Bundestagswahl 2025

 Besucher gehen vor der Deutschlandflagge in der Kuppel im Bundestag.
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Bundestagswahl 2025 Was bei der Wahl heute wichtig ist

Stand: 23.02.2025 05:17 Uhr

Nach dem Bruch der Ampelkoalition wählen die Menschen in Deutschland in einer vorgezogenen Wahl einen neuen Bundestag. Mit ziemlicher Sicherheit steht das Land vor einem Regierungswechsel. Was man für diesen Wahltag wissen sollte.

Die Ausgangslage

Deutschland hat die Wahl - ein halbes Jahr früher als geplant. Nach dem Bruch der Ampelregierung im November 2024 wurde die Bundestagswahl auf den 23. Februar 2025 vorgezogen.

Der Wahlkampf war kurz und aus vielerlei Gründen außergewöhnlich: Zwei Themen dominierten, andere hatten es schwer. Es gab so viele Kanzlerkandidaten wie nie zuvor. Der Kanzler agierte mehr wie ein Herausforderer und der Herausforderer schon fast wie ein Kanzler. Eine Kanzlerkandidatin erhielt Rückenwind aus den USA, eine zittert vor der Fünf-Prozent-Hürde. Ein anderer erklärt sich zum "Bündniskanzler" und muss doch auf Bündnisse hoffen.

Und ähnlich wie in manchen Jahren der Fußball-Bundesliga ist der Abstiegskampf fast spannender als der Kampf um die Meisterschaft. Gleich drei Parteien ringen um den Einzug in den Bundestag.

Und während Deutschland im Wahlkampf ist, erodiert die transatlantische Wertegemeinschaft und Europas Einfluss gleich mit. Schon vor diesem Hintergrund wäre es gut, wenn Deutschland schnell eine handlungsfähige und stabile Regierung bekäme. Wer auch immer ins Kanzleramt einzieht: Viel Eingewöhnungszeit wird es nicht geben.

Wer darf wählen?

Rund 59,2 Millionen Menschen, plus deutsche Wahlberechtigte, die im Ausland leben. Eine Pflicht zur Stimmabgabe gibt es nicht. Die Teilnahme an der Bundestagswahl ist freiwillig und ein demokratisches Recht. Wählen darf, wer am Wahltag mindestens 18 Jahre alt ist und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt.

Etwa 2,3 Millionen junge Deutsche sind seit der vergangenen Bundestagswahl volljährig geworden und dürfen nun erstmals den Bundestag wählen. Fast jeder vierte Wahlberechtigte (23,2 Prozent) ist über 70 - mehr als 40 Prozent haben den sechzigsten Geburtstag hinter sich. Menschen unter 30 Jahren machen hingegen nur 13,3 Prozent der Wahlberechtigten aus.

Die Wahlbenachrichtigungen wurden automatisch zugeschickt. Ihr kann man entnehmen, in welchem Wahllokal man wählen soll und wo es sich befindet. Dort reicht es, mit Personalausweis oder Reisepass zu erscheinen; die Wahlbenachrichtigung braucht man nicht zwingend. Wer sich den Gang zur Wahlurne sparen wollte, konnte auch wieder vorher per Briefwahl wählen, musste sich aber sputen.

Wichtig für die Fastnachts- und Karnevalsregionen: Man darf auch verkleidet ins Wahllokal gehen, sofern die Verkleidung unpolitisch ist. Mehr zu den Regeln, die im Wahllokal gelten, lesen Sie hier:

Warum hat man zwei Stimmen?

Mit der Erststimme wählt man einen Kandidaten direkt, der im entsprechenden Wahlkreis antritt. Meistens gehört er zu einer Partei, die den Kandidaten vorher festgelegt hat. Wer als Einzelperson antreten wollte, musste mindestens 200 Unterschriften von Wahlberechtigten des Wahlkreises sammeln.

Bei der Zweitstimme wiederum stehen Parteien zur Auswahl. Der bundesweite Anteil an diesen Stimmen entscheidet darüber, wie stark eine Partei später im Parlament vertreten ist.

Auch wenn auf vielen Wahlplakaten die Kanzler- oder Spitzenkandidaten der Parteien zu sehen sind: Eine Direktwahl des Kanzlers oder der Kanzlerin gibt es in Deutschland nicht. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben der neu gewählten Abgeordneten und geschieht, wenn sich die künftigen Regierungsparteien in den Koalitionsverhandlungen einig geworden sind.

Wie groß wird der nächste Bundestag?

