
Regierungsbildung ++ Finanzpaket würde Ukraine-Hilfen ermöglichen++
Sollte das geplante Finanzpaket kommen, ist laut Regierungssprecher Hebestreit der Weg zusätzliche Militärhilfen für die Ukraine frei. Medienberichten zufolge haben sich die Grünen mit Union und SPD auf ein Finanzpaket geeinigt.
Die wichtigsten Entwicklungen:
- Offenbar Einigung bei Finanzpaket
- BSW bleibt laut Endergebnis unter fünf Prozent
- Haushaltsausschuss verschiebt Sitzung
- Ökonomen sehen Wachstumsschub durch Finanzpaket
- BSW scheitert auch vor hessischem Verwaltungsgericht
Sollte das Finanzpaket von Union und SPD kommenden Dienstag beschlossen werden, wäre der Weg frei für zusätzliche Militärhilfen für die Ukraine. Das erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit: "Ich habe den Bundeskanzler so verstanden, dass er gesagt hat: Wenn die Gegenfinanzierung steht, dann steht einer solchen Regelung nichts entgegen", sagte er mit Blick auf das geplante Finanzpaket. "Dann könnte das auch schnell erledigt werden."
Seit Monaten sind sich SPD, Union und Grüne einig, dass die Militärhilfe für die Ukraine in diesem Jahr um drei Milliarden Euro aufgestockt werden sollte. Bisher wurde aber über die Wege der Bewilligung gestritten.
Offenbar Einigung bei Finanzpaket
In die festgefahrenen Gespräche von Union, SPD und Grünen über das geplante milliardenschwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur scheint Bewegung gekommen zu sein. Mehrere Medien berichten bereits über eine Einigung. Die Nachrichtenagentur dpa erfuhr aus Fraktionskreisen, dass Union, Grüne und SPD für 13.00 Uhr Fraktionssitzungen anberaumt haben.
Ein Bestandteil könnte dem Vernehmen nach sein, dass von dem geplanten 500 Milliarden Euro schweren Infrastruktur-Finanzpaket alleine 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz reserviert werden. Bestätigungen für eine Einigung, über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) als erstes berichtet hatte, gab es zunächst nicht
Union und SPD brauchen im Bundestag die Stimmen der Grünen, um ihr Finanzpaket mit einer Zweidrittelmehrheit zu beschließen. Die Parteien sprechen seit Tagen miteinander über mögliche Kompromisse, zuletzt lehnten die Grünen das Paket aber ab.
Das BSW verpasst auch nach dem endgültigen Ergebnis der Bundestagswahl den Einzug in das Parlament. Der Partei wurde im Vergleich zum vorläufigen Ergebnis aus der Wahlnacht zwar weitere 4.277 gültige Zweitstimmen zugeschrieben, wie der Bundeswahlausschuss feststellte. Mit 4,98 Prozent (vorläufiges Ergebnis: 4,972 Prozent) blieb sie aber trotzdem knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde.
Nicht nur beim BSW ergaben sich minimale Veränderungen. Bei der CDU kamen beispielsweise 1.674 Stimmen dazu, bei der SPD 840 und bei der AfD 1.632. Dagegen wurden der FDP 121 Stimmen abgezogen.
Am Gesamtergebnis und an der Sitzverteilung im 21. Deutschen Bundestag ändert sich aber nichts mehr. So kam die CDU/CSU auf 28,5 Prozent, die AfD auf 20,8 und die SPD auf 16,4 Prozent. Die Grünen erzielten 11,6 und die Linke 8,8 Prozent. Die FDP verpasste mit 4,3 Prozent den Einzug in den Bundestag.
In die Bemühungen von Union und SPD um Zustimmung der Grünen für ihr geplantes Milliarden-Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur kommt offenbar Bewegung. Die Union hat nach Angaben aus Parteikreisen eine Fraktionssitzung für den heutigen Freitag anberaumt.
In der soll es nach Informationen von Reuters auch um ein neues Angebot an die Grünen gehen. Ein zentrales Element in dem Streit von Union und SPD mit den Grünen, die für die Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag gebraucht werden, war die Garantie, dass das 500 Milliarden Euro Sondervermögen Infrastruktur für zusätzliche Investitionen zum Bundeshaushalt verwendet werden soll.
Was ist der Plan von Union und SPD?
Die Grünen wollen dem Finanzpaket von Union und SPD in dieser Form nicht zustimmen. Das ist aber nötig, wenn der Milliardenplan gelingen soll. CDU-Chef Merz versucht es mit Zugeständnissen. Doch reicht das? Antworten auf wichtige Fragen im Überblick.
