Mehlsäcke des UN-Hilfswerks in Chan Junis
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Lage in Nahost ++ Vier Tote bei Sturm auf UN-Lagerhaus ++

Stand: 28.05.2025 22:47 Uhr

Im Zuge eines Ansturms auf ein UN-Lagerhaus im Gazastreifen sind vier Menschen ums Leben gekommen. Die US-Regierung will einen Entwurf für eine Waffenruhe vorlegen. Israels Außenminister wird nach Berlin kommen

Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:

28.05.2025 • 23:28 Uhr

Ende des Liveblogs

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Die US-Regierung könnte in Kürze einen neuen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazakrieg unterbreiten. Washington stehe kurz davor, Israel und der militant-islamistischen Hamas ein neues Dokument vorzulegen, das die Parameter für eine vorübergehende Waffenruhe festlegen werde, sagte der US-Sondergesandte Steve Witkoff. "Ich habe ein sehr gutes Gefühl, wenn es um eine langfristige Lösung geht - eine vorübergehende Waffenruhe und eine langfristige Lösung, eine friedliche Beilegung dieses Konflikts", sagte Witkoff.

Tausende Menschen haben in Tel Aviv für ein Ende des Gaza-Kriegs und die sofortige Freilassung der Geiseln demonstriert, die sich noch immer in der Gewalt der islamistischen Hamas im Gazastreifen befinden. Die Angehörigen erinnerten daran, dass sich ihre Liebsten nun seit 600 Tagen verschleppt sind.

Auf dem Platz der Geiseln im Zentrum der israelischen Küstenmetropole Tel Aviv fanden sich am Abend zahlreiche Menschen ein und erinnerten an das Schicksal der Geiseln. Die Mutter der Geisel Alon Ohel sagte auf der Bühne an ihren Sohn in Gaza gerichtet: "Heute Abend zählen wir 600 Tage ohne dich. Und du zählst die Sekunden - es sind fast 52 Millionen Sekunden."

Vor der Kundgebung kam es auf dem Platz zu chaotischen Szenen zwischen Demonstranten und der Polizei. Vor dem Hauptsitz der Partei von Regierungschef Benjamin Netanjahu wurden einem Bericht der Nachrichtenseite Ynet etwa 20 Menschen festgenommen. Sie hatten das Parteigebäude zuvor besetzt und die Straßen davor blockiert

Der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur hat im Weltsicherheitsrat die Fassung verloren. Mansur stellte den israelischen Botschafter Danny Danon wegen Israels Vorgehen im Gazakrieg zur Rede. "Ist es zivilisiert, Hilfe zu blockieren und ein Volk auszuhungern?", fragte Mansur seinen Kollegen. "Wenn das zivilisiert ist, was ist dann Barbarei?"

Er verwies auf den Angriff auf eine Notunterkunft in einer umfunktionierten Schule, bei dem 36 Menschen ums Leben gekommen seien. Eine Sechsjährige sei den Flammen gerade noch entkommen, ihre Mutter und fünf Geschwister seien tot. Bei einem Bombenangriff auf das Haus einer Ärztin seien neun ihrer zehn Kinder umgekommen.

Mit bebender Stimme rief Mansur Bilder von Müttern ins Gedächtnis, die die reglosen Körper ihrer Kinder umarmten, ihr Haar streichelten, mit ihnen sprachen und sie um Verzeihung baten. "Unerträglich", stöhnte der Diplomat und brach in Tränen aus.

Der Krieg Israels gegen die militant-islamistische Hamas hat jede Verhältnismäßigkeit verloren. Premier Netanjahu führe ihn vor allem, um politisch zu überleben, meint Julio Segador.

Einen Tag nach dem tödlichen Tumult nahe einem Verteilzentrum für Hilfsgüter im Gazastreifen haben Palästinenser ein Lagerhaus des UN-Welternährungsprogramms gestürmt. Zwei Menschen seien in der Menge erdrückt worden, zwei weitere an Schussverletzungen gestorben, teilte das Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhaus in Deir al-Balah mit.

Nach Angaben des Roten Kreuzes erlitten mehrere Frauen und Kinder Schussverletzungen. Die Menschen drängten sich am Haupttor des Lagers. Andere rissen Teile der Metallwänden ab, um ins Innere zu gelangen. Viele ergatterten große Mehlsäcke und kämpften sich durch die Menschenmassen, die ins Innere drängten, zurück ins Freie.

