen. Die zuvor auch von anderen SPD-Politikerinnen und -Politikern in Aussicht gestellte Mitgliederbefragung könnte den straffen Zeitplan von CDU-Chef Friedrich Merz ins Wanken bringen, möglichst bis Ostern die Bildung der neuen Bundesregierung abzuschließen.

Laut SZ werden für die Befragung der etwa 360.000 Parteimitglieder SPD-intern etwa zwei Wochen veranschlagt. Klingbeil machte vor der Fraktion demnach auch erneut deutlich, es gebe keinen Automatismus für ein Regierungsbündnis der Sozialdemokraten mit der Union.

CDU-Chef Friedrich Merz und der CSU-Vorsitzende Markus Söder haben an die SPD appelliert, schnell die Bildung einer handlungsfähigen Regierung zu ermöglichen. Merz erneuert das Ziel, bis Ostern eine neue Regierung zu haben. "Das alles setzt einen gut ausverhandelten Koalitionsvertrag mit der SPD voraus", betonte er. "Ich gehe davon aus, dass wir einen guten Koalitionsvertrag mit den Sozialdemokraten verabreden können." Auf Unionsseite würden Söder und er die Verhandlungen führen. Er sagte, dass die erneute Reform des Wahlrechts auf jeden Fall Teil eines Koalitionsvertrags sein müsse. Söder forderte "schnelle, sichere und solide" Verhandlungen. In einem Koalitionsvertrag müssten die relevanten Dinge ausdiskutiert, aber nicht alle "endlosen Einzeldetails" genannt werden. Deshalb brauche man in den Verhandlungen auch nicht zahllose Arbeitsgruppen wie bei früheren Regierungsbildungen.

Friedrich Merz, Fraktionsvorsitzender CDU/CSU, zur Konstituierung der Bundestagsfraktionen

tagesschau24, 25.02.2025 14:00 Uhr

Der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Peter Boehringer, warnt vor einem Beschluss des alten Bundestags zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben. "Der 20. Bundestag ist spätestens mit der Bundestagswahl von vorgestern Geschichte", erklärte Boehringer. "Noch nie hat in den 30 verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Tagen zwischen Bundestagswahl und Neukonstituierung des nächsten Bundestags der alte noch Gesetze oder gar Grundgesetzänderungen beschlossen." Ein solcher "kalter Staatsstreich gegen unser Steuer- und Staatsvermögen" dürfe nicht zugelassen werden.

CDU-Chef Friedrich Merz lehnt eine schnelle Reform der Schuldenbremse ab. "Es ist in der naheliegenden Zukunft ausgeschlossen, dass wir die Schuldenbremse reformieren", sagte er vor der Sitzung der neuen CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Dies sei "eine ziemlich umfangreiche, schwierige Arbeit, die da zu leisten" sei. Er habe schon immer gesagt, dass man nach einem Kassensturz auch über die Veränderungen an der Schuldenbremse reden könne, die aber im Grundgesetz verankert bleiben müsse. Zu Überlegungen, noch mit dem alten Bundestag ein neues Sondervermögen Bundeswehr zu beschließen, fügt er hinzu: "Wir sprechen miteinander, aber es ist viel zu früh, darüber jetzt schon etwas zu sagen. Ich sehe es im Augenblick als schwierig an."

Zuvor hatte auch CSU-Chef Markus Söder erklärt, eine Reform der Schuldenbremse werde nicht mehr vom alten Bundestag beschlossen. Mit Blick auf eine Aufstockung der Mittel für die Bundeswehr in Form eines Sondervermögens forderte er, es wäre wichtig, dass Deutschland ein "wuchtiges Signal" setze.

Die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge will sich im Bundestag weiter für ein AfD-Verbot einsetzen. Durch die Aufnahme von Matthias Helferich in die AfD-Fraktion sei deutlich geworden, dass die Partei "die größte Gefahr für unsere Demokratie" darstelle, sagte Wegge der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstag, online) direkt nach der konstituierenden Sitzung der AfD-Fraktion: "Sie entscheidet sich bewusst, ihre offen rechtsextremen Gesichter in die erste Reihe zu stellen." Umso wichtiger sei es nun, "dass sich alle demokratischen Fraktionen darin einig werden, diese Partei vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen", betonte die SPD-Politikerin. Dafür werde sie weiter kämpfen.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich erwartet von seinem wahrscheinlichen Nachfolger Lars Klingbeil, dass dieser die Partei "mit klarer Stärke, mit klarer Autorität, mit klarer Überzeugung" in die Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung führt. Klingbeil müsse Konzentration und Konsequenz zeigen, "weil natürlich vielleicht der Wahlsieger glaubt, man kann uns in irgendeiner Form zu etwas drängen". Das sei aber nicht der Fall, betonte Mützenich vor einer Sitzung der alten und neuen SPD-Fraktion. "Ja, wir tragen Verantwortung, aber wir werden uns zu nichts drängen lassen, was wir nicht verantworten können."