Vor dem Hintergrund der Verhandlungen mit den Grünen über das geplante Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur haben Union und SPD kurzfristig Fraktionssitzungen einberufen. Wie es am Freitag aus den Parteien hieß, geht es bei den Beratungen ab 13 Uhr um den Stand der Beratungen mit den Grünen. Deren Zustimmung ist nötig, um die erforderlichen Grundgesetzänderungen im Bundestag und Bundesrat zu verabschieden.
Haushaltsausschuss verschiebt Sitzung
Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat eine wichtige Sitzung zum geplanten milliardenschweren Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur vom Vormittag auf den späten Nachmittag verschoben. Damit verschafft man sich mehr Zeit für die Gespräche zwischen Union, SPD und Grünen. Im Ausschuss soll über den Gesetzentwurf mit mehreren Grundgesetzänderungen abgestimmt werden. Die Empfehlung des Ausschusses ist nötig, bevor das Vorhaben dann am Dienstag endgültig in den Bundestag kommt.
Das DIW-Institut rechnet beim Umsetzen der Finanzpläne von Union und SPD im nächsten Jahr mit massiven Impulsen für die deutsche Konjunktur. In ihrem Basisszenario - also ohne die angepeilten Mehrausgaben bei Infrastruktur und Verteidigung - erwartet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) 2026 einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,1 Prozent.
Aber allein das Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen könne die Wirtschaftskraft "in den nächsten zehn Jahren um durchschnittlich mehr als zwei Prozent pro Jahr anheben", teilte das Berliner Institut am Freitag zu seiner Konjunkturprognose mit. "Daraus ergäbe sich im kommenden Jahr eine um einen Prozentpunkt höhere Wachstumsrate als im Fall ohne Sondervermögen." Damit wäre ein BIP-Plus von rund 2,1 Prozent möglich, sagte DIW-Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik.
Eine Zustimmung der Grünen zu dem von Union und SPD geplanten Milliarden-Schuldenpaket wird es nach Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nur geben, wenn die Zusätzlichkeit der Investitionen gesichert ist. "Ohne die Zusätzlichkeit wird es nicht passieren", sagt der Grünen-Politiker vor Journalisten.
"Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen." Nach der Streichung von 60 Milliarden Euro aus dem Klimafonds durch das Urteil des Verfassungsgerichts im Jahr 2023 habe die Opposition unter CDU-Chef Friedrich Merz unverantwortlich gehandelt: "Das darf nicht vergessen werden, dass damals eine willentliche Blockade, eine politische Zerstörungswut in der Opposition regiert hat. Die jetzt umgekehrt genutzt wird und sagt, jetzt müssen die Grünen aber verantwortungsvoll sein. Und verdammt noch mal, wir sind es. Wir benehmen uns nicht wie die Opposition in ihren schlechtesten Zeiten."
Nach der Ablehung des Antrags auf Neuauszählung der Stimmen der Bundestagswahl durch das Bundesverfassungsgericht ist das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) nun auch vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden gescheitert.
Ein Eilantrag gegen die Bundeswahlleiterin blieb erfolglos, wie das Gericht am Freitag mitteilte. Es begündete seine Entscheidung damit, dass es dafür nicht zuständig sei (Az.: 6 L 451/25.WI).
Mit dem Antrag wollte das BSW noch vor Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses zur Bundestagswahl am Freitag durch die Bundeswahlleiterin eine Neuauszählung der Stimmen erreichen. Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis scheiterte das BSW mit 4,97 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde.
Habeck: Gespräche laufen mit Hochdruck
Auch die Grünen sind nach Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck um eine Einigung bemüht. "Bis Dienstag sind ja noch ein paar Tage Zeit", sagt Habeck bei einer Pressekonferenz zur Klimabilanz für 2024. "Und die Gespräche laufen mit hohem Druck weiter."
Die am Donnerstag von Union und SPD angebotenen Änderungen seien "ein einziger Verschiebebahnhof" gewesen. Die Verhandlungsführung liege bei den Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge. "Die machen das fantastisch", sagt Habeck. Sie hätten "den Rückhalt von allen Grünen, die in Verantwortung sind".
Die Initiative Fridays for Future hat Union und SPD aufgefordert, dem Kampf gegen die Erderwärmung mehr Beachtung zu schenken. "Klimaschutz muss zur Priorität in den Koalitionsverhandlungen werden", erklärte Maya Winkler von Fridays for Future in Berlin.
Die Initiative rief für den 21. März zu einem neuen Klimastreik auf, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. "In der kommenden Legislaturperiode werden die dramatischen Folgen der Klimakrise stärker zu spüren sein als je zuvor", warnte Fridays for Future.
