
Einsatz in Kalifornien Was ist die Nationalgarde?
Die Entscheidung von US-Präsident Trump, die Nationalgarde nach Los Angeles zu schicken, ist höchst umstritten. Wie setzt sich diese Truppe zusammen, was sind ihre Aufgaben? Und was unterscheidet sie von der Armee?
Nach den Zusammenstößen von Sicherheitskräften mit Demonstrierenden in Los Angeles hat US-Präsident Donald Trump die Nationalgarde entsandt. Auslöser der teils gewaltsamen Proteste waren am Freitag Razzien der Einwanderungsbehörde ICE. Die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom kritisierten den Einsatz der Nationalgardisten.
Was ist die Nationalgarde der USA?
Die Nationalgarde setzt sich nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums aus der Army National Guard mit rund 325.000 Kräften und der Air National Guard mit rund 105.000 Soldaten zusammen. Ihre Organisation ist im Vergleich zu den Streitkräften der USA komplizierter. Sie existiert auf dem Papier parallel zur US Armee, ist zwar eng mit ihr verwoben, gehört ihr offiziell aber nicht an.
Die Nationalgarde kann auch im Ausland eingesetzt werden. Sie geht nach eigenen Angaben auf Milizen im Jahr 1636 zurück, als Nordamerika kolonialisiert wurde. Ihre rechtliche Grundlage entstand 1903 durch ein Bundesgesetz, den Militia Act.
Im Normalfall haben die Bundesstaaten die Kontrolle über die Nationalgarde - eine militärische Reserveeinheit, mit den US-Streitkräften eng verzahnt ist. Jeder Bundesstaat hat seine eigene Garde, die bei Waldbränden, Wirbelstürmen, Überflutungen oder Unruhen im Inneren eingesetzt werden kann. Sie steht dann unter dem Befehl des jeweiligen Gouverneurs. Kommt es zum Krieg oder zu nationalen Notfällen, kann der US-Präsident das Kommando übernehmen.
Zuletzt hatte Trump die Nationalgarde während seiner ersten Amtszeit im Jahr 2020 mobilisiert: Damals haben Menschen nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd in Minneapolis bei Massendemonstrationen USA-weit gegen Polizeigewalt protestiert. Allerdings gaben damals letztendlich die Gouverneure den letzten Befehl für den Einsatz - und nicht alle setzten Trumps Bitte um.
Wo ist die Nationalgarde derzeit im Einsatz?
300 Mitglieder der Nationalgarde von Kalifornien haben nach Angaben des Militärkommandos an drei Stellen im Großraum Los Angeles Stellung bezogen. Vor einem Gefängnis des Bundes, das von Nationalgardisten in Kampfmontur beschützt wurde, versammelten sich einige Dutzend friedliche Demonstranten, wie Bilder des US-Senders CNN zeigten. Eine Reporterin vor dem Gebäude erklärte, am Morgen seien dort zunächst mehr Journalisten als Demonstranten gewesen.
Die Soldaten der Nationalgarde trugen automatische Waffen sowie Stöcke, hinter ihnen waren mehrere Militärfahrzeuge zu sehen. Auch Tränengas wurde Berichten zufolge eingesetzt. Das US-Militär hatte zuvor erklärt, die Nationalgardisten seien im Raum Los Angeles im Einsatz, um Eigentum und Personal des Bundes zu schützen. Trump hat die Mobilisierung der insgesamt 2.000 Nationalgardisten angeordnet. Nach Angaben der Los Angeles Times war noch unklar, wann die gesamten 2.000 Mann vor Ort sein würden.
Trump will einen Einsatz von Nationalgardisten auch in anderen Städten der USA nicht ausschließen. Es werde geprüft, "Truppen überall zu haben", sagte Trump. Trumps Dekret zur Mobilisierung der Nationalgarde spricht von "einer Form der Rebellion" gegen die Staatsmacht - nennt aber Los Angeles nicht explizit. Es könnte also überall in den USA angewendet werden.
In der offiziellen Bekanntmachung des US-Präsidenten hieß es, die Nationalgarde werde 60 Tage im Einsatz sein oder so lange, wie es der Verteidigungsminister für nötig halte. Der Minister dürfe im Bedarfsfall auch Angehörige des regulären US-Militärs "in einer von ihm als angemessen erachteten Größenordnung" einsetzen, hieß es dort weiter. Trump hat sich bislang jedoch nicht auf den Insurrection Act berufen, ein Gesetz aus dem Jahr 1807, das den Präsidenten ermächtigt, das US-Militär zur Unterdrückung von Ereignissen wie zivilen Unruhen einzusetzen.
Ist dieser Einsatz der Nationalgarde ungewöhnlich?
Trump hatte die Entsendung in die Westküstenmetropole am Wochenende befohlen - gegen den Willen von Gouverneur Newsom.
Der Einsatz der Nationalgarde gegen den Widerstand eines Gouverneurs ist eine höchst ungewöhnliche Machtdemonstration der Regierung. Seit 1965 hatte kein US-Präsident mehr die Nationalgarde eines Bundesstaats gegen dessen erklärten Willen übernommen. Eine von der New York Times zitierte Expertin sagte, das letzte Mal war, als Präsident Lyndon B. Johnson Soldaten einsetzte, um während der Bürgerrechtsbewegung im Südstaat Alabama die fast ausschließlich schwarzen Demonstranten zu schützen.
Newsom, der als möglicher Kandidat für die US-Präsidentschaftswahl 2028 gehandelt wird, protestierte vehement gegen den Einsatz der Nationalgarde. Ohne seine Einwilligung sei dies ein "schwerwiegender Verstoß gegen die Souveränität des Bundesstaats", heißt es in einem Protestschreiben an Verteidigungsminister Hegseth, das Newsom auf der Plattform X veröffentlichte. Newsom machte sich in Los Angeles selbst ein Bild von der Lage und verwies darauf, dass es genügend örtliche Sicherheitskräfte gebe.
Die Vereinigung aller demokratischen Gouverneure der US-Bundesstaaten, zu denen auch Newsom gehört, bezeichnete Trumps Mobilisierung der Nationalgarde als "alarmierenden Machtmissbrauch". Ein Einsatz der Sicherheitskräfte gegen den Willen des betroffenen Staates sei "ineffektiv und gefährlich".
Sind weitere Kräfte des Bundes im Einsatz?
Verteidigungsminister Pete Hegseth hat damit gedroht, notfalls auch aktive Soldaten von den Marines zu mobilisieren. Rund 500 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte stünden bereit, um bei Bedarf einzuschreiten, teilte das zuständige Regionalkommando des Militärs mit.
Ein Einsatz von Soldaten der regulären Streitkräfte im Inneren wäre eine gravierende Eskalation. Soldaten sind für militärische Einsätze ausgebildet, nicht für polizeiliche Aufgaben wie die Kontrolle von Protesten in amerikanischen Innenstädten.