Das UN-Welternährungsprogramms bestätigte den Vorfall. "Horden hungriger Menschen" seien in das Lagerhaus eingedrungen, um an die "zur Verteilung bereitgestellten Lebensmittel zu gelangen", hieß es in einer bei X veröffentlichten Mitteilung. Die UN-Organisation meldete zunächst zwei Tote und viele Verletzte beim Vorfall.

Der israelische Außenminister Gideon Saar wird nach Angaben von Außenminister Johann Wadephul kommende Woche nach Berlin kommen. "Wir setzen den freundschaftlichen, aber (...) kritischen Dialog mit der israelischen Regierung fort", sagte Wadephul bei einem Besuch in Washington mit Blick auf die Kritik der Bundesregierung an dem israelischen Vorgehen im Gazastreifen.

"Ich werde diese Fragen in der nächsten Woche mit meinem Amtskollegen (...) in Berlin besprechen können." Wadephul begründet seine scharfe Kritik und die von Kanzler Friedrich Merz an der israelischen Regierung damit, dass die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen "in den letzten Tagen prekärer geworden, und zwar dramatisch prekärer geworden" sei.

Die US-Regierung will einen Entwurf für ein mögliches Abkommen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen noch am Mittwoch vorlegen. "Wir stehen kurz davor, ein neues Dokument mit Bedingungen zu versenden, das hoffentlich noch heute übermittelt wird", sagte der US-Sonderbeauftragte Steve Witkoff zu Journalisten im Weißen Haus.

US-Präsident Donald Trump ergänzet, seine Regierung arbeite daran, die Lebensmittellieferungen an die Palästinenser im Gazastreifen zu beschleunigen. "Wir bringen Nahrungsmittel zu den Menschen in Gaza. Es ist eine sehr schlimme Lage", sagt Trump.

US-Präsident Donald Trump hat nach eigenen Angaben den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zum Verzicht auf einen Angriff auf den Iran aufgerufen. "Ich habe ihm gesagt, dass das gerade unangemessen wäre, weil wir kurz vor einer Lösung stehen", sagte Trump im Weißen Haus. Er verwies auf Bemühungen der US-Regierung um ein neues Atomabkommen mit dem Iran.

Der Chef der Atomaufsichtsbehörde der Vereinten Nationen hatte zuvor die laufenden Verhandlungen zwischen den USA und dem Iran als gutes Zeichen beschrieben. Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Mariano Grossi, sagte in Wien, es bestehe offensichtlich auf beiden Seiten eine Bereitschaft zur Einigung.

Die Vereinten Nationen zeichnen ein düsteres Bild von der humanitären Lage im Gazastreifen, wo die israelische Armee mit einer neuen Großoffensive gegen die islamistische Hamas vorgeht. "Die Zivilisten in Gaza haben die Hoffnung verloren. Anstatt "Auf Wiedersehen" zu sagen, sagen die Palästinenser in Gaza jetzt "Wir sehen uns im Himmel"", berichtete die UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe für den Gazastreifen, Sigrid Kaag, dem UN-Sicherheitsrat in New York. Der Tod sei ständiger Begleiter für die Zivilisten, nicht die Hoffnung. 

Kaag forderte zudem einen politischen Prozess für eine Zwei-Staaten-Lösung - diese liege allerdings "auf der Intensivstation". "Ihre Wiederbelebung erfordert kollektives Handeln", so die UN-Vertreterin. Gemeint ist ein unabhängiger Staat Palästina neben dem Staat Israel.

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben wegen antipalästinensischer Parolen ultranationalistischer Israelis in Jerusalem den israelischen Botschafter einbestellt. "Diese provokativen, willkürlichen Praktiken stellen eine gefährliche Aufwiegelung gegen Muslime dar und sind eine eklatante Verletzung der Heiligkeit der Heiligen Stadt", erklärte das Außenministerium.

Die Nationalisten hatten am Montag die Annexion Ostjerusalems durch Israel mit einem Umzug gefeiert. Sie zogen durch die muslimischen Viertel der Jerusalemer Altstadt, tanzten, schlugen an Häuser, riefen "Tod den Arabern" und sangen "Möge euer Dorf brennen."

Aus Protest gegen den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen und die katastrophale humanitäre Lage in dem Küstengebiet zieht Chile seine Militärattachés aus der Botschaft in Tel Aviv ab. "Die Entscheidung ist eine Reaktion auf die äußerst ernste humanitäre Lage, in der sich die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen aufgrund der unverhältnismäßigen und wahllosen Militäroperationen der israelischen Streitkräfte befindet", hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums. 

