Ein Stapel zerknitterter Ein-Dollar-Scheine.
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Weltreservewährung auf Abruf Ruiniert Trump den Dollar - und damit die USA?

Stand: 16.04.2025 05:27 Uhr

US-Präsident Trump sorgt mit seiner erratischen Zollpolitik für einen Ausverkauf beim Dollar - naht nun das Ende als Weltreservewährung? Das hätte dramatische Folgen.

Eine Analyse von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Wer ist der größte Verlierer der US-Zollpolitik an den Finanzmärkten? Fragt man Devisenexperten, ist die Antwort klar: der Dollar. Denn im Gegensatz zu den Aktienmärkten, die zuletzt einen ordentlichen Teil ihrer Verluste wieder wettmachen konnten, ist von einer vergleichbaren Erholungsrally bei der US-Währung bislang keine Spur.

Neue Geldscheine der Bank of England mit dem Konterfei von König Charles III.
Was ist eine Weltreservewährung?
Eine Weltreservewährung ist eine Währung, die von den globalen Notenbanken, Regierungen und Finanzinstitutionen als zentrales Mittel zur Wertaufbewahrung, für internationale Transaktionen und zur Absicherung von Währungsrisiken verwendet wird. Voraussetzungen sind eine große Stabilität und Vertrauen aller Marktteilnehmer in die ausgebende Volkswirtschaft. Das Britische Pfund war im 19. Jahrhundert die erste richtige Weltreservewährung im modernen Sinne, bevor dann im 20. Jahrhundert der Dollar diese wichtige Funktion im globalen Finanzsystem übernahm.

Euro auf Dreijahreshoch zum Dollar

Die Verkündung neuer Zölle durch US-Präsident Donald Trump hatte dem Dollar zuletzt einen veritablen Ausverkauf beschert. Anleger flohen in Euro, Yen und Schweizer Franken. Eine dramatische Entwicklung, die in der Börsengeschichte ihresgleichen suchte.

So sprang der Euro binnen weniger Tage um ganze sechs Cent zum Dollar in die Höhe. Mit zeitweise über 1,14 Dollar notierte die europäische Gemeinschaftswährung so hoch wie seit drei Jahren nicht mehr. Der Dollar-Index, der den Wert der US-Devise im Vergleich zu einem Korb aus sechs wichtigen Währungen angibt, sackte erstmals seit 2022 wieder in den zweistelligen Bereich ab. Eine nennenswerte Gegenreaktion blieb bislang aus.

Mehr Zinssenkungen wegen Rezessionsgefahr?

Dahinter steckt die Furcht der Anleger vor den Folgen von Trumps erratischer Zollpolitik. Der Markt wertet mittlerweile die Wachstumsrisiken für die US-Volkswirtschaft höher als die Inflationsrisiken. Experten sehen die Gefahr, dass die USA wegen der höheren Importzölle in eine Rezession abgleiten, drastisch gestiegen.

Die US-Notenbank dürfte auf dieses Szenario mit vermehrten Zinssenkungen reagieren. Die Futures-Trader rechnen für die nächsten zwölf Monate mittlerweile mit vier Leitzinssenkungen, die sich auf 1,0 Prozentpunkte aufsummieren dürften. Zum Vergleich: Vor dem "Liberation Day" hatte der Markt nur drei Zinssenkungen der Fed eingepreist.

Trump hat Vertrauen zerstört

Der Status des Dollar als sicherer Hafen bröckelt rasant. Der Markt beginnt, die Rolle des Dollar als Weltreservewährung zu hinterfragen. Daran ändern auch die jüngst verkündeten Ausnahmen für Smartphones und Laptops sowie Autos erst einmal nichts. Denn Planungssicherheit haben die Unternehmen weiterhin nicht. Wie lange sollen die "temporären" Ausnahmen gelten? Alles hängt von der nächsten Volte des US-Präsidenten ab.

Zwar gebe es bei Trump offenbar eine Lernkurve, betont Commerzbank-Devisenexpertin Antje Praefcke. "Aber der Schaden ist angerichtet, Vertrauen zerstört." Solange diese Unsicherheit für alle Beteiligten im Welt- und Wirtschaftsgeschehen anhalte, sei kaum mit einer nennenswerten Erholung des Dollar zu rechnen.

Warum Trump den Dollar schwächen will

Trump selbst dürfte den Ausverkauf der US-Devise mit Wohlwollen beobachten, ist doch eine Schwächung des Dollar als Weltreservewährung eines der erklärten Ziele seiner Zollpolitik. Die Logik dahinter: Eine schwächere heimische Währung verringert die gigantisch hohen Staatsschulden und auch das Handelsbilanzdefizit der USA.

