Edelmetall-Preis auf Rekordhoch Wie Trump die Gold-Rally befeuert
Der "sichere Hafen" Gold ist gefragt wie nie zuvor. Warum aber wandert tonnenweise Gold von der Schweiz in die USA? Und was hat Donald Trump mit dem Mangel an Goldbarren in London zu tun?
Gold ist so teuer wie nie zuvor. In der Spitze wurden in dieser Woche 2.882 Dollar für eine Feinunze des gelben Edelmetalls gezahlt. Zur Begründung verweisen Marktbeobachter gerne auf die Furcht vor einem "Handelskrieg" zwischen den USA und China: Gold profitiere davon, gilt das gelbe Edelmetall doch als "sicherer Hafen" in unsicheren Zeiten.
Angst vor Importzöllen auf Gold
Doch das ist bestenfalls die halbe Wahrheit hinter der Gold-Rally. Größer als die Furcht vor einem eskalierenden Handelsstreit ist am Goldmarkt nämlich die Furcht vor neuen Zöllen der US-Regierung unter Donald Trump auf Rohstoffimporte in die Vereinigten Staaten - inklusive Goldbarren.
Zwar hat der US-Präsident das Edelmetall in seinen Zollplänen nicht mit einem Wort erwähnt. Doch schon das Risiko reicht aus, um die Goldlieferungen nach New York massiv anzukurbeln.
Schweiz liefert tonnenweise Gold in die USA
Ablesbar ist dies auch an den auffälligen Marktbewegungen zwischen der Schweiz und den USA. Die Eidgenossen haben den Daten der Zollbehörde zufolge allein im Dezember 64 Tonnen Gold in die USA geliefert.
"Offenbar erfolgen diese Einlieferungen aus Sorge davor, dass auch auf Goldlieferungen in die USA ein Einfuhrzoll erhoben werden könnte", erläutert Commerzbank-Rohstoffexperte Carsten Fritsch.
Lagerbestände am New Yorker Terminmarkt steigen
Unterdessen sind die Goldlagerbestände an der New Yorker Terminbörse COMEX kräftig gestiegen. Allein im Dezember kletterten diese um 123 Tonnen in die Höhe.
Im Januar beschleunigte sich der Trend nochmals: Weitere 290 Tonnen kamen zu Jahresbeginn hinzu - die höchsten monatlichen Zuflüsse seit Mai 2020, dem Höhepunkt der Corona-Pandemie.
Verwahrung in speziellen Lagerhäusern
Aktuell liegen die Goldbestände an der COMEX damit bei gut 1.000 Tonnen - so hoch wie seit Sommer 2022 nicht mehr. Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten Anfang November stiegen sie um 75 Prozent.
Die New York Commodities Exchange (COMEX) ist ein Teil der weltweit größten Warenterminbörse in New York. Hier werden Gold-Futures gehandelt, also Terminkontrakte, die eine rechtlich verbindliche Lieferung von Gold zu einem vereinbarten Preis in der Zukunft garantieren. Das physische Gold wird in speziellen von der COMEX zugelassenen Lagerhäusern verwahrt.
Hohe Aufschläge in New York
Attraktiv für Investoren ist dabei der hohe Preis der Gold-Futures an der COMEX. Diese werden nämlich mit einem kräftigen Aufschlag gehandelt im Vergleich zum Markt in London. Am London Bullion Market findet der größte Teil des physischen Handels mit dem Edelmetall statt; seit 1919 wird hier der Weltmarktpreis für Gold festgestellt.
Gegenüber dem Londoner Preis wurden an der COMEX zuletzt zeitweise außergewöhnlich hohe Aufschläge von bis zu 60 Dollar pro Feinunze für Gold-Juni-Kontrakte gezahlt.
Preisdifferenzen geschickt ausgenutzt
Dieser Preisunterschied, auch Spread genannt, zwischen dem Goldpreis in New York und in London machte es für institutionelle Anleger profitabel, Gold zu verlagern. Sie haben daher kurzfristig immense Mengen von der London Bullion Market Association (LBMA) zur Auslieferung beansprucht, um diese an die Warenterminbörse COMEX zu verschieben.
An der Börse werden derlei Geschäfte, die Preisunterschiede auf verschiedenen Märkten ausnutzen, als "Arbitrage-Geschäfte" bezeichnet.
In London wird das Gold knapp
Das hat wiederum in London zu massiven Verzögerungen bei der Ausgabe geführt. Für gewöhnlich ist die Abholung bei der Bank of England (BoE) ein Routineakt. Doch mittlerweile hat die Zentralbank offensichtlich Schwierigkeiten, mit der Nachfrage Schritt zu halten.
Dauerte die Auslieferung durch die BoE üblicherweise wenige Tage bis zu einer Woche, so müssen Anleger Marktgerüchten zufolge darauf mittlerweile bis zu vier oder gar acht Wochen warten. "In London scheint mittlerweile das frei verfügbare Gold knapp zu werden", erklärt Commerzbank-Rohstoffexperte Fritsch. "Das dürfte eine Erklärung dafür sein, weshalb der Goldpreis trotz kaum veränderter Zinserwartungen weiter steigt."
Es lockt die 3.000-Dollar-Marke
Doch wie weit kann der Goldpreis jetzt noch steigen? Aus technischer Perspektive reichte das Kurspotenzial aus, um nun Kurs auf die runde 3.000er-Marke zu nehmen, ist Jörg Scherer, HSBC-Charttechnikexperte, überzeugt.
Und auch Marktexperte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest traut dem Edelmetall noch viel zu: "Gold strebt den 3.000 Dollar entgegen." Nach dem Erreichen der runden Marke dürfte die Rally am Goldmarkt aber erst einmal eine Pause einlegen.