Die linke Regierung von Präsident Gabriel Boric rief Israel dazu auf, seine Militäroperation im Gazastreifen einzustellen, die Lieferung von Hilfsgütern zu ermöglichen und das humanitäre Völkerrecht zu achten. In Chile lebt die größte palästinensische Diaspora außerhalb des Nahen Ostens.

Die umstrittene Hilfsorganisation Gaza Humanitarian Foundation (GHF) hat nach eigenen Angaben heute im Gazastreifen ein zweites Zentrum zur Verteilung von Hilfsgütern eröffnet. Nach den Unruhen am Dienstag sei die Ausgabe bisher ohne Zwischenfall verlaufen.

"An den beiden Standorten wurden bisher rund 14.550 Lebensmittelpakete verteilt", erklärte die GHF. Jedes Paket ernähre 5,5 Personen 3,5 Tage lang. Die Organisation plane, weitere Standorte im Gazastreifen zu errichten. Früheren Aussagen zufolge soll es insgesamt vier Verteilzentren geben.

Der mutmaßliche Chef der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen, Mohammed Sinwar, ist nach Angaben des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu getötet worden.

"Wir haben Mohammed Sinwar eliminiert", sagte Netanjahu bei einer Sitzung des israelischen Parlaments. Mohammed Sinwar ist der Bruder des ehemaligen Hamas-Chefs Jahja Sinwar, der Mitte Oktober von der israelischen Armee getötet worden war. 

Eine Reuters-Meldung, wonach die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) die Verteilung von Hilfsgütern nach Gaza vorübergehend eingestellt habe, ist offenbar falsch. Wie die GHF selber mitteilte, basiere der Bericht auf einer falschen Aussage auf einem gefälschten Facebook-Konto.

Nach chaotischen Szenen mit dutzenden Verletzten bei einem Verteilzentrum für Hilfsgüter im Gazastreifen hat das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA Hilfslieferungen durch die von den USA unterstützte neue Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) kritisiert.

"Ich halte es für eine Verschwendung von Ressourcen und eine Ablenkung von Gräueltaten", sagte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini am Mittwoch in Japan.

Lazzarini verwies auf das bereits existierende System für Hilfslieferungen, "das seinen Zweck erfüllt." Die humanitäre Gemeinschaft im Gazastreifen, einschließlich UNRWA, sei bereit, die Lieferungen zu übernehmen.

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat in Jakarta mit seinem indonesischen Amtskollegen Prabowo Subianto über den Krieg in Gaza beraten. Subianto lobte das Eintreten Frankreichs für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahostkonflikt. Zudem schloss er sich der Forderung Macrons nach einem sofortigen Stopp der Kämpfe im Gazastreifen und einem vollständigen Zugang zu Hilfsgütern für Notleidende in dem Küstengebiet an.

"Ich bin mir der Emotionen bewusst, die dieser Krieg weckt und der Fragen, die mitunter über die Position Europas und Frankreich aufkommen", erklärte Macron bei seinem Besuch in der indonesischen Hauptstadt. "Und ich möchte hier sagen, dass Frankreich keine Doppelmoral duldet."

Indonesien gilt seit langem als entschiedener Unterstützer der Palästinenser und unterhält keine formalen diplomatischen Beziehungen zu Israel. Sobald Israel einen palästinensischen Staat anerkenne, sei Indonesien bereit, Israel anzuerkennen, erklärte Subianto.

Frankreich will bald gemeinsam mit Saudi-Arabien eine Konferenz zum Gazastreifen bei den Vereinten Nationen in New York ausrichten. Das teilte Staatspräsident Emmanuel Macron hat in Jakarta mit. Das Treffen solle neue Bewegung in die Bemühungen um eine Anerkennung eines palästinensischen Staates und eine Anerkennung Israels bringen.

28.05.2025 • 14:20 Uhr

Neue Hilfen der GHF verzögern sich

Nach Tumulten verzögert sich die Fortsetzung von Hilfslieferungen im Gazastreifen durch eine neue Stiftung. Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) schrieb in einer Mitteilung an die Einwohner des Küstenstreifens, Hintergrund der Verzögerung seien Unruhen und die Nichteinhaltung von Regeln durch einige Personen.

Man arbeite daran, einen sicheren Ablauf der weiteren Verteilung zu gewährleisten. In den kommenden Stunden solle eine Mitteilung über die neuen Verteilungszeiten veröffentlicht werden. Außerdem sollten zwei weitere Verteilzentren in Betrieb genommen werden. 

Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist nach Einschätzung des Bundesaußenministeriums katastrophal. Sie müsse unbedingt verbessert werden, wofür es Hilfslieferungen brauche, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt spricht sich für weitere Waffenlieferungen an Israel aus. "Die Unterstützung Israels mit Waffen ist das, was notwendig ist, was zugesagt ist, was auch von uns weiter eingehalten werden wird", sagt der CSU-Politiker in Berlin. "Israel ist nach wie vor massiv bedroht, auch durch Terror." Zugleich gebe es die dringende Bitte an Israel, mehr Nahrungsmittel in den Gazastreifen zu liefern. "Der Bundeskanzler und ich sind da einer Meinung." Friedrich Merz hatte zuletzt seinen Ton gegenüber Israel angesichts der humanitären Lage verschärft.

Die Angehörigen der noch immer in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln erinnern an diesem Mittwoch daran, dass sich ihre Liebsten schon seit 600 Tagen in der Gewalt der Hamas befinden.

Luftaufnahmen zeigen eine Installation am Strand im israelischen Tel Aviv während einer Kundgebung von Verwandten und Unterstützern. "Rettet sie jetzt!" ("Save them now!") ist in großen, farbigen Lettern auf dem Sand zu lesen. Auch ein Highway der Stadt wurde durch eine Kundgebung blockiert.

Nach israelischen Angaben befinden sich derzeit noch mindestens 20 lebende Geiseln im Gazastreifen. Bei drei weiteren Entführten ist unklar, ob sie noch am Leben sind. Zudem befinden sich die sterblichen Überreste von 35 Verschleppten in dem abgeriegelten Gebiet mit unzähligen unterirdischen Tunnelanlagen.

Geisel-Angehörige blockieren am 600. Tag der Entführung eine Straße in Tel Aviv.

Geisel-Angehörige blockierten am 600. Tag der Entführung eine Straße in Tel Aviv.

28.05.2025 • 10:58 Uhr

"Szenen der Anarchie"

Die israelische Armee hat bisher noch keine Angaben der Terrororganisation Hamas bestätigt, wonach es Tote bei den Verteilungen von Hilfsgütern durch die neue Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) gegeben haben soll. "Was wir wissen ist, dass es in der Tat zu Szenen der Anarchie, des totalen Chaos gestern gekommen ist", berichtet ARD-Korrespondent Julio Segador aus Tel Aviv.

"Szenen der Anarchie", Julio Segador, ARD Tel Aviv, zu Plünderungen von Hilfsgütern in Gaza

tagesschau24, 28.05.2025 10:00 Uhr

Der französische Präsident Emmanuel Macron pocht auf eine Zwei-Staaten-Lösung im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern. "Nur eine politische Lösung wird es möglich machen, den Frieden wiederherzustellen und langfristig aufzubauen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters zufolge.

Israel und die Palästinenser
Israel gründete sich am 14. Mai 1948 mit dem Mandat der Vereinten Nationen (UN) als jüdischer Staat im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina. Der UN-Teilungsplan sah auf dem Gebiet getrennte Siedlungsgebiete für Juden und die arabisch sprechenden Bewohner Palästinas vor. Noch am selben Tag griffen Ägypten, Jordanien, Libanon, Syrien und der Irak den neuen Staat an. Israel gewann den Krieg. In dessen Folge flohen Hunderttausende Menschen aus Israel oder wurden von dort vertrieben. Gleichzeitig mussten fast ebenso viele Juden aus arabischen Ländern fliehen.

Seitdem hat es neben weiteren Kriegen zahlreiche Friedensbemühungen gegeben. In den Osloer Verträgen einigten sich Israelis und Palästinenser 1993 zunächst auf eine friedliche Koexistenz und gegenseitige Anerkennung, einschließlich des Existenzrechts Israels. Die Palästinenser sollten in einer Zwischenphase den Gazastreifen und das Westjordanland selbst verwalten, während Israel sich aus den Gebieten zurückzieht. Ziel war die schrittweise Vorbereitung einer Zwei-Staaten-Lösung. Umgesetzt wurde das Abkommen trotz vieler Bemühungen nicht. Seit 2014 hat es keine ernsthaften Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern mehr gegeben.