Dabei ist die aktuelle Abwertung des Dollar eher ein von Trump und seinen Beratern "ungeplanter" Nebeneffekt der US-Zollpolitik. Ziel ist es vielmehr, die Gläubiger der USA in den kommenden Tagen und Wochen zu einer koordinierten Abwertung des Dollar zu zwingen und dadurch amerikanische Exporte wettbewerbsfähiger zu machen. "Mar-a-Lago Accord" lautet das Stichwort.

Ein "Deal" zur Abwertung des Dollar?

Dahinter steckt eine Idee von Stephen Miran, dem neuen Vorsitzenden des wirtschaftlichen Beratergremiums des Präsidenten: In Anlehnung an den "Plaza Accord" von 1985 sollen ausländische Gläubiger ihre US-Staatsanleihen umwandeln in solche mit einer extrem langen Laufzeit von 100 Jahren - und niedriger oder gar keiner Verzinsung.

Ein Tausch, den kein Land freiwillig eingehen würde - außer man droht ihm mit hohen Zöllen oder dem Entzug des militärischen Schutzes durch die USA.

(l-r) Die Finanzminister Gerhard Stoltenberg (Bundesrepublik Deutschland), Pierre Beregovoy (Frankreich), James A. Baker (USA), Nigel Lawson (Großbritannien) und Noboru Takeshita (Japan) stellten sich vor ihrer Konferenz im New Yorker Plaza Hotel zu einem Gruppenbild auf. Aufgenommen am 22. September 1985.
Das Plaza-Abkommen von 1985
Das Plaza-Abkommen wurde am 22. September 1985 von den G5-Staaten Frankreich, Bundesrepublik Deutschland, Japan, USA und Großbritannien im Plaza Hotel in New York beschlossen. Ziel war es, den Dollar zu schwächen, um das wachsende Handelsdefizit der USA zu verringern. In einer konzertierten Aktion verkauften die Zentralbanken US-Staatsanleihen aus ihren Beständen. Das Plaza-Abkommen führte zu einer dramatischen Aufwertung des Yen und der D-Mark gegenüber dem Dollar.

Trump und Miran spielen mit dem Feuer

Experten sind überzeugt: Miran und Trump spielen mit dem Feuer. LBBW-Chefvolkswirt Moritz Kraemer spricht von einer "brandgefährlichen Idee". Für ihn gibt es keinen sichereren Weg, das Vertrauen in den Dollar zu unterwandern.

"In allen Finanzkrisen war die US-Staatsanleihe der sichere Hafen. Dieser Mar-a-Lago Accord würde den Hafen verminen", warnt Kraemer. "Eine Finanzkrise globalen Ausmaßes wäre die Folge."

Refinanzierung der USA steht auf dem Spiel

Tatsächlich hätte ein Ende des Dollar als Weltreservewährung auch für die USA selbst dramatische Folgen: Die Nachfrage nach dem Dollar wäre nicht mehr unelastisch, die Nachfrage nach US-Staatsanleihen würde deutlich sinken. Die Renditen - und damit die Zinsen, die der US-Staat seinen Gläubigern zahlen muss - würden entsprechend steigen.

Die bislang so einfache Refinanzierung der US-Staatsschulden an den Finanzmärkten stünde damit vor dem Aus. Der US-Staat könnte sich nicht mehr unbeschränkt Geld borgen - dabei ist er darauf dringend angewiesen, sind die USA doch mit knapp 37 Billionen Dollar der in absoluten Zahlen am höchsten verschuldete Staat der Welt.

Auch die US-Unternehmen und -Verbraucher und damit Trumps Wähler würde ein Dollar-Kollaps direkt treffen: Sie müssten massive Wohlstandsverluste hinnehmen und so die Folgen der wirren Wirtschaftspolitik ihres Präsidenten schultern. Die Ökonomen von Goldman Sachs gehen davon aus, dass selbst großzügige Steuersenkungen das nicht wettmachen könnten.

Trump-Berater von Börsen-Crash überrascht

Ob Miran und Trump das bedacht haben? Tatsächlich hat sich das wirtschaftspolitische Konzept der US-Regierung bislang in vielerlei Hinsicht als zu kurzsichtig und wenig durchdacht erwiesen, Miran selbst lag mit vielen seiner Erwartungen komplett daneben.

So prognostizierte der Trump-Berater in seinem im November 2024 geschriebenen Papier etwa, dass es nach Ankündigung der US-Zölle an den Börsen kaum Turbulenzen geben werde. Die Realität sah anders aus.