Der 65-jährige Mützenich leitet die Fraktion seit fünf Jahren und fünf Monaten. Am Mittwoch soll Klingbeil zu seinem Nachfolger gewählt werden, der bereits am Sonntagabend unmittelbar nach der desaströsen Wahlniederlage der SPD vom Parteipräsidium vorgeschlagen wurde.

Rolf Mützenich

Der scheidende SPD-Fraktionschef Mützenich fordert in Bezug auf Gespräche mit der Union, "sich zu nichts drängen lassen, was wir nicht verantworten können."

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hat sein Bedauern über einen möglichen Verlust des SPD-Sitzungssaals im Bundestag ausgedrückt. "Sie bohren in einer tiefen Wunde bei mir", antwortete Mützenich vor einer Fraktionssitzung in Berlin auf die Frage, ob die SPD einen der größeren Säle als nur noch drittstärkste Kraft nicht abgeben müsse. "Ich möchte den Otto-Wels-Saal nicht hergeben", betonte er. 

Die AfD hatte auf Anfrage der "Rheinischen Post" vor der Wahl Interesse am Otto-Wels-Saal angemeldet. Entschieden würde im Ältestenrat, sagte der erste parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, der Nachrichtenagentur dpa.

Die Verhandlungen zwischen der Union und der SPD sollten nach dem Willen der CSU zeitnah beginnen. "Wir würden gerne auch zügig in den nächsten Tagen, wenn sich die SPD-Faktion dann morgen konstituiert hat, mit ersten Spitzengesprächen beginnen", sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nach der konstituierenden Sitzung der CSU im Bundestag. Diese erste Runde solle dafür sorgen, "dass wir dann mit Sondierungen starten können".

Dobrindt erklärte, die Union sei sich "auch einig darüber, dass wir eine Regierung gerne bis Ostern dieses Jahres dann installiert sehen". Diesen Zeitplan hatte auch CDU-Chef Friedrich Merz bereits betont. "Wir glauben, dass die Möglichkeit da ist, stellen uns zumindest auch so auf", sagte Dobrindt. Es sei nun an der SPD, die Bereitschaft zu den Verhandlungen zu erklären, sagte Dobrindt. "Wir wissen, dass das nicht sehr schnell aus der Hüfte geht, sondern dazu braucht es natürlich eine Reihe von Gesprächen."

Die Linke drängt die Union, ihren Unvereinbarkeitsbeschluss gegen eine Zusammenarbeit beider Seiten aufzuheben. Zudem müsse CDU-Chef Friedrich Merz sich für die gemeinsame Abstimmung der Union mit der AfD entschuldigen, sagte Linken-Gruppenchef Sören Pellmann. "Dann können wir gerne ins Gespräch kommen." Die Linke hatte bei der Bundestagswahl 8,8 Prozent der Stimmen erhalten und wird künftig 64 Abgeordnete im Parlament stellen. Ihre Stimmen könnten für eine Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundgesetzes gebraucht werden, etwa zur Reform der Schuldenbremse. 

Co-Gruppenchefin Heidi Reichinnek sagte, die Linke könne in der Opposition jetzt das "Zünglein an der Waage" sein und eine zentrale Rolle spielen für ein soziales Land. "Und das werden wir nutzen, genau in dem Sinn, in dem wir das den Menschen versprochen haben", sagte Reichinnek. 

Die Linke sei zu Gesprächen mit den demokratischen Fraktionen im Bundestag bereit. "Wir werden eine Reform oder eine Streichung der Schuldenbremse dann mittragen, wenn sie Investitionen in die Zukunft unseres Landes ermöglicht", sagte sie. "Dreckige Deals" für eine Aufrüstung lehne man ab. Gesprächssignale der Union gebe es bisher nicht.

Die CSU-Abgeordneten im Bundestag haben Alexander Dobrindt einstimmig erneut zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Nach CSU-Angaben wurde in der konstituierenden Sitzung der CSU-Landesgruppe Alexander Hoffmann ebenfalls einstimmig als Parlamentarischer Geschäftsführer bestätigt. Die CSU hatte bei der Bundestagswahl in Bayern in allen 47 Wahlkreisen das Direktmandat gewonnen. Wegen der neuen Regeln des Wahlrechts wird sie im neuen Bundestag aber nur mit 44 Abgeordneten vertreten sein.

