
Krieg gegen die Ukraine ++ Gefangenenaustausch abgeschlossen ++
Die Ukraine und Russland haben die letzten der vereinbarten 1.000 Gefangenen ausgetauscht. Der ukrainische Präsident Selenskyj sieht in der Heimkehr der verbliebenen Gefangenen aus Russland "keine einfache Aufgabe."
Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:
- Russland und die Ukraine schließen Gefangenenaustausch ab
- Selenskyj: Rückkehr der Gefangenen keine einfache Aufgabe
- Neue Angriffe auf Kiew gemeldet
- Russland: Drohnen Richtung Moskau abgefangen
Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen plädiert für die Beschlagnahmung eingefrorenen russischen Staatsvermögens zur Unterstützung der Ukraine. "Es sind insgesamt 300 Milliarden Euro an russischem Staatsvermögen eingefroren worden, davon rund 250 Milliarden in Europa", sagt der CDU-Politiker im Interview mit der Zeitung Welt. Dieses Staatsvermögen sollte beschlagnahmt und für die Ukraine verwendet werden.
Die Bedenken, dadurch würden Investoren vom europäischen Kapitalmarkt abgeschreckt, halte er für wenig überzeugend: Abgeschreckt würden allein Investoren, die einen Angriffskrieg planen. "Na gut, wer das plant, sollte sich andere Anlageformen suchen", sagt Röttgen. Bisher nutzt die EU bereits "außerordentliche Einnahmen" - also Erträge - aus dem im Westen eingefrorenen Geld der russischen Staatsbank zur Unterstützung der Ukraine.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat sich dafür ausgesprochen, die beiden Nord-Stream-Gasleitungen in der Ostsee zu nutzen, um wieder mit Russland ins Gespräch zu kommen. "Nord Stream ist eine mögliche Eröffnung für ein Gespräch mit Russland", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende in einem Interview mit dem Portal Zeit Online.
Kretschmer plädierte dafür, wieder 20 Prozent des Gasbedarfs in Deutschland über Importe aus Russland zu decken. Damit stellt sich Kretschmer klar gegen die Linie von Bundeskanzler und Parteichef Friedrich Merz. Der unterstützt den Plan der EU-Kommission, die Reaktivierung der Pipelines im Zuge eines neuen Sanktionspakets gegen Russland zu unterbinden. Mit diesem Paket will die EU auf die Weigerung Russlands reagieren, in eine Waffenruhe mit der Ukraine einzuwilligen.
Kretschmer hält diese Strategie nicht für zielführend: "Solange wir sagen: Wir wollen nichts, wir wollen keine Gaslieferungen, wir verhängen nur noch Sanktionen, muss man auch nicht mit uns reden." Bereits 2022 hatte er sich für die Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen nach einem möglichen Kriegsende ausgesprochen.
Die russische Armee setzt nach Angaben der Regierung ihren langsamen, aber stetigen Geländegewinn im Osten der Ukraine fort. Das Dorf Romaniwka im Donezk sei eingenommen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau laut Nachrichtenagentur Reuters mit. Gestern hatte das Ministerium die Eroberung von zwei weiteren Ortschaften in der Region gemeldet.
Russland und die Ukraine haben ihren umfangreichen Gefangenenaustausch abgeschlossen. Heute seien jeweils 303 Gefangene der Gegenseite übergeben worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die Ukraine bestätigte den Austausch.
Insgesamt sind damit in den vergangenen drei Tagen je 1.000 Personen ausgetauscht worden. Die Vereinbarung dazu war am 16. Mai bei Gesprächen in Istanbul getroffen worden.
Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge waren die russischen Angriffe der vergangenen Nacht zahlenmäßig die schlimmsten Attacken seit Kriegsbeginn. Rettungskräfte seien in mehr als 30 ukrainischen Städten und Dörfern im Einsatz, schrieb er auf der Plattform X. Es handele sich um absichtliche Schläge gegen einfache Städte, so Selenskyj. Wohnhäuser seien zerstört und beschädigt worden
Selenskyj warf Russland Terror vor und forderte vom Westen schärfere Sanktionen gegen das Land. Der russische Präsident Wladimir Putin setze das Töten in seinem Krieg täglich fort. "Das darf nicht ignoriert werden. Das Schweigen Amerikas und das Schweigen anderer Länder der Welt ermutigen Putin nur", sagte Selenskyj. "Ohne wirklich starken Druck auf die russische Führung kann diese Brutalität nicht gestoppt werden. Sanktionen werden sicherlich helfen."

Szenen wie diese im ukrainischen Ort Markhaliwka spielten sich laut Selenskyj nach den Angriffen in mehr als 30 Städten und Dörfern ab.
Über Russland sind nach Regierungsangaben in der Nacht 110 aus der Ukraine kommende Drohnen unschädlich gemacht worden. Davon seien 13 über dem Gebiet Moskau und der an die Hauptstadt angrenzenden Region Twer abgefangen worden, teilt das Verteidigungsministerium mit. Es gab zunächst keine Angaben über Opfer. Auch ließ das Ministerium offen, mit wie vielen Drohnen die Ukraine insgesamt angegriffen hat.
Russland hat in der Nacht zu Sonntag nach ukrainischen Angaben mit 298 Drohnen und 69 Raketen angegriffen. Wie die Luftwaffe weiter mitteilt, konnten 266 Drohnen und 45 Raketen abgeschossen werden. Es war die zweite Nacht in Folge, in der Russland einen Großangriff auf die Ukraine gestartet hat. Dabei scheint die Attacke in der Nacht zu Sonntag noch einmal umfangreicher gewesen zu sein: Am Samstag hatte die Luftwaffe einen russischen Angriff mit 250 Langstrecken-Drohnen und 14 ballistischen Raketen gemeldet.