Der italienische Außenminister Antonio Tajani fordert einen sofortigen Stopp der israelischen Offensive im Gazastreifen. "Die legitime Reaktion der israelischen Regierung auf einen schrecklichen und sinnlosen Terrorakt nimmt dramatische und inakzeptable Formen an. Wir fordern Israel auf, diese sofort zu beenden", sagte er im Parlament.

Die israelische Luftwaffe hat Ziele der Huthi am internationalen Flughafen von Sanaa im Jemen angegriffen, wie das israelische Verteidigungsministerium mitteilte, nachdem die Huthi am Dienstag Raketen auf Israel abgefeuert hatte.

Dem UN-Menschenrechtsbüro zufolge wurden am Dienstag 47 Menschen beim Versuch, Lebensmittel an den von der Gaza Humanitarian Foundation betriebenen Verteilungsstellen in Gaza entgegenzunehmen, verletzt. "47 Menschen wurden durch Schüsse verletzt“, sagte Ajith Sunghay, Leiter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte im besetzten palästinensischen Gebiet, gegenüber Reportern in Genf und berief sich dabei auf Informationen von Partnern vor Ort. Die Schüsse stammten von den israelischen Streitkräften, sagte er. Das UN-Menschenrechtsbüro konnte keine genauen Angaben zu den Verletzten machen.

Bei einem israelischen Angriff im Norden des Gazastreifens sind nach Angaben des von der Terrororganisation Hamas kontrollierten Zivilschutzes acht Menschen getötet worden. Israel habe das Haus eines örtlichen Journalisten im Gebiet Al-Saftawi nördlich der Stadt Gaza angegriffen, sagte ein Sprecher des Zivilschutzes der Nachrichtenagentur AFP.

Irans Justiz hat eigenen Angaben zufolge erneut einen mutmaßlichen Spion hinrichten lassen. Das Todesurteil gegen den Mann sei durch Erhängen vollstreckt worden, berichtete die Justizagentur Misan. Laut Darstellung aus Teheran soll er für den Erzfeind Israel spioniert haben. Die Justiz hatte den Mann gemäß islamischer Rechtsauffassung im Iran wegen "Kriegsführung gegen Gott" und "Korruption auf Erden" verurteilt.

Die Behörde warf dem Mann vor, im Auftrag des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad versucht zu haben, Mitarbeiter anzuwerben und sensible Standortdaten aus dem Iran zu übermitteln. Er sei mehrfach ins Ausland gereist – "insbesondere nach Deutschland", hieß es in dem Bericht. Weitere Details dazu wurden allerdings nicht bekanntgegeben. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Laut der in Norwegen ansässigen Menschenrechtsorganisation IHRNGO wurde der Mann bereits vor sechs Jahren festgenommen. In den ersten 25 Tagen des Jahres 2025 sind in dem Land der Organisation zufolge mindestens 113 Menschen hingerichtet worden.

Die Angehörigen der noch immer in Gaza festgehaltenen israelischen Geiseln erinnern heute daran, dass sich ihre Liebsten schon seit 600 Tagen in der Gewalt der Hamas befinden. Nach israelischen Angaben befinden sich derzeit noch mindestens 20 lebende Geiseln im Gazastreifen. Bei drei weiteren Entführten ist unklar, ob sie noch am Leben sind. Zudem befinden sich die sterblichen Überreste von 35 Verschleppten in dem abgeriegelten Gebiet mit unzähligen unterirdischen Tunnelanlagen.

Die Verteilung von Hilfsgütern im umkämpften Gazastreifen durch eine neue Stiftung soll trotz anfänglicher Tumulte weitergehen. Das teilte die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) nach Berichten über die Stürmung eines neuen Verteilungszentrums im Süden des Küstenstreifens und Plünderungen mit - dabei soll es laut palästinensischen Angaben mehrere Tote und Dutzende Verletzte gegeben haben. Lastwagen mit weiteren Hilfsgütern sollen der Stiftung zufolge heute in den Gazastreifen einfahren, die Liefermengen täglich größer werden. 

Bisher seien rund 8.000 Lebensmittelpakete verteilt worden, teilte die Stiftung mit. Jedes Paket könne etwa fünf bis sechs Menschen für dreieinhalb Tage ernähren. Insgesamt seien es 462.000 Mahlzeiten.

Die Vereinten Nationen (UN) und andere internationale Hilfsorganisationen boykottieren die Stiftung der umstrittenen Organisation GHF, die im Auftrag der USA den Menschen im Gazastreifen helfen soll. Die Stiftung untergrabe laut den Hilfsorganisationen den Grundsatz, dass humanitäre Hilfe unabhängig von den Konfliktparteien und nach Bedarf verteilt werden sollte. "Humanitäre Hilfe darf nicht politisiert oder militarisiert werden", sagte Christian Cardon, Hauptsprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz.