Lars Klingbeil sollte nach Meinung von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter nach dem Wahldebakel seiner Partei alleiniger SPD-Chef werden. "Lars Klingbeil ist tatsächlich für mich persönlich der Hoffnungsträger der SPD für die nächsten Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte", sagte Reiter der Nachrichtenagentur dpa in München. "Er hat alles, was uns abgegangen ist. Er ist sympathisch, er ist klar, er ist jemand, der sich gut ausdrücken kann."

Bisher steht Klingbeil mit Co-Chefin Saskia Esken an der Spitze der Partei. Zudem hat er sich nach der Wahl als Fraktionschef im Bundestag beworben. Klingbeil habe damit zwar "natürlich auch eine Teilverantwortung als Parteivorsitzender für das Wahlergebnis", sagte Reiter. Aber er wisse ziemlich sicher, dass Klingbeil vor der Wahl "nicht alles umsetzen konnte, was er sich vorgestellt hatte". Klingbeil brauche "jetzt eine klare Machtposition, damit er auch einen vernünftigen Verhandlungsstil und eine vernünftige Verhandlungsposition der CDU/CSU gegenüber hat", betonte Reiter. Das Thema Doppelspitze solle die Partei daher der Vergangenheit angehören lassen.

"Da kann noch viel aus Lars Klingbeil werden", Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler, zur Zukunft der SPD-Führung

Mittagsmagazin, 25.02.2025 13:00 Uhr

Der scheidende SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hat betont, dass eine Regierungsbeteiligung seiner Partei nicht sicher sei. Die SPD sei wahrscheinlich die einzige demokratische Alternative für eine künftige Bundesregierung mit der Union, sagte er in Berlin. Sie müsse nun entscheiden, ob es darum gehe, nur das Schlimmste zu verhindern oder Politik auch gestalten zu können.

Mützenich warf CDU-Chef Friedrich Merz erneut schweren Wortbruch durch die Abstimmung mit der AfD bei einem Antrag zur Migrationspolitik im Bundestag vor. Mit Blick auf die Debatte über die Schuldenbremse oder ein neues Sondervermögen Bundeswehr und den Meinungswandel der Union nach der Wahl warf er Merz leichtfertiges taktisches Verhalten vor. Er habe der Union seit Jahren mit Blick auf die nötigen Ausgaben für Sicherheit und Investitionen eine Reform angeboten, die immer wieder abgelehnt worden sei.

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) , Moritz Schularick, hat sich dafür ausgesprochen, noch im alten Bundestag Geld für die Bundeswehr über ein Sondervermögen zu mobilisieren. "Es ist richtig und wichtig, jetzt schnell viel Geld für unsere Verteidigungsfähigkeit zu mobilisieren, um eine glaubhafte Abschreckung gegenüber Russland aufzubauen und uns vom Schutz und damit der Abhängigkeit der USA unabhängig zu machen", sagte Schularick. Es sei auch richtig, das kurzfristig über Schulden zu finanzieren. "Umschichtungen im Haushalt sind in größerem Umfang erst in der mittleren Frist realistisch", erklärte Schularick.

Die demokratischen Parteien sollten jetzt die Gunst der Stunde und ihre verbleibende Zweidrittelmehrheit im alten Bundestag nutzen, um geopolitisch handlungsfähig zu bleiben. "Der entschlossenste und weitsichtigste Schritt dafür wäre es, die Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse auszunehmen."

Wie stehen die Chancen, dass die Reform der Schuldenbremse noch durch den scheidenden Bundestag entschieden wird? "Grundsätzlich hätte man dafür schon noch Zeit", sagt ARD-Korrespondent Alexander Budweg. Der neue Bundestag müsse bis zum 25. März zusammentreten, man habe also noch vier Wochen. Doch während sich SPD und Grüne offen dafür zeigten, sei sich die Union uneins.

Alexander Budweg, ARD Berlin, zur Reform der Schuldenbremse und der konstituierenden Sitzung der AfD-Fraktion

tagesschau, 25.02.2025 12:00 Uhr

Union und SPD haben nach der Bundestagswahl erste Gespräche mit Blick auf eine Regierungsbildung aufgenommen. Wahlsieger und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kam für etwa eineinhalb Stunden im Kanzleramt mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen. Der CDU-Chef traf gegen 10.30 Uhr an der Regierungszentrale ein und verließ sie gegen 12.00 Uhr wieder.