Durch die Wahlrechtsreform ist die Zahl der Mandate auf maximal 630 begrenzt - das sind gut 100 weniger als aktuell. Das geht, weil die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate wegfallen.

Nun ziehen per Erststimme direkt gewählte Kandidaten nur noch dann in den Bundestag ein, wenn ihre Partei auch genügend Zweitstimmen hat. Das heißt, nicht mehr alle Wahlkreisgewinner ziehen auch automatisch in den Bundestag ein. Alles zum neuen Wahlrecht lesen Sie hier:

Was sagen die Umfragen?

Während sich auf den vorderen Plätzen in den vergangenen Wochen wenig bewegte, liegen gleich drei Parteien mal knapp über, mal unter der Fünf-Prozent-Marke. Zuletzt ging es in den Umfragen für die fast schon totgeglaubte Linkspartei bergauf, während das BSW unter dem Strich lag.

Die FDP ringt seit dem Ampel-Aus um ihre parlamentarische Existenz. Die ARD-Vorwahlumfrage sah die Partei bei vier Prozent.

Klar führend in den Umfragen von Infratest dimap ist seit Wochen die Union aus CDU und CSU. Mit rund 30 Prozent hat sie demnach einen komfortablen Vorsprung auf die zweitplatzierte AfD, die zuletzt bei etwa 21 Prozent lag. Um den dritten Platz ringen die Kanzlerpartei SPD und die Grünen, zuletzt mit Vorteilen für die Sozialdemokraten.

Die Zahl der im Bundestag vertretenen Parteien hat Auswirkungen auf die Regierungsbildung. Je mehr Parteien reinkommen, desto unwahrscheinlicher, dass ein Zweier-Bündnis eine Mehrheit hätte. Dann käme wie bei der gescheiterten Ampelkoalition wieder nur eine Dreier-Koalition infrage. Denn die AfD ist bei allen Koalitionsüberlegungen der anderen Parteien außen vor - alle schließen ein Bündnis mit der vom Verfassungsschutz als in Teilen rechtsextremistisch eingestuften Partei aus.

Mit welchen Spitzenkandidaten treten die Parteien an?

In diesem kurzen Wahlkampf kam man an den zahlreichen TV-Auftritten der Spitzenleute kaum vorbei - mal solo, mal zu zweit, mal zu viert, einmal zu acht. Köpfe sind also wichtig, auch wenn die Zugkraft der Kandidaten bei dieser Wahl Umfragen zufolge gering war.

Überraschend holprig war die Kür bei der Kanzlerpartei. Die SPD diskutierte mehrere zähe Wochen lang, ob sie mit dem amtierenden Kanzler Olaf Scholz erneut antreten soll - oder doch lieber mit dem Umfrageliebling Boris Pistorius. Es wurde Scholz, und seitdem steht die Partei auch geschlossen hinter ihrem Kandidaten. Und wartete auf die Aufholjagd, die sie schon 2021 ins Kanzleramt brachte. Nach einer möglichen Wahlniederlage dürfte sich die SPD neu sortieren.

Bei der Union war relativ schnell und vergleichsweise geräuschlos klar, dass Friedrich Merz Kanzlerkandidat wird. CSU-Chef Markus Söder akzeptierte Merz' Chefrolle weitgehend klaglos. Er setzte lediglich inhaltliche Duftmarken, indem er etwa eine schwarz-grüne Koalition nach der Wahl kategorisch ausschloss, was Merz' Spielraum einschränken würde. Sollte es Merz ins Kanzleramt schaffen, wäre er der erste Bundeskanzler, der noch nie zuvor ein Regierungsamt innehatte.

Bei den Grünen darf es bei dieser Wahl Robert Habeck versuchen, nachdem er 2021 Annalena Baerbock den Vortritt hatte lassen müssen. Seine Chancen seien "nicht riesig groß" räumte er kürzlich in der ARD-Sendung Farbe bekennen ein. Habeck machte wenig falsch im Wahlkampf, aus Sicht seiner Kritiker hatte er die entscheidenden Fehler schon als Wirtschaftsminister gemacht, vor allem beim Heizungsgesetz. Dass es im Wahlkampf kaum um Klimapolitik ging, machte die Sache für den Spitzenkandidaten nicht einfacher.

