
Was unternehmen die USA? Börsen hoch angespannt
US-Präsident Trump lässt ein mögliches Eingreifen im Iran weiter offen. Auch der Zinsentscheid der Fed am Abend verunsichert die Investoren. Während der DAX nachgab, halten sich die US-Börsen im Plus.
"Niemand weiß, was ich tun werde", sagte US-Präsident Donald Trump heute auf die Frage, ob er einen US-Schlag gegen iranische Nuklearanlagen erwäge - und beschrieb damit auch das Dilemma, das derzeit die Aktienmärkte beschäftigt.
Einerseits wären ein Ende des Atomkonflikts und gar die Hoffnung auf einen Regimewechsel im Iran ganz im Sinne der Finanzmärkte. Andererseits hält die Ungewissheit, ob und wie die USA in den Konflikt eingreifen, die Anlegerinnen und Anleger in Atem. Auch der Zinsentscheid der amerikanischen Notenbank Fed am Abend mahnt die Investoren zur Vorsicht.
Der DAX schloss nach einer wechselhaften Sitzung 0,5 Prozent tiefer bei 23.317 Punkten. Sein Rekordhoch von Anfang des Monats bei 24.479 Punkten hat er mittlerweile um 1.160 Punkte unterschritten.
Damit hat der deutsche Leitindex mitten in einer wichtigen Schlüsselzone geschlossen: Sollte er den Kursbereich seiner alten Ausbruchsmarken bei 23.300/23.400 Punkten unterschreiten, würden sich die technischen Perspektiven schlagartig eintrüben.
Im Fokus der Anleger stand auch der Fed-Zinsentscheid heute Abend um 20 Uhr, der den Konflikt der Zentralbank mit dem Weißen Haus weiter anheizen dürfte. Laut dem Fed Watch Tool der CME Group gehen 99,9 Prozent der Marktteilnehmer davon aus, dass die US-Notenbank den Leitzins nicht antastet und in seiner aktuellen Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent belässt.
Dabei könnte der Druck auf die Fed, die Zinsen zu senken, aktuell kaum größer sein. US-Präsident Trump hatte zuletzt seinen Druck auf die Währungshüter erhöht und eine Zinssenkung um einen vollen Prozentpunkt gefordert. Heute legte er nach: Fed-Chef Powell habe "schlechte Arbeit" geleistet und sei "ein dummer Mensch", weil er den Leitzins offenbar nicht senken wolle, sagte der Republikaner vor Reportern und sinnierte dabei, ob er sich nicht selbst zum Chef der US-Notenbank ernennen sollte.
Tatsächlich lieferten Trump die zuletzt schwächer als erwartet ausgefallenen Inflationsdaten und eine zumindest teilweise Entspannung im Handelskonflikt durchaus gute Argumente. Auch die jüngsten geopolitischen Entwicklungen könnten für eine Stützung der Konjunktur durch niedrige Zinsen sprechen. Die Fed begründete ihre Zurückhaltung bisher mit den Auswirkungen von Trumps weitreichenden Zöllen auf die US-Wirtschaft. Sie verwies auf Risiken für die Inflation und den Arbeitsmarkt.
Die Konjunkturdaten des Tages sprechen ebenfalls eher für eine konjunkturelle Eintrübung. So fielen die Baubeginne im Mai mit minus 9,8 Prozent überraschend deutlich zurück. Die Baugenehmigungen gaben ebenfalls unerwartet um zwei Prozent nach. Erschwert werden die Immobiliengeschäfte in den Vereinigten Staaten durch die hohen Baukosten - auch befeuert durch von US-Präsident Trump verhängte Importzölle auf Holz, Aluminium und Stahl. Die wöchentlichen Erstanträge gingen dagegen wie erwartet leicht um 5.000 auf 245.000 zurück.
Im Fokus der Anleger dürften daher die neuen Prognosen der Fed stehen - vor allem jene für den Leitzins (die sogenannten "dot plots"): Rechnet die US-Notenbank in der zweiten Jahreshälfte weiterhin mit zwei Zinssenkungen? Das Enttäuschungspotenzial für die Börsen ist groß: Der Markt habe sich "darauf versteift, dass sich die Fed recht taubenhaft anhören dürfte", betont Commerzbank-Devisenanalystin Antje Praefcke.
Im Vorfeld des Fed-Entscheids sind die US-Börsen verhalten gestartet. Zur Stunde legt der Dow Jones rund 0,3 Prozent zu. Der US-Leitindex hatte gestern noch um 0,7 Prozent nachgegeben.
