
Jähes Ende der Rekord-Rally Darum stürzt die Steyr-Motors-Aktie ab
Nach einem Kursanstieg von 1.300 Prozent seit Monatsbeginn brechen die Aktien von Steyr Motors um mehr als 60 Prozent ein. Gewinnmitnahmen im Rüstungssektor sind nur ein Grund für den Kurssturz.
Die Rekordjagd der Aktie von Steyr Motors hat ein jähes Ende gefunden. Die Papiere des österreichischen Motorenherstellers brechen in der Spitze um 66 Prozent ein auf ein vorläufiges Tagestief von 81,00 Euro.
Gewinnmitnahmen drücken den Titel, nachdem zuletzt noch die Aussicht auf milliardenschwere Investitionen Rüstungsaktien befeuert hatte. Experten sprechen von einem "fait accompli"-Effekt: Nun, da das erhoffte Ergebnis - die positive Abstimmung über das Finanzpaket im Bundestag - eingetreten ist, fehlt erst einmal die Fantasie für weitere Kurssteigerungen.
Großaktionär Mutares will reduzieren
Doch das ist nicht der einzige Grund für den heftigen Kursrutsch der Aktie. Großaktionär Mutares kündigte am Morgen an, seinen Anteil an dem österreichischen Motorenhersteller zu reduzieren, um den Streubesitz der Aktien zu erhöhen.
Die deutsche Beteiligungsgesellschaft hatte den Spezialisten für Antrieb und Energieerzeugung aus dem oberösterreichischen Steyr erst im Oktober in Frankfurt an die Börse gebracht - für 14 Euro je Aktie. Zum Vergleich: Am Dienstag war die Aktie in der Spitze 384 Euro wert. Damit näherte sich der Börsenwert des Unternehmens der Marke von zwei Milliarden Euro - eine Größe, die längst nicht jeder MDAX-Wert erreicht.
1.300 Prozent Kursplus seit Monatsbeginn
Besonders bemerkenswert ist der kurze Zeitraum, in dem sich dieser steile Kursanstieg vollzog - hatte die Steyr-Aktie in ihren ersten Monaten auf dem Börsenparkett doch erst einmal vor sich hingedümpelt.
Doch dann legte sie plötzlich den Schalter um: In den vergangenen gut zwei Wochen versechzehnfachte sich der Aktienkurs. Allein für die vergangenen fünf Handelstage stand ein Kursplus von knapp 600 Prozent zu Buche, in der Spitze betrug der Wertzuwachs mehr als 900 Prozent. Seit Monatsbeginn waren es sogar mehr als 1.300 Prozent gewesen.
Rheinmetall und Brasilien sorgen für Kursschub
Am 11. März hatte das Unternehmen eine Vereinbarung mit dem deutschen Rüstungskonzern und DAX-Unternehmen Rheinmetall über die Entwicklung und Lieferung von Motoren für den militärischen Einsatz veröffentlicht. Daraufhin beschleunigte sich der Kursanstieg massiv.
Am Freitag meldete Steyr Motors dann einen langfristigen Rahmenauftrag in Brasilien. Der Auftragsbestand des Konzerns bis 2027 steige damit auf fast 200 Millionen Euro, erklärte der Spezialmotorenbauer. Der Aktienkurs schnellte daraufhin zum Wochenschluss um rund 70 Prozent in die Höhe.
Was sagt die Börsenaufsicht?
Doch einige Details in der Kurshistorie sind auffällig: Bereits am Tag vor der Meldung zu Brasilien, also am vergangenen Donnerstag, stieg der Steyr-Kurs massiv um 25 Prozent. Am Montag ging es dann sogar nochmals um 144 Prozent in die Höhe - und auch das ganz ohne neue fundamentale Nachrichten, die solche Kurssprünge auch nur annähernd hätten begründen können.
Was sagt also die Börsenaufsicht dazu? "Zum konkreten Einzelfall äußern wir uns nicht", erklärt ein BaFin-Sprecher auf Anfrage von tagesschau.de. "Wenn es allerdings auffällige Kursbewegungen gibt, dann schauen wir uns das routinemäßig an, ob es etwa Anhaltspunkte gibt für Marktmanipulationen, Insiderhandel oder Verstöße gegen Adhoc-Pflichten."
Die Pflicht zur sogenannten Adhoc-Publizität sieht vor, dass ein Unternehmen Insiderinformationen so schnell wie möglich veröffentlicht und damit den übrigen Marktteilnehmern zur Verfügung stellt.
Steyr-Aktie zu wenig liquide?
Keine Frage, Steyr profitierte zuletzt auch vom branchenweiten Boom der europäischen Rüstungswerte, der hierzulande die Kurse von Rheinmetall, Hensoldt und Renk schon länger beflügelt. Immerhin sind die Österreicher Spezialisten für Antrieb und Energieerzeugung - unter anderem für Waffensysteme.
Eine große Rolle beim steilen Kursanstieg der Steyr-Aktie dürfte zudem die Marktstruktur gespielt haben: Nur extrem wenige Aktien sind frei handelbar, der Streubesitz liegt bei gerade einmal 11,4 Prozent. Bei Steyr Motors handelt es sich damit um einen äußerst marktengen Wert - da reichen schon wenige Orders aus, um das Papier in die eine oder andere Richtung massiv zu bewegen.
Mit anderen Worten: Genauso schnell, wie es zuletzt nach oben ging, könnte es nun auch wieder nach unten gehen. Sind die heutigen Verluste also erst der Anfang?