Die FDP spart sich den Titel Kanzlerkandidat und tritt mit Parteichef Christian Lindner als Spitzenkandidat an. Die Personalie war ungeachtet der düsteren Umfragewerte auch nie umstritten. Selbst nach Bekanntwerden des "D-Day"-Papiers geriet Lindner parteiintern nicht ernsthaft unter Druck. Fliegt die FDP nach 2013 erneut aus dem Bundestag, dürfte sich aber die Frage nach Lindners politischer Zukunft stellen.

Die AfD wählte Mitte Januar beim Parteitag in Riesa Alice Weidel zur ersten Kanzlerkandidatin der Partei. Die 46-jährige Co-Vorsitzende an der Spitze von Bundestagsfraktion und Partei ist damit die unumstrittene Nummer eins in der AfD. Ihr Ziel: Regierungsverantwortung - obwohl keine andere Partei mit der AfD koalieren will.

Mit ihrer politischen Zukunft - so schien es lange - musste sich die Linkspartei nicht mehr beschäftigen. Ihre Zeit schien nach dem Abgang von Sahra Wagenknecht und ihrer Getreuen vorbei. Doch zuletzt drehte sich der Wind und die Linke legte wieder zu. Auch dank ihres Spitzenduos aus Heidi Reichinnek und Jan van Aken. Unterstützt wurden sie von den drei "Silberlocken" Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch, die ihre Wahlkreise gewinnen sollten, um ihrer Partei den Wiedereinzug in den Bundestag zu sichern.

Das neu gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) plante nach den Erfolgen in Ostdeutschland für ihren ersten Bundestagswahlkampf groß und machte Namensgeberin Wagenknecht Mitte Dezember kurzerhand zur Kanzlerkandidatin. Wohl auch, weil man befürchtete, ohne diesen Titel weniger öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen. Sollte das BSW den Einzug in den Bundestag verpassen, könnte dies auch das Aus von Wagenknechts politischer Karriere bedeuten.

Was waren die wichtigsten Themen im Wahlkampf?

Erst schien es, als ob die Wirtschaftspolitik den Wahlkampf bestimmen würde. In den Wahlprogrammen der größeren Parteien nehmen Pläne für Wege aus der Konjunkturkrise und für Steuerentlastungen breiten Raum ein.

Doch spätestens nach dem Messerangriff in Aschaffenburg dominierte die Asyl- und Zuwanderungspolitik. Fortan ging es um maximale Härte, um geschlossene Grenzen, Inhaftierungen und Abschiebungen.

Dass die deutsche Wirtschaft auf Zuwanderung angewiesen ist, fand kaum Gehör. Die aufgeheizte und polarisierende Migrationsdebatte gipfelte schließlich in den Abstimmungen im Bundestag, bei denen die Union auch Stimmen der AfD in Kauf nahm. Zehntausende im ganzen Land sahen die Brandmauer zur AfD bröckeln und demonstrierten gegen den Kurs der Union.

Nach der jüngsten Annäherung der USA und Russland wurde auch die Außen- und Verteidigungspolitik noch kurz Thema im Wahlkampf. Ukraine-Hilfen, Verteidigungsausgaben, Deutschlands Rolle in EU und NATO - alles Fragen, die eine neue Bundesregierung beantworten muss.

Welchen Themen kamen zu kurz?

Eine Auswahl: Klima, Rente, bezahlbarer Wohnraum, Inflation, Familienpolitik, Ideen für eine bessere Bahn und mehr ÖPNV, inklusive Deutschlandticket. Es sind auch die typischen "Alltagssorgen" vieler Menschen.

Nun ist es nicht so, dass diese Themen wirklich fehlten - wer gezielt suchte, fand sie in den Wahlprogrammen der größeren Parteien. Auch in den TV-Interviews, in der "Wahlarena" und der "Schlussrunde" wurden sie angeschnitten.

Lediglich die Linkspartei setzte im Wahlkampf auf klassische linke, soziale Themen wie Mietendeckel oder Vermögenssteuer. Auch kleine, nicht im Bundestag vertretene Parteien haben eigene Themenschwerpunkte. Mehr dazu lesen Sie hier:

Welche Fakes und Falschbehauptungen gab es?

Es kursierten diverse Falschbehauptungen - viele davon betrafen Themen, die im Wahlkampf zentral waren, den Wahlprozess oder sich gegen einzelne Akteure oder ihre Absichten richteten. Einige der Falschaussagen kamen von den Parteien oder den Spitzenkandidaten selbst oder wurden von ihnen verbreitet.