Bei dem Gespräch dürfte es um die Gestaltung der Übergangsphase zwischen der Bundestagswahl und der Bildung einer neuen Regierung gegangen sein. Der CDU-Vorsitzende hatte schon für den gestrigen Montag eine Unterredung mit SPD-Chef Lars Klingbeil angekündigt. Union und SPD stehen vor schwierigen Verhandlungen über eine mögliche gemeinsame Regierung.

Union und SPD planen Sondierungsgespräche, konstituierende AfD-Fraktionssitzung,

Dominic Hebestreit, ARD Berlin, tagesschau, 25.02.2025 12:00 Uhr

In der Diskussion um die personelle Neuausrichtung der FDP hat sich die Europapolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann für eine "Teamlösung" in ihrer Partei ausgesprochen. "Es wird nicht mehr den großen Vorsitzenden, die große Vorsitzende geben können", sagte Strack-Zimmermann im rbb. Die Partei werde "in dieser Woche entscheiden, welches Team die FDP in den nächsten Bundestag führt". Nach dem Wahldebakel am Sonntag hatten Parteichef Christian Lindner und Generalsekretär Marco Buschmann ihren Rückzug angekündigt.

Die FDP hatte bei der Bundestagswahl mit 4,3 Prozent das historisch schlechteste Wahlergebnis geholt und ist damit zum zweiten Mal nach 2013 aus dem Parlament geflogen. Nach Lindners Rückzugsankündigung zeigte sich Strack-Zimmermann offen für die künftige Übernahme des FDP-Vorsitzes, ebenso wie der bisherige Vizechef Wolfgang Kubicki. Strack-Zimmermann sagte dazu, es gehe "jetzt nicht um das Wettrennen, wer wird der große Zauberer. Das wird auch gar nicht funktionieren".

In der Debatte über ein neues kreditfinanziertes Sondervermögen für die Bundeswehr beharren die Grünen auf einer generellen Reform der Schuldenbremse. "Warum sollte ich denn akzeptieren, dass wir allein über Sicherheit sprechen, wenn die gesamte deutsche Wirtschaft verlangt, dass die Schuldenbremse auch für die Wirtschaft reformiert wird?", sagte Fraktionschefin Katharina Dröge mit Blick auf mögliche Gespräche mit Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz.

Für eine Reform der Schuldenbremse oder ein weiteres Sondervermögen benötige Merz im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit und damit auch die Grünen. "Wer mit uns verhandeln möchte, kann sehr gerne anrufen." Grundsätzlich sei es allerdings "schlauer, die Reform der Schuldenbremse nicht über Sondervermögen zu lösen". Es gehe nicht nur um das Thema Sicherheit und Verteidigung, sondern auch um Investitionen in Bildung, Klimaschutz, Infrastruktur und Wirtschaft.

Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann zeigte sich offen für Überlegungen, den Bundestag noch in alter Zusammensetzung in einer Sondersitzung eine Reform der Schuldenbremse beschließen zu lassen. Sie merkte jedoch an, dass eine Abstimmung durch den scheidenden Bundestag "keine unproblematische Entscheidung" sei. Die Wählerinnen und Wähler hätten den neuen Bundestag bereits gewählt und sie halte das demokratietheoretisch "nicht für locker und easy". Das werde dann Merz verantworten müssen.

Bei der konstituierenden Sitzung der neuen AfD-Fraktion wurden alle 152 am Sonntag gewählten Bundestagsabgeordneten in die Fraktion aufgenommen - darunter auch der Rechtsextremist Matthias Helferich und der frühere Europa-Spitzenkandidat Maximilian Krah. Beide sind für verharmlosende Äußerungen über den Nationalsozialismus bekannt und daher sehr umstritten.

In einem schriftlichen Statement warnte die Landesgruppe Nordrhein-Westfalen der AfD-Fraktion vor den Folgen der Aufnahme Helferichs in die Fraktion. Weidel und Chrupalla hätten "alle Informationen und Warnungen erhalten", zitiert Zeit Online den Text. Nach der Aufnahme hätten "Weidel und Chrupalla alle evtl. Folgen und Skandale zu verantworten". In der Landesgruppe hatte es am Montagabend heftige Diskussionen gegeben, ob Helferich in die Fraktion aufgenommen werden soll.

