
Kritik an türkischer Regierung Protest gegen Festnahme von Imamoğlu
Trotz eines Verbots hat es in Istanbul Demonstrationen gegen die Festnahme von Oppositionspolitiker Imamoğlu gegeben. Auch in Ankara gab es Proteste. Aus dem EU-Ausland kommt scharfe Kritik.
In der Türkei haben zahlreiche Menschen gegen die Festnahme von Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu demonstriert. Trotz eines Verbotes kamen allein in Istanbul Tausende Menschen unter hohem Polizeiaufgebot vor der Stadtverwaltung zusammen, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete.
Auch in Ankara gab es dem Sender Halk Tv zufolge Proteste. An der dortigen ODTÜ-Universität kam es demnach zu Zusammenstößen zwischen Studierenden und der Polizei. Dabei sollen auch Demonstrierende in Gewahrsam genommen worden sein.
Justizminister widerspricht Putsch-Vorwurf
Die CHP spricht nach der Festnahme von einem "zivilen Putsch". Sie wirft der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan vor, den Oppositionspolitiker ausschalten zu wollen. Die türkische Regierung weist die Vorwürfe zurück.
Der türkische Justizminister Yilmaz Tunc erklärte, Erdoğan habe nichts mit der Festnahme des Istanbuler Bürgermeisters sowie etwa 100 weiterer Personen zu tun gehabt. "Die Verknüpfung von Ermittlungen und Verfahren der Justiz mit unserem Präsidenten ist bestenfalls anmaßend und unangemessen", sagte er.
Nach Angaben von Tunc wird wegen Vorwürfen der Korruption und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gegen Imamoğlu ermittelt. Er und sechs weitere Personen sollen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) unterstützt haben. Die Festnahme erfolgte einen Tag, nachdem die Universität Istanbul dem Bürgermeister seinen Abschluss aberkannt hatte. Sollte dies Bestand haben, wäre er von einer Präsidentschaftskandidatur ausgeschlossen.
Kritik aus der EU
Auch aus dem Ausland gab es scharfe Kritik an der Verhaftung. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Festnahme "schweren Schlag für die Demokratie in der Türkei" kritisiert. "Wir sehen klar, dass die Räume für Oppositionspolitiker immer kleiner werden", sagte sie.
Die Festnahme könne "schwere Folgen für die türkische Demokratie haben", sagte außerdem ein Sprecher des Außenministeriums in Paris. Mehrere europäische Bürgermeister verurteilten die Festnahme Imamoğlus. Diese sei "ein neuer Schritt im Vorgehen des Erdoğan-Regimes gegen oppositionelle Bürgermeister", erklärte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nannte die Vorwürfe gegen Imamoğlu "politisch motiviert und an den Haaren herbeigezogen" und forderte seine sofortige Freilassung.