Die Technologiewerte können sich ebenfalls leicht erholen. Der Nasdaq 100 legt rund 0,4 Prozent zu.
Auch der Euro zeigt sich im Vorfeld des Fed-Entscheids leicht erholt. Zuletzt kostete ein Euro 1,1522 Dollar. Gestern hatte die Entwicklung im Krieg zwischen Israel und dem Iran erneut für Verunsicherung gesorgt und die Gemeinschaftswährung belastet.
Am Ölmarkt herrscht Ausnahmezustand: Nach frühen Verlusten sprangen die Ölpreise ins Plus, um am Nachmittag wieder zurückzufallen. Die Nordseesorte Brent büßt zur Stunde 1,8 Prozent auf 75,50 Dollar je Barrel (159 Liter) ein.
Haupttreiber waren zunächst die anhaltenden Spekulationen über einen möglichen Militärschlag der USA gegen den Iran. Aber auch die überraschend deutlich sinkenden US-Rohölvorräte stützten die Notierungen. Die Rohölvorräte sanken um 11,5 Millionen auf 420,9 Millionen Barrel. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit einem Rückgang um 2,5 Millionen gerechnet.
Der Preis für die Feinunze Gold legt am späten Nachmittag um 0,1 Prozent auf 3.391 Dollar zu. Gold notiert damit bereits wieder rund 70 Dollar unter seinem Hoch von Anfang der Woche. Das gelbe Edelmetall gilt als sicherer Hafen, der von vielen Anlegern in Krisensituationen angesteuert wird.
Im DAX war die Airbus-Aktie einer der größten Gewinner. Der weltgrößte Flugzeugbauer lockt seine Aktionäre mit der Aussicht auf höhere Gewinnausschüttungen. Künftig sollen jährlich 30 bis 50 Prozent des Überschusses als Dividende an die Anteilseigner fließen - bisher hatte Airbus eine Ausschüttungsquote von 30 bis 40 Prozent genannt.
Die Aktie von Beiersdorf setzte ihren jüngsten Kursrutsch fort und gehörte zu den größten Verlierern im DAX. Gleich zwei negative Analystenstimmen lasteten auf dem Papier: Die Beendigung einer Kaufempfehlung durch die Bank of America paarte sich mit der Streichung von einer Aktien-Ideenliste durch die DZ Bank.
Kurz vor der erwarteten Vertragsverlängerung von Thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez geht die IG Metall zu dem umstrittenen Vorstandschef auf Konfrontationskurs. "Aus heutiger Sicht werde ich nicht für eine Verlängerung stimmen und das ist auch das Signal der IG Metall insgesamt", sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft und stellvertretende Aufsichtsratschef des Konzerns, Jürgen Kerner.
Vorstand und Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 halten das Angebot des tschechischen Minderheitseigners PPF für eine Aufstockung seiner Anteile aus finanzieller Sicht für nicht ausreichend. Der Angebotspreis von 7,00 Euro pro Akte spiegele das Ertragspotenzial und den langfristigen Wert von ProSiebenSat.1 nicht angemessen wider. PPF hatte sein mit dem italienischen Großeigner MFE konkurrierendes Angebot am 4. Juni unterbreitet. Die Annahmefristen beider Angebote enden am 13. August. Laut ProSiebenSat.1 liegt das PPF-Angebot 21,7 Prozent über dem rechnerischen Angebot der MFE, die mit 5,75 Euro den gesetzlichen Mindestpreis geboten hatte.
Die Deutsche Pfandbriefbank (pbb) will sich angesichts der unsicheren Wirtschaftsentwicklung unter Trump vollständig aus dem US-Markt zurückziehen. Die pbb rechnet daher mit einem Sonderaufwand, der in diesem Jahr zu einem Verlust führen könnte. Das Management kassiert daher vorsorglich seine Prognose für 2025.
Weiter köchelnde Spekulationen auf eine Übernahme sorgten bei Gerresheimer für Rückenwind. Der Verpackungshersteller teilte mit, KPS Capital Partners führe weiterhin Gespräche mit Warburg Pincus über eine Übernahme. Es sei aber nicht absehbar, ob und wann ein öffentliches Übernahmeangebot abgegeben werde.
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bei Amazon wird nach Angaben des Online-Händlers in den kommenden Jahren insgesamt zu einer Verkleinerung der Belegschaft führen. Konzernchef Andy Jassy teilte mit: "Wir gehen davon aus, dass wir in den kommenden Jahren die Gesamtzahl der Mitarbeiter im Konzern reduzieren werden, da wir durch den umfassenden Einsatz von KI im gesamten Unternehmen Effizienzgewinne erzielen."