Helferich war bereits 2021 als AfD-Kandidat in den Bundestag gewählt worden, verzichtete aber nach umstrittenen Äußerungen mit NS-Bezug auf eine Mitgliedschaft in der Fraktion und saß seitdem als Fraktionsloser im Bundestag. Helferich hatte sich 2017 in einem Facebook-Chat als "das freundliche Gesicht des NS" bezeichnet.

Krah saß bislang für die AfD im Europaparlament, wurde dort aber nach einer Reihe von Skandalen und umstrittenen Äußerungen aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen. Unter anderem wurde Krah vorgeworfen, Gelder aus Russland angenommen zu haben, was er bestritt. Wenige Wochen vor der Europawahl hatte Krah mit verharmlosenden Äußerungen über die SS für zusätzliche Empörung gesorgt. 

Angesichts einer möglichen schwarz-roten Koalition sieht der Politikwissenschaftler Stefan Marschall die SPD und die Union vor einer großen Herausforderung. "Das wird sicherlich kein Spaziergang, wenn es jetzt in die Verhandlungen geht". Beide Parteien hätten sich in den vergangenen Jahren auseinandergelebt. Man werde nicht einfach an die alte schwarz-rote Koalition der Vergangenheit anknüpfen können. Man werde neu ansetzen und sich in einigen Politikfeldern annähern müssen. "Das wird funktionieren hier und dort. Es gibt sicherlich Bereiche, wo man ganz schnell auch Kompromisse und einen gemeinsamen Konsens finden kann. Aber es wird sicher auch Bereiche geben, in denen es sehr sehr harte Verhandlungen geben wird", so Marschall.

Politikwiss. Stefan Marschall zu möglicher Neuauflage der "Groko"

tagesschau24

Die Linke holt bei der Bundestagswahl 8,77 Prozent der Stimmen und zieht überraschend stark ins neue Parlament ein - nachdem vor einigen Wochen noch kaum jemand daran geglaubt hätte, dass es überhaupt für die 5-Prozent-Hürde reicht. Uwe Jahn aus dem ARD-Hauptstadtstudio beobachtet die Partei seit Jahren. Mit ihm analysiert 11KM die Hintergründe des Aufwärtstrends: Woher kommt der Erfolg und wie nachhaltig wird er sein?

25.02.2025 • 10:35 Uhr

Erstes Gespräch von SPD und Union

Nach der Wahl haben sich Spitzen von Union und SPD erstmals getroffen. Inhalte wurden nicht bekannt, aber erste Forderungen: Der Ton müsse sich ändern, sagte SPD-Chef Klingbeil. Die Union pocht auf eine Wahlrechtsreform:

Alice Weidel und Tino Chrupalla sollen die stark angewachsene AfD-Fraktion im Bundestag weiterhin anführen. Die neu gewählten Abgeordneten bestätigten bei der konstituierenden Sitzung der AfD-Fraktion in Berlin das Führungsduo mit großer Mehrheit im Amt. Weidel und Chrupalla bekamen 135 von 144 abgegebenen Stimmen. Es gab 7 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen. Die neue AfD-Fraktion hatte sich zuvor konstituiert. Die AfD hatte ihr Ergebnis bei der Bundestagswahl von 10,4 auf 20,8 Prozent verdoppelt und stellt jetzt 152 Abgeordnete, nach zuletzt 77 in der zu Ende gehenden Legislaturperiode.

25.02.2025 • 10:00 Uhr

Was die Oppositionsparteien planen

Die Linke, die Grünen und die AfD - diese drei Parteien werden im neuen Bundestag auf der Oppositionsbank sitzen. Schon jetzt bereiten sie sich darauf vor, die Politik der künftigen Regierung beeinflussen zu können. Welche Pläne sie haben:

Die Rolle der Opposition

Kerstin Dausend, ARD Berlin, Morgenmagazin, 25.02.2025 08:00 Uhr

Die neue AfD-Fraktion im Bundestag besteht darauf, künftig Vorsitze von Bundestagsausschüssen zu besetzen und erhebt Anspruch auf einen Vizepräsidentenposten im Bundestag. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Bernd Baumann, verwies im Deutschlandfunk darauf, dass die Fraktion jetzt doppelt so stark sei und entsprechende Ansprüche habe. "Wir haben ja jetzt fast ein Viertel aller Abgeordneten und die noch mal vonseiten irgendwelcher rot-grünen Mainstream-Mehrheiten bis tief in die CDU hinein noch mal irgendwie auszuschließen, das dürfte schwerfallen", sagte Baumann.

