Satellitenaufnahme der Straße von Hormus. (Archivbild: 27.12.2011)
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Mögliche Reaktionen Welche Folgen könnte der US-Angriff haben?

Stand: 22.06.2025 23:08 Uhr

Nach den US-Angriffen auf iranische Atomanlagen wächst die Sorge vor einem Flächenbrand. Teheran kündigte Konsequenzen an - aber ist das Regime dazu überhaupt in der Lage? Kommt es nun zur Blockade der Straße von Hormus?

International wächst nach den US-Angriffen auf Atomanlagen im Iran die Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges in Nahost. Westliche Länder sowie die UN forderten zur Entschärfung der Lage und zu einer diplomatischen Lösung auf. Die USA wiederum gaben sich gesprächsbereit, warnten den Iran aber auch in deutlichen Worten vor einem möglichen Vergeltungsschlag.

Nun wird vieles darauf ankommen, welche Entscheidungen im Iran fallen. "Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, an dem die Situation für die USA nahezu unkontrollierbar geworden ist, weil die weitere Entwicklung davon abhängt, wie der Iran jetzt reagiert", analysierte der Nahost-Experte Jan Busse von der Universität der Bundeswehr München.

Wie waren die unmittelbaren Reaktionen des Iran?

Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi drohte nach dem US-Angriff umgehend mit Konsequenzen und lehnte Gespräche ab. Die Tür zur Diplomatie sollte immer offen gehalten werden, sagte er in Istanbul vor Journalisten - "doch das ist derzeit nicht der Fall". Die USA verstünden nur "die Sprache der Drohung und der Gewalt." Sein Land behalte sich alle Optionen für seine Selbstverteidigung vor, so der Minister auf X.

Die iranische Revolutionsgarde schickte nach den US-Angriffen eine warnende Botschaft an die USA. "Mit dem Angriff auf die friedlichen Atomanlagen haben sie sich de facto selbst direkt in Gefahr gebracht", teilte die Elitetruppe der iranischen Armee laut der Nachrichtenagentur Fars mit. Die US-Militärbasen in der Region seien kein Vorteil, sondern eher "Punkte der Verwundbarkeit". Zudem feuerte die Elitestreitmacht erneut Dutzende Raketen auf Israel, zahlreiche Menschen wurden verletzt.

Irans Reaktionen auf die US-Angriffe

Gabriele Dunkel, ARD Istanbul, tagesschau, 22.06.2025 17:45 Uhr

Wie könnte eine Antwort aussehen?

Ein mögliches Szenario wäre, dass der Iran direkt mit ballistischen Raketen oder Drohnen gegen US-Streitkräfte in der Region vorgeht. Das US-Militär hat im Nahen Osten rund 40.000 Soldatinnen und Soldaten stationiert. Die Stützpunkte in Bahrain und Katar am Persischen Golf etwa sind nicht weit vom Iran entfernt.

Unklar ist aber, ob der Iran nach den massiven Raketenangriffen auf Israel und der Zerstörungen vieler seiner Abschussrampen und Raketenlager durch die israelische Luftwaffe überhaupt noch zu größeren Angriffen in der Lage ist. Fraglich ist auch, ob eine solche Eskalation im Interesse Teherans wäre, da die USA darauf mit voller Härte reagieren dürften. Trump ermahnte die Führung in Teheran bereits kurz nach dem US-Angriff in Großbuchstaben auf seiner Plattform Truth Social: "Jegliche Vergeltung des Iran gegen die Vereinigten Staaten von Amerika wird mit einer viel größeren Wucht beantwortet werden, als sie heute Abend zu beobachten war."

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass der Iran US-Ziele nicht selbst angreift, sondern verbündete Milizen in anderen Ländern attackieren lässt.

Droht die Sperrung der Straße von Hormus?

Ein weiterer Hebel wäre eine Blockade der Straße von Hormus. Die etwa 55 Kilometer breite Meerenge zwischen dem Iran und Oman gilt als eine der wichtigsten Schifffahrtsrouten für den weltweiten Ölexport, etwa für Ausfuhren aus Saudi-Arabien - und wegen der Angriffe der USA sind ohnehin Verwerfungen auf dem Ölmarkt zu befürchten. Für den Iran wäre es ein Leichtes, das Nadelöhr für Schiffe zu sperren. Er könnte das Gebiet verminen, Förderanlagen und Pipelines zerstören oder Tanker mit Drohnen und Raketen beschießen. Dann wären die meisten Öl- und Gasproduzenten in der Region vom Weltmarkt abgeschnitten.

Die Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff hält dies allerdings nicht für das plausibelste Szenario, "weil es auch aus Sicht des Irans zu viele Risiken bergen würde - etwa auch mit Blick auf China, einen der letzten Staaten, der sich im UN-Sicherheitsrat für den Iran aussprechen würde". Hinzu kommt, dass die Sperrung der Route auch für den Iran selbst negative Folgen hätte.

US-Außenminister Marco Rubio warnte Teheran bereits davor, die Straße zu blockieren. "Falls sie das tun, wäre das ein weiterer schwerer Fehler. Es wäre wirtschaftlicher Suizid für sie", sagte er dem TV-Sender Fox News. 

Die Reedereien Maerks und Hapag-Lloyd erklärten im Lauf des Tages, dass ihre Schiffe auch nach den US-Angriffen weiterhin durch die Straße von Hormus fahren. "Wir fahren immer noch durch die Straße von Hormus, aber natürlich kann sich die Situation innerhalb kürzester Zeit ändern", sagte ein Sprecher von Hapag-Lloyd.

Besteht die Gefahr von Terroranschlägen?

Der renommierte Politikwissenschaftler Peter Neumann vom King's College London sagte im ARD-Brennpunkt, vor allem die Revolutionsgarde habe in den vergangenen Jahrzehnten überall im Westen Terrornetzwerke aufgebaut - auch in den USA und Westeuropa.

"Ich glaube persönlich, dass diese Netzwerke erst dann aktiviert würden, wenn akut die Existenz des Regimes in Teheran auf dem Spiel steht", sagte Neumann. Trotzdem sei es richtig, dass man - wie auch in Deutschland - zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen treffe.

Prof. Peter Neumann, Security Studies, King's College London, zur möglichen Eskalation des Konfliktes in Nahost

Brennpunkt, 22.06.2025 20:15 Uhr

Könnte Russland eine Rolle spielen?

Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi kündigte im Lauf des Tages ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin an. In Moskau seien am Montag Beratungen geplant. Er verwies auf die strategische Partnerschaft, die der Iran mit Russland unterhalte. Beide Länder hatten die weithin beachtete Partnerschaft erst in diesem Jahr offiziell geschlossen. Sie enthält aber keine Klausel über einen militärischen Beistand - anders als das zwischen Russland und Nordkorea geschlossene Abkommen.

Die russische Führung versuchte zuletzt, die USA von einem Angriff auf den Iran abzubringen. Mit Blick auf den Nahen Osten mahnte das russische Außenministerium, es gebe eine echte atomare Gefahr durch Israels Angriffe auf die Kernenergie-Anlagen, die Welt treibe auf "eine nukleare Katastrophe" zu.

Dass Moskau dem Iran mit Truppen zur Seite steht, gilt aber als eher unwahrscheinlich. Einerseits hat Russland mit seinem Krieg gegen die Ukraine Ressourcen gebunden. Zum anderen könnte womöglich auch die jahrelange Verstrickung in den Bürgerkrieg in Syrien abschreckend auf Moskau wirken.

Mit Informationen von dpa und Sabina Matthay, ARD Kairo