"Und trotzdem fehlt der zukünftigen Regierung ein konkreter Plan, um der Krise wirksam zu begegnen." Es reiche nicht aus, sich zu Klimazielen "zu bekennen", mahnte die Initiative. "Es muss gehandelt werden."
Im Ringen um das von Union und SPD vorgeschlagene Finanzpaket hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) von der Union ein Zugehen auf die Grünen gefordert. "In der Sache haben die Grünen sehr vernünftige Vorschläge gemacht", sagte Günther laut Mitteilung in einem Podcast des Redaktionsnetzwerks Deutschland und des Kölner Stadt-Anzeigers.
"Es wäre sehr klug, wenn man sich mit ihnen auch jetzt noch verständigen könnte. Das macht man am besten in vertrauensvollen Gesprächen und nicht darüber, dass man sich öffentlich Vorhaltungen macht", fügte Günther an. Der CDU-Politiker regiert in Schleswig-Holstein gemeinsam mit den Grünen.
Söder appelliert an Grüne
CSU-Chef Markus Söder hat zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD für eine Einigung im Streit um das milliardenschwere Finanzpaket geworben. "Die Länder, die Kommunen, aber auch die deutsche Wirtschaft warten auf ein solches Signal", sagte Bayerns Ministerpräsident in Berlin.
"Deshalb nochmal der Appell, dass es auf der Zielgerade doch noch möglich ist, dieses Deutschlandpaket auf den Weg zu bringen", fügte er mit Blick auf den bisherigen Widerstand der Grünen hinzu.
Diese lehnen die Zustimmung zu der Lockerung der Schuldenbremse für mehr Verteidigungsausgaben sowie ein neues Sondervermögen für Infrastruktur-Investitionen im Umfang von 500 Milliarden Euro ab. Im alten Bundestag ist aber die nötige Zweidrittel-Mehrheit nur mit den Stimmen der Grünen zu erreichen.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages berät heute um 11.30 Uhr über die von Union und SPD geplanten Grundgesetzänderungen. Dabei geht es um Ausnahmen von der Schuldenbremse für den Bereich Verteidigung, Lockerungen für Kreditaufnahmen durch die Bundesländer sowie die Errichtung eines Sondervermögens von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur. Das Bundestags-Plenum hatte darüber am Donnerstag erstmals beraten. Im Haushaltsausschuss fand zudem eine Anhörung statt. Die Grünen, deren Stimmen für die erforderliche Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat gebraucht werden, fordern Änderungen an den vorgelegten Gesetzentwürfen, unter anderem für mehr Klimaschutz. Zudem haben sie für den Bereich Verteidigung einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt.
Knapp drei Wochen nach der Bundestagswahl wird das amtliche Endergebnis festgestellt und veröffentlicht. Dazu tritt in Berlin heute um 10 Uhr der Bundeswahlausschuss zusammen. In der Regel entspricht das amtliche Endergebnis dem vorläufigen, das in der Wahlnacht veröffentlicht wurde. Diesmal wird interessant sein, wie das endgültige Ergebnis für das BSW aussehen wird, dem nach den vorläufigen Zahlen rund 13.000 Stimmen für den Einzug in den Bundestag fehlten.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge drängt darauf, das Milliarden-Paket aufzuschnüren. CDU-Chef Friedrich Merz (CDU) sieht die Gespräche mit den Grünen auf einem guten Weg.
Bundesjustizminister Volker Wissing hält die Klagen gegen die beiden Sondersitzungen des Bundestags mit alten Mehrheitsverhältnissen nicht für aussichtsreich. "Wir haben einen voll funktionstüchtigen Bundestag und das Grundgesetz kennt keine Vakanz in der Gesetzgebung", sagte der parteilose Politiker. "Es ist klar geregelt, dass die Legislaturperiode nicht mit dem Wahltag endet, sondern erst mit der Konstituierung des neuen Bundestags."
Solange die in der Verfassung vorgesehene Frist laufe, sei der bisherige Bundestag voll handlungsfähig und mit allen Legislativrechten (Gesetzgebung) ausgestattet, betonte Wissing. "Das heißt, auch Verfassungsänderungen sind möglich und Entscheidungen mit der verfassungsändernden Mehrheit", so der ehemalige FDP-Politiker. Es lasse sich zwar darüber diskutieren, ob eine Entscheidung, die auch weitreichende Folgen für die Zukunft hat, nicht besser nach einer Bundestagswahl vom neuen Parlament getroffen werden sollte. "Aber das ist eine politische und keine verfassungsrechtliche Frage", sagte Wissing.
Liveblog vom Donnerstag
Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD in Berlin sind gestartet. Die AfD geht mit einer zweiten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen Sondersitzungen des alten Bundestags vor.