Seit ihrem Einzug in den Bundestag im Jahr 2017 war die AfD als einzige Fraktion noch nie im Parlamentspräsidium vertreten. Sämtliche Kandidaten für einen Vizepräsidenten verfehlten bisher die erforderliche Mehrheit. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode blieben der AfD auch Vorsitzposten von Bundestagsausschüssen verwehrt, da ihre Kandidaten in den Ausschüssen durchfielen. Eine Klage der AfD vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen war ohne Erfolg geblieben.

Die Aussage von CDU-Chef Friedrich Merz, dass der mit einem internationalen Haftbefehl belegte israelische Premierminister Benjamin Netanjahu Deutschland ohne Konsequenzen besuchen könnte, hat Kritik ausgelöst. Der Den Haager Gerichtshof betonte, es sei nicht Sache von Mitgliedstaaten, die Entscheidungen des Gerichts einseitig zu beurteilen. "Die Unabhängigkeit des IStGH ist dabei von zentraler Bedeutung, und wir respektieren seine Verfahrensabläufe sowie die Entscheidungen seiner Organe. Dies gilt ausnahmslos", sagte SPD-Außenpolitiker Nils Schmid der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings fügte er hinzu, dass "das Gebot kluger Diplomatie" erfordere, dass die Bundesregierung "geeignete Mittel und Wege finden wird, auch in Zukunft enge Beziehungen zur israelischen Regierung zu pflegen, ohne die Autorität des IStGH zu untergraben".

Netanjahu hatte Merz am Sonntag zu dessen Wahlsieg gratuliert. Am Montag verkündete sein Büro, dass Merz dabei eine Einladung ausgesprochen habe - trotz der "skandalösen Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, den Ministerpräsidenten als Kriegsverbrecher zu bezeichnen". Der IStGH hatte den rechtskonservativen Politiker dafür verantwortlich gemacht, den Krieg im Gazastreifen gegen die radikal-palästinensische Hamas-Bewegung mit ungerechtfertigter Härte geführt zu haben. Er weist dies zurück. Deutschland gehört zu den Unterzeichnern des Statuts des Gerichtshofs, müsste sich eigentlich an dessen Vorgaben halten und gilt als Verfechter der Autorität internationaler Organisationen und des Völkerrechts.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat vor einer überhasteten Reform der Schuldenbremse gewarnt. "Die neue Bundesregierung muss erst mal Prioritäten setzen und den Haushalt auf Einsparpotenziale durchforsten", sagte er der "Rheinischen Post". Dazu gehöre auch, vom Bund verursachte Kostentreiber bei Ländern und Kommunen zu identifizieren, die entbehrlich seien. "Dann kann man schauen, was im Rahmen der geltenden Schuldenbremse möglich ist und erst dann über ihre Reform nachdenken."

Wüst betonte: "Die Schuldenbremse sorgt für finanzpolitische Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit". Der wichtigste Beitrag zur besseren Finanzierung der staatlichen Aufgaben sei Wirtschaftswachstum. Die Schuldenbremse sei auch in der nordrhein-westfälischen Landeshaushaltsordnung festgeschrieben, so Wüst - "das sorgt für klare Verbindlichkeit".

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter hat den Vorschlag begrüßt, noch mit dem alten Bundestag die Schuldenbremse zugunsten von höheren Verteidigungsausgaben zu öffnen. Mit der im neuen Bundestag bestehenden Sperrminorität von Linken und AfD drohe eine künftige Bundesregierung ansonsten erpressbar zu werden, sagte Hofreiter am Dienstag im ARD-Morgenmagazin. Deshalb sei eine Neuregelung noch im bisherigen Bundestag eine "gute Idee".

Hofreiter sagte, "die Schuldenbremse ist ein Riesenproblem". Sie schränke die Handlungsfähigkeit des Parlaments ein. Die Menschen in Deutschland hätten noch nicht verstanden, dass sich die Welt in einem "Epochenbruch" befinde. Vertreter von Grünen und SPD hatten nach der Bundestagswahl den Vorstoß gemacht, die Schuldenbremse zu reformieren. CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich dafür offen gezeigt und angekündigt, vertrauliche Gespräche mit SPD, Grünen und FDP zu führen.

Die Union könnte mit diesen Parteien eine für Änderungen am Grundgesetz nötige Zweidrittelmehrheit im Bundestag erreichen. Im neuen Bundestag haben AfD und Linke so viele Stimmen, dass Union, SPD und Grüne zusammen nicht mehr eine Zweidrittelmehrheit erreichen können.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, hält die schnelle Einrichtung eines Sondervermögens für Ukraine-Hilfen für möglich. Er wolle nicht ausschließen, "dass angesichts der hochdynamischen außenpolitischen Veränderungen, der möglicherweise sich weiter steigenden Bedrohungslage unseres Landes, sehr schnell Entscheidungen ganz spezifisch im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik notwendig sind", sagte Frei im Deutschlandfunk.