In New York erklärte der Sprecher der UN, Stéphane Dujarric, gegenüber Reportern, dass die UN und ihre Partner einen soliden Hilfsplan hätten, "um der verzweifelten Bevölkerung Hilfe zukommen zu lassen", und dass Israel ihnen zwar erlaube, Hilfe zu leisten, allerdings mit vielen Hindernissen. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tammy Bruce, wies die Kritik an dem GHF-Hilfsprogramm zurück und erklärte gegenüber Reportern, dass die Hilfen verteilt würden.

Am späten Dienstagabend erklärte die in den USA ansässige Organisation World Central Kitchen, dass Israel zwar einige ihrer Lastwagen in den Gazastreifen gelassen habe, die Hilfsgüter aber an der Grenze zurückgehalten würden. Nach Schätzungen von UN-Organisationen ist die Menge an Hilfsgütern, die derzeit in den Gazastreifen gelangen, nur ein Bruchteil der 500 bis 600 Lastwagen, die dort täglich benötigt werden.

Das Medienbüro der Hamas beschuldigte am späten Dienstagabend das israelische Militär, in der Nähe einer der Lebensmittelverteilungsstellen mindestens drei Palästinenser getötet und 46 weitere verwundet zu haben. Ein Sprecher der umstrittenen Organisation GHF, die im Auftrag der USA den Menschen im Gazastreifen helfen soll, sagte, die Informationen der Hamas seien "völlig falsch". Israel und die GHF behaupteten, ohne Beweise zu liefern, dass die Hamas versucht habe, Zivilisten daran zu hindern, das Hilfslieferzentrum zu erreichen. Die Hamas wies diese Anschuldigung zurück. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Die Stiftung teilte mit, dass die Zahl der Hilfesuchenden am Dienstag so groß war, dass sich ihr Team zurückziehen musste. Es habe laut GHF keine Verletzten gegeben, niemand habe das Feuer eröffnet und der normale Betrieb sei später wieder aufgenommen worden.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Amnesty International hat die Behörden im Gaza-Streifen dazu aufgerufen, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu respektieren. In den vergangenen zwei Monaten sei ein Muster von Drohungen, Einschüchterungen und Schikanen gegen Menschen beobachtet worden, die sich an Protesten beteiligt hätten, teilte die Organisation am Mittwoch in Berlin mit. Diese Unterdrückung von Demonstrierenden müsse aufhören. Zum Vorgehen der Hamas-Behörden gegen friedliche Protestierende zählen demnach auch Verhöre und Schläge.

Amnesty zufolge gab es in der Stadt Beit Lahia im Norden des Gaza-Streifens seit dem 25. März mehrere Protestmärsche, auf denen die Menschen ein "Ende des Völkermords und der rechtswidrigen Vertreibung durch Israel" gefordert hätten. Auch die von der Hamas geführten Behörden in Gaza seien kritisiert worden. Kleinere Proteste hätten zudem im Flüchtlingslager Jabalia, im Shejaiya-Viertel von Gaza-Stadt und in der südlichen Stadt Khan Yunis stattgefunden, wo die Demonstrierenden auch Parolen gegen bestimmte Hamas-Führer skandiert hätten.

Die US-Regierung begrüßt die neu angelaufene Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen - und geht gleichzeitig auf Abstand zu der dahinter stehenden Stiftung. Man spreche nicht für die Gaza Humanitarian Foundation (GHF), betonte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tammy Bruce, wiederholt auf Nachfrage in Washington.

Zugleich hob sie die Bedeutung der bislang eingetroffenen Hilfslieferungen hervor. Kritik vonseiten der Vereinten Nationen und internationaler Hilfsorganisationen, die GHF sei nicht unabhängig und agiere im Interesse Israels, bezeichnete Bruce als "bedauerlich". Es sei "die Höhe der Heuchelei", sich darüber zu beklagen, wer die Hilfe bringe oder wie sie organisiert sei.

28.05.2025 • 01:49 Uhr

Liveblog vom Dienstag

Die UN kritisieren die chaotischen Szenen am neuen Verteilzentrum im Gazastreifen. Zahlreiche Menschen haben versucht, das Zentrum zu stürmen. Israels Militär gab "Warnschüsse" ab.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. Mai 2025 um 10:00 Uhr.