So lag AfD-Spitzendkandidatin Weidel etwa in der ARD-Wahlarena bei Aussagen zu der mutmaßlich "höchsten Insolvenzrate seit 25 Jahren" in Deutschland daneben. Falsch war auch Weidels wiederholte Behauptung, Deutschland habe die höchsten Energiepreise weltweit. Ebenso wenig stimmt ihre Aussage, dass ein deutscher Wiedereinstieg in die Atomenergie zu sinkenden Strompreisen führe.

Aber auch andere Parteien trafen irreführende oder falsche Aussagen, etwa Unionskanzlerkandidat Merz zum Bürgergeld. Die Behauptung, unter seiner Ägide müssten in Zukunft etwa 1,8 Millionen Bürgergeldempfänger arbeiten gehen, die das auch könnten, ist nicht korrekt.

In den sozialen Netzwerken kursierte etwa ein Video, das SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach bei einer angeblichen Festnahme zeigt. Das Video ist KI-generiert. Aber nicht nur KI-Fakes gingen durch die sozialen Netzwerke: Auch Bilder, die aus dem Kontext gerissen wurden, machten die Runde.

So teilten einige Accounts auf X etwa ein Bild, das eine Kindergartengruppe zeigt, die von einer Polizistin begleitet wird, um zu suggerieren, dass Kindergartengruppen nach dem Messerangriff in Aschaffenburg nur noch mit Polizeischutz Ausflüge machen können. Die Polizei Unterfranken stellte klar: Die Kindergartengruppe war zu Besuch auf der Dienststelle. Es handle sich dabei nicht um Polizeischutz für Kinder. 

Welche Koalitionen wären nach der Wahl denkbar?

Für keine Partei dürfte es nach der Wahl für eine Alleinregierung reichen. Auch die in Umfragen führende Union wird mindestens einen Partner brauchen, vielleicht sogar zwei. Ginge es nach Unionskanzlerkandidat Merz, hätte er am liebsten die Auswahl zwischen SPD und Grünen. Ausgeschlossen sind Koalitionen mit AfD und auch der Linkspartei.

Als am wahrscheinlichsten gelten Koalitionsgespräche der Union mit der SPD. Schwarz-Rot steht auch in der Gunst der Menschen laut ARD-Vorwahlumfrage ganz oben. Dann aber ohne Scholz. Der hat klar gemacht, dass er unter einem Kanzler Merz "ganz bestimmt nicht" ins Bundeskabinett geht.

Rechnerisch möglich wäre vielleicht auch ein Bündnis mit den Grünen. Unklar ist jedoch, wie sich CSU-Chef Söder dazu verhalten würde. Er hatte ein Bündnis mit den Grünen ausgeschlossen. Merz klang da weniger kategorisch. Die Grünen würden gern weiter mitregieren und hielten sich die Tür zur Union offen.

Sollte die Union zwei Partner brauchen, wäre natürlich auch Schwarz-Rot-Grün denkbar. Eine solche Konstellation brächte aber ähnliche Probleme mit, wie sie die Ampelkoalition hatte. Drei Parteien (wenn man CDU und CSU einzeln zählt, sogar vier) mit ihren unterschiedlichen Positionen unter einen Hut zu bringen, erfordert von allen Beteiligten viel Geschick und Kompromissfähigkeit.

Auch die FDP brachte sich in ihrem Existenzkampf immer wieder ins Spiel und warnte vor einer Regierung mit den Grünen. Lindner warb offensiv für Schwarz-Gelb, wobei dieses Werben einseitig blieb. Bündnisse mit den Grünen schloss Lindner aus, also auch eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP. Die Tür zur SPD hielt er offen, aber nur ohne Scholz.

Wie geht es nach dem Wahlsonntag weiter?

Deutschland steht vor einem Regierungswechsel - das lässt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen. Sicher auch: Am Montag tagen die Parteispitzen, es gibt Blumen und Pressekonferenzen. Vielleicht auch Rücktritte.

Dann werden erste Weichen gestellt für Sondierungsgespräche über mögliche Koalitionen im neuen Bundestag. Wie lange die Koalitionsverhandlungen bis zur Regierungsbildung dauern, ist offen. In der Vergangenheit reichten die Zeiträume von einem Monat bis zu fast einem halben Jahr.

Ohne Regierung steht Deutschland auf jeden Fall nicht da. Die jetzige macht vorerst weiter wie bisher. Auch nach der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags kann der Bundespräsident die Regierungsmitglieder bitten, ihr Amt bis zur Ernennung der Nachfolge geschäftsführend weiter auszuüben - so war es bisher auch immer.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 23. Februar 2025 um 09:15 Uhr.