Bei einem russischen Angriff in der Nordwestukraine sind nach Angaben von Rettungskräften drei Minderjährige im Alter von acht, zwölf und 17 Jahren getötet worden. Zehn weitere Menschen seien bei dem Angriff in der Region Schytomyr verletzt worden, teilten die Rettungsdienste im Onlinedienst Telegram mit.
Todeszahlen in der Ukraine steigen
Die Ukraine meldet nach den nächtlichen russischen Angriffen weitere Todesopfer. Nach Angaben von Rettungsdiensten seien in der Region Kiew mindestens vier Menschen getötet worden, in der Region Chmelnyzkyj wurden vier Tote gemeldet.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner in Kiew verbreiteten abendlichen Videoansprache, in der dritten Phase sollten die letzten der 1.000 Gefangenen nach Hause zurückkehren. "Aber die Aufgabe besteht darin, absolut jeden, der derzeit in Russland festgehalten wird, nach Hause zu bringen. Und das ist eine gemeinsame Aufgabe für unsere Geheimdienste, für unsere Diplomaten, für unseren ganzen Staat. Natürlich ist das keine einfache Aufgabe, aber sie muss erfüllt werden", sagte er.
Von den Heimkehrern am Samstag seien 273 im Gebiet Donezk in russische Gefangenschaft geraten, ein großer Teil schon 2022, sagte Selenskyj. Andere seien in den Gebieten Cherson, Saporischschja, Charkiw und Luhansk gefasst worden von den Russen. Insgesamt seien an den ersten beiden Tagen 697 Ukrainer in Freiheit gekommen, sagte Selenskyj. Russland erhielt nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau dieselbe Zahl an Gefangenen zurück, darunter neben Soldaten auch Zivilisten.
Erneut Gefangenenaustausch geplant
Begleitet von massiven russischen Angriffen auf ukrainische Städte wollen Moskau und Kiew heute ihren bisher größten Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn vor gut drei Jahren fortsetzen. In der dritten und letzten Phase des bisher beispiellosen Gefangenenaustausches sollen noch einmal mehr als 300 Menschen freikommen.
Vereinbart worden war am 16. Mai bei den ersten direkten Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew seit 2022 in Istanbul der Austausch von insgesamt 1.000 russischen Gefangenen gegen dieselbe Zahl von ukrainischen Gefangenen. Am Freitag waren in einem ersten Schritt 390 Gefangene frei gekommen, am Samstag dann in der zweiten Etappe 307.
Ukraine meldet Tote in Kiew
Bei den Angriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew sind nach Angaben der Militärverwaltung mindestens drei Menschen getötet worden. Mindestens zehn Menschen wurden demnach verletzt.
Am frühen Morgen nahmen auch russische Marschflugkörper Kurs auf die Ukraine. Die Lenkwaffen vom Typ "Kalibr" seien von Schiffen im Schwarzen Meer sowie von Bombern vom Typ Tupolew Tu-95 und Tu-160 abgesetzt worden, berichteten ukrainische Medien unter Berufung auf die Flugabwehr.
Laut Moskaus Bürgermeister steigt die Zahl der abgefangenen und zerstörten ukrainischen Drohnen über Moskau auf elf. Das schrieb Sergej Sobjanin auf Telegram.
Mehrere Verletzte in Kiew
Bei den Angriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew wurden nach Angaben des Bürgermeisters mindestens zehn Menschen verletzt. Allein in einem Studentenwohnheim seien beim Einschlag einer Drohne vier Menschen verletzt worden, teilte Vitali Klitschko auf der Plattform Telegram mit.
Russische Drohnenangriffe wurden auch aus Charkiw im Osten, Mykolajiw im Süden sowie der Hafenstadt Odessa gemeldet. Die russischen Kampfdrohnen griffen die Hafenstadt in mehreren Wellen aus verschiedenen Richtungen an, berichtete die Agentur Unian.
Neue Angriffe auf Kiew gemeldet
Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist nach Angaben des Militärs in der Nacht erneut von russischen Drohnen angegriffen worden. Der regionale Militärverwalter Timur Tkatschenko berichtete auf der Plattform Telegram von mehr als zehn Drohnen im Luftraum über Kiew. Daneben bestehe die Gefahr von Raketenangriffen. Die Flugabwehr sei im Einsatz, um die Angriffe abzuwehren. "Die Nacht wird nicht einfach werden", schrieb Tkatschenko. "Es besteht die Gefahr, dass der Feind eine große Anzahl von Drohnen und Raketen aus strategischen Flugzeugen einsetzt."
Das russische Militär hatte Kiew in der Nacht davor bereits mit Drohnen und Raketen angegriffen. Dabei wurden 15 Menschen verletzt, zahlreiche Häuser in Brand gesetzt. Insgesamt erlebte die Ukraine in der Nacht auf Samstag rund 250 Drohnenangriffe und Luftschläge mit 14 ballistischen Raketen.
Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau innerhalb von vier Stunden 95 ukrainische Drohnen abgefangen und zerstört. Sechs Drohnen seien auf dem Weg zur Hauptstadt zerstört worden, schrieb Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin auf Telegram.
Der Liveblog vom Samstag zum Nachlesen
Russland und die Ukraine haben jeweils weitere 307 Menschen freigelassen. Russische Truppen haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau drei ukrainische Ortschaften eingenommen.