Bereits CDU-Chef Friedrich Merz hielt die Einrichtung eines Sondervermögens für die Ukraine-Hilfen nach der Wahl für möglich. Zu einer Reform der Schuldenbremse noch mit der Mehrheit des alten Bundestages zeigte sich Frei allerdings erneut skeptisch. Eine Änderung des Grundgesetzes sei "keine kleine Sache". "Und wenn Sie von einer Reform der Schuldenbremse sprechen, ist es eine gewaltige Aufgabe, die im Zweifel ja nicht auf ein einziges Thema begrenzt wäre." 

CSU-Chef Markus Söder sieht Union und SPD in der Pflicht, gemeinsam eine neue Regierung zu bilden. Deutschland stehe vor einer historisch schwierigen Situation, ökonomisch wie außenpolitisch, sagte der bayerische Ministerpräsident im ARD-Morgenmagazin. Hinzu komme die Stärke der politischen Ränder. "Also müssen wir uns am Riemen reißen und müssen tatsächlich eine Regierung bilden, die die Migrationsfrage löst und auch die Wirtschaftsfrage löst", betonte Söder. 

Markus Söder, CSU-Vorsitzender, zu möglichen Koalitionen

Morgenmagazin, 25.02.2025 07:00 Uhr

Da im neuen Bundestag AfD und Linke eine Sperrminorität haben, um das Grundgesetz ändern zu können, wird derzeit debattiert, ob die Schuldenbremse noch mit der Mehrheit des alten Bundestages gelockert werden könnte. Söder sagte dazu, dies müsse man genau prüfen. Es gebe Argumente dafür und dagegen. "Ich bin da etwas zurückhaltend", sagte der CSU-Chef. Fakt sei aber, dass die Verteidigungsausgaben deutlich erhöht werden müssten. Das werde noch eine "knifflige Aufgabe", betonte Söder. Um so wichtiger sei, dass die SPD hier keine neuen Hürden aufbaue.

Was ist eine Sperrminorität?
Fraktionen, die im Bundestag rechnerisch mehr als ein Drittel der Sitze erhalten, haben eine sogenannte Sperrminorität. Mit dieser können sie Entscheidungen blockieren, bei denen eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich ist. Zwei-Drittel-Mehrheiten sind unter anderem für Verfassungsänderungen nötig - etwa zur Reform der Schuldenbremse oder auch bei der Nominierungen von Verfassungsrichtern.

Zusammen mit der Linken kommt die AfD auf 216 der 630 Sitze und damit auf knapp mehr als ein Drittel. Damit verfügen sie über eine Sperrminorität. Union, SPD und Grüne dagegen kommen zusammen auf nicht genug Mandate, um mit nötiger Zwei-Drittel-Mehrheit Grundgesetzänderungen durchzusetzen.

Nach dem Scheitern der FDP bei der Bundestagswahl hat Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann eine breitere thematische Aufstellung angemahnt. Auf die Frage, ob sie sich eine Kandidatur für den Parteivorsitz vorstellen könnte, sagte die aus Düsseldorf stammende Politikerin auf WDR 5: "Die Frage stellt sich nicht." Die FDP sei ein Team und müsse jetzt zusammen über Ergebnis und Konsequenzen beraten, sich breiter aufstellen. Die Lage sei zu ernst, um die Dinge "einfach übers Knie zu brechen", betonte die Europa-Abgeordnete und Verteidigungsexpertin.

Die FDP hatte bei der Wahl mit 4,3 Prozent der Zweitstimmen die Rückkehr in den Bundestag verfehlt und muss nun - wie schon 2013 - in die außerparlamentarische Opposition gehen. Es sei "für den deutschen Liberalismus grauenvoll", dass die FDP aus dem Bundestag geflogen sei. Der Vorsitzende Christian Lindner hatte seinen Rückzug erklärt. Parteivize Wolfgang Kubicki zeigte sich daraufhin nicht abgeneigt, als sein Nachfolger zu kandidieren. Strack-Zimmermann sagte dazu, die FDP müsse ein Team bilden, in dem auch Bürgerrechte wieder eine verstärkte Rolle spielen müssten. 

