Mehr als 60 Demos bundesweit Zehntausende demonstrieren gegen Rechtsruck
In mehr als 60 Großstädten und kleineren Orten demonstrieren Menschen gegen Rechtsextremismus und den aktuellen Rechtsruck im Land. Sie knüpfen damit an die Kundgebungen vor einem Jahr an. In Köln kamen laut Polizei 40.000 Menschen zusammen.
An diesem Wochenende finden in vielen Städten in ganz Deutschland Demonstrationen gegen den Rechtsruck im Land statt. Mehr als 60 Demos listet die Plattform demokrateam.org auf und nicht alle sind dort erfasst.
Mancherorts war der Andrang größer als erwartet: In Köln kamen trotz Regenwetter nach Schätzungen der Polizei etwa 40.000 Menschen zusammen. Zunächst hatte die Behörde von 15.000 bis 20.000 Teilnehmenden gesprochen. Die Veranstalter gehen von 75.000 Teilnehmenden aus. Bei dem Protest wurde getrommelt und auf Kochtöpfe geschlagen. Ursprünglich waren etwa 5.000 Menschen erwartet worden.
Auch Plakate gegen CDU-Chef Merz
Viele Plakate richteten sich nicht nur gegen die AfD, sondern ausdrücklich auch gegen CDU-Chef Friedrich Merz. Der Unionskanzlerkandidat plant Bundestagsanträge für eine deutliche Verschärfung der Migrationspolitik, für die er eine Zustimmung der rechten Partei in Kauf nehmen will. "Kein Fraktionsgeklüngel mit der AfD!", stand auf einem Pappschild der Demonstranten geschrieben.
Aufgerufen zu dem Protest unter dem Motto "#5vor12. Laut für Demokratie" hatte das Bündnis "Köln stellt sich quer", das von zahlreichen Vereinen, Parteien, Gewerkschaften und Initiativen unterstützt wird. Unter den Demonstrierenden war auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Demonstration verlief nach ersten Angaben der Polizei störungsfrei.
Tausende bei Kundgebung in Aschaffenburg
In Aschaffenburg gingen etwa 3.000 Menschen auf die Straße. Zu der Demo hatte das Bündnis "Aschaffenburg ist bunt" aufgerufen. Die Menschen wollten nach dem Messerangriff mit zwei Toten, der erneut zu Diskussionen über eine verschärfte Migrationspolitik geführt hatte ein Zeichen setzen. Es wurde gesungen, laut Angaben der Polizei blieb es friedlich. Auch bei kleineren Versammlungen blieb es ruhig.
10.000 Menschen in Berlin erwartet
Auch in Berlin findet eine Demonstration statt. Sie begann am Nachmittag auf dem Pariser Platz. Zu der Kundgebung am Brandenburger Tor unter dem Motto "Wir stehen zusammen" hat ein Bündnis von "Campact", "Fridays for Future" und der Initiative "Eltern gegen Rechts" aufgerufen.
Unter anderem Autorin Carolin Emcke, Umweltaktivistin Luisa Neubauer sowie die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anna-Nicole Heinrich, wollen sich in Redebeiträgen äußern.
Protest gegen AfD-Wahlkampfveranstaltung
In Halle in Sachsen-Anhalt wird gegen eine zentrale Wahlkampfveranstaltung der AfD protestiert. Etwa 9.000 Demonstranten waren vor Ort, berichtete der MDR. Vier Versammlungen hätten sich inzwischen an der Messe zu einer vereint, teilte ein Sprecher der Polizei am Nachmittag mit. Es wurden Einsatzkräfte aus mehreren Bundesländern zusammengezogen. "Bisher ist alles ruhig", sagte der Sprecher.
Menschen demonstrieren vor der Messehalle, wo eine Wahlkampfveranstaltung der AfD stattfindet.
Rund um die Messehalle bildeten sich vor dem Mittag lange Autoschlangen. Die Polizei kontrollierte die Zugänge. Eine Gruppe schwarz gekleideter Fahrradfahrer versuchte an einer Stelle, zum Gelände zu gelangen. Nach Beobachtung eines dpa-Reporters griff die Polizei hart ein und hielt diese davon ab. Ein Polizeisprecher konnte zu dem Vorgang zunächst keine näheren Angaben machen.
Die AfD-Veranstaltung mit den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla soll nach Angaben der Partei die größte Wahlkampfveranstaltung sein. Erwartet werden 4.500 Besucher, mehrere Redner treten auf.
Weitere Demos am Wochenende geplant
In Neumünster in Schleswig-Holstein kamen etwa 2.000 Menschen zusammen, um gegen eine Kundgebung der AfD zu demonstrieren. Weitere Proteste sind im Lauf des Tages beispielsweise in Münster, Karlsruhe und Regenstauf geplant. Am Sonntag folgen weitere Kundgebungen, unter anderem in Hamburg, Freilassing, Schweinfurt und Westerburg.
Demos vor einem Jahr
Vor fast genau einem Jahr hatten bundesweit Hunderttausende gegen Rechtsextremismus demonstriert. Ein Anlass für die Kundgebungen waren Recherchen des Netzwerks Correctiv zu einem Treffen am 25. November 2023 in Potsdam. Daran hatten neben dem früheren Kopf der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, auch AfD-Politiker, einzelne Mitglieder der CDU, der Werteunion sowie Unternehmer teilgenommen.
Dabei sollen unter anderem Pläne zur Vertreibung von Menschen aus Deutschland diskutiert worden sein. In Berlin beteiligten sich damals an den Demonstrationen nach Polizeiangaben bis zu 150.000 Menschen, in Köln schätzungsweise 70.000.