Strack-Zimmermann ergänzte: "Ich persönlich habe in Europa extrem viel zu tun." Die FDP-Politikerin leitet im Europaparlament den Verteidigungs- und Sicherheitsausschuss. "Ich kann Ihnen sagen, angesichts der brutalen Angriffe auf die Ukraine, angesichts eines Donald Trump, einer amerikanischen Regierung, die uns droht, den Rücken zuzudrehen oder es schon tut, haben wir enorme Herausforderungen, die ich auch als Parlamentarierin in dem Parlament mit bewältigen muss."

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, will auch künftig in der Spitze ihrer Fraktion mitwirken. "Ich werde für den Fraktionsvorstand zur Verfügung stehen", sagte Haßelmann im Deutschlandfunk. Sie mache die Aufgabe gern und habe den Eindruck, dass Erfahrung gerade jetzt gebraucht werde.

Am Mittwoch kommen die neu gewählten Grünen-Abgeordneten erstmals zusammen.  Mit 11,6 Prozent hatten die Grünen bei der Bundestagswahl ihre Wahlziele weit verfehlt. Kanzlerkandidat Robert Habeck kündigte an, keine führende Rolle in der Partei anzustreben. Haßelmann bedauerte dies. Habeck habe einen guten Wahlkampf gemacht und sei mit dafür verantwortlich, dass die Grünen seit dem Bruch der Ampelkoalition rund 42.000 neue Mitglieder gewonnen hätten.

Die SPD-Linken im Bundestag unterstützen die Kandidatur von Parteichef Lars Klingbeil für den Fraktionsvorsitz. Dass das SPD-Präsidium Klingbeil vorschlage, finde er in der Sache "erstmal nicht falsch", sagte der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD, Tim Klüssendorf, im ARD-Morgenmagazin. Zu kritisieren sei aber, dass dies schon am Sonntagabend erfolgt sei, bevor überhaupt alle Stimmen zur Bundestagswahl ausgezählt gewesen seien. 

Klüssendorf sprach von einer schwierigen Situation für die SPD, die bei der Wahl mit 16,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 erreicht hatte. Einerseits habe die SPD einen großen Aufarbeitungsprozess vor sich, bei dem kein Stein auf dem anderen bleiben dürfe. Andererseits sei sie stark gefordert, Verantwortung zu zeigen, sagte der SPD-Politiker mit Blick auf eine mögliche Regierungsbildung mit der Union. In Richtung CDU-Chef Friedrich Merz sagte Klüssendorf, dieser habe tiefe Gräben in Rhetorik und Inhalt gerissen und müsse diese nun auch wieder schließen.

Tim Klüssendorf, SPD, Sprecher Parlamentarische Linke, zu Koalitionsspekulationen

Morgenmagazin, 25.02.2025 07:00 Uhr

Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer muss eine künftige Bundesregierung ein schnelles Zeichen setzen, um die Abwanderung von Unternehmen zu stoppen. "Wir haben viele tolle Mittelständler in Deutschland. Es braucht aber ein Signal, dass sich etwas ändert, um zu verhindern, dass immer mehr Unternehmen ins Ausland gehen und dort investieren", sagte Krämer.

"Das Vertrauen in die Politik ist angeknackst, ein Aufbruchssignal könnte wieder Glaubwürdigkeit herstellen." Am ehesten könne das vom Bürokratieabbau ausgehen, "etwa wenn eine neue Bundesregierung das deutsche Lieferkettengesetz abschafft oder Berichtspflichten in Sachen Nachhaltigkeit reduziert", schlägt Krämer vor. "Gerade das Lieferkettengesetz treibt viele Unternehmen emotional unheimlich um. Ein solcher Bürokratieabbau kostet kein Geld, bringt viel und wäre direkt umsetzbar."

Union und SPD könnten sich zudem schnell auf Investitionen in die Infrastruktur einigen, meint Krämer. "Hier sind die nötigen Beträge niedriger als in der Verteidigung und könnten aus Umschichtungen kommen, sofern die SPD Einsparungen beim Bürgergeld mitträgt." Ein mögliches Sondervermögen für Infrastruktur könne zudem von den Linken mitgetragen werden. Nachdem Migration im Wahlkampf das beherrschende Thema war, müsse nun die Wirtschaftspolitik stärker in den Fokus rücken, forderte Krämer. Allerdings seien die Differenzen zwischen den potenziellen Regierungspartnern Union und SPD in der Steuerpolitik, beim Bürgergeld und bei der Schuldenbremse groß. Das dämpfe die Hoffnungen auf einen grundlegenden Neustart in der Wirtschaftspolitik. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 25. Februar 2025 um 10:00 Uhr.