DeutschlandTrend

ARD-DeutschlandTrend Schärfere Asylpolitik findet Zustimmung

Stand: 30.01.2025 18:00 Uhr

Dauerhafte Kontrollen, Zurückweisungen an der Grenze: Laut DeutschlandTrend hat CDU-Chef Merz mit seinen Forderungen eine Mehrheit der Deutschen hinter sich. Die Umfrage fand allerdings vor der Bundestagsabstimmung am Mittwoch statt.

Nur keine Fehler machen - das schien lange die Devise von Friedrich Merz in diesem Bundestagswahlkampf zu sein. Er hielt sich zunächst merklich zurück, während seine Union die Umfragen deutlich anführte. Dann aber kam die Tat von Aschaffenburg, bei der ein zweijähriger Junge und ein Mann getötet wurden - von einem abgelehnten Asylbewerber aus Afghanistan, der in psychiatrischer Behandlung war und längst hätte abgeschoben sein sollen.

Dass der zunächst so stille Unions-Kanzlerkandidat seitdem in die Offensive geht und eine schärfere Asylpolitik forderte, werteten die einen als "Befreiungsschlag". Andere werten es als "Einriss der Brandmauer", dass er dafür am Mittwoch mit Stimmen der AfD eine Mehrheit im Bundestag erreichte.

Und spätestens seit gestern stellt sich die Frage: Welchen Einfluss kann das auf die in gut drei Wochen geplante Bundestagswahl haben? Die Antwort auf diese Frage wird der repräsentative ARD-DeutschlandTrend nicht geben können, für den das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap von Montag bis Mittwoch 1.336 Wahlberechtigte in Deutschland befragte. Zum einen sind Umfragen keine Prognosen. Zum anderen fand die Befragung zu großen Teilen vor der viel beachteten Bundestagssitzung am Mittwoch statt.

Ellen Ehni, WDR, mit dem aktuellen ARD-DeutschlandTrend

tagesthemen, 30.01.2025 22:15 Uhr

Kein Spitzenkandidat überzeugt eine Mehrheit

Gleichwohl zeigt der ARD-DeutschlandTrend, dass sich das Bild der Deutschen vom CDU-Vorsitzenden Merz im Januar bislang nur leicht geändert hat. 28 Prozent sind mit der Arbeit von Friedrich Merz zufrieden - das sind plus drei Punkte im Vergleich zur bislang letzten Befragung vor drei Wochen. Dabei profitiert Merz davon, dass er unter den eigenen Parteianhängern an Zustimmung gewonnen hat. Hier bewerten ihn aktuell drei Viertel positiv.

Insgesamt liegt die Bewertung von Merz nah bei dessen Konkurrenten Robert Habeck (Grüne, 29 Prozent), Olaf Scholz (SPD, 24 Prozent) oder Alice Weidel (AfD, 22 Prozent). Es sind aber allesamt maue Werte. Es ist das erste Mal in der Geschichte des seit 1997 existierenden ARD-DeutschlandTrends, dass es vor einer Bundestagswahl keinen einzigen Spitzenkandidaten gibt, mit dem mehr Menschen zufrieden als unzufrieden sind.

Drei Parteien im Bereich der Fünf-Prozent-Hürde

In der Sonntagsfrage zeigt sich kaum Bewegung. Die Union verliert einen Punkt und kommt derzeit auf 30 Prozent - vor der AfD, die unverändert bei 20 Prozent steht. Dahinter haben die Grünen zur SPD aufgeschlossen. Beide Parteien erreichen aktuell je 15 Prozent.

Drei Parteien bewegen sich weiterhin im Bereich der Fünf-Prozent-Hürde. Dabei liegt die Linkspartei mit derzeit fünf Prozent erstmals seit der Abspaltung vor dem neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das mit vier Prozent ihren schwächsten Wert im ARD-DeutschlandTrend erreicht. Auch die FDP liegt mit unverändert vier Prozent derzeit unterhalb der Mandatsschwelle.

Mehrheit für dauerhafte Grenzkontrollen

Ob sich die Debatte dieser Tage positiv oder negativ auf die Umfragewerte der Union auswirkt, wird sich erfahrungsgemäß erst mit etwas Abstand zeigen. Klar ist, dass Merz mit seinem Ziel, die Zuwanderung zu begrenzen, einen Nerv in der Bevölkerung trifft: Zwei von drei Bürgerinnen und Bürgern (68 Prozent) sind der Meinung, Deutschland sollte weniger Flüchtlinge aufnehmen als bislang. Dieser Wert ist in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gestiegen.

Am Freitag will Friedrich Merz den Entwurf für das so genannte "Zustrombegrenzungsgesetz" in den Bundestag einbringen. Da es um einen Gesetzesbeschluss geht, wird umso aufmerksamer verfolgt werden, ob und wie er Mehrheiten erreicht. Am Mittwoch hat die Union mit knapper Mehrheit und Stimmen der AfD bereits einen Entschließungsantrag durchgesetzt, dessen Beschlüsse allerdings rechtlich nicht bindend sind. Zentrale Punkte dieses Antrags erreichen auch im ARD-DeutschlandTrend mehrheitliche Zustimmung: Dass die schon jetzt geltenden befristeten Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern dauerhaft stattfinden, würden zwei Drittel der Deutschen (67 Prozent) befürworten.

Dafür, Menschen ohne gültige Einreisepapiere an den Grenzen grundsätzlich zurückzuweisen - auch dann, wenn sie in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen - sprechen sich 57 Prozent der Bürgerinnen und Bürger aus. Jeder Dritte hält das für falsch. Gegenwind gibt es vor allem von Grünen- und Linkspartei-Anhängern, bei denen jeweils rund drei Viertel dagegen sind. Zustimmung gibt es dagegen nicht nur von AfD-Anhängern (87 Prozent) und Unions-Anhängern (71 Prozent) - auch unter SPD-Anhängern ist gut jeder Zweite (52 Prozent) dafür; 37 Prozent wären dagegen.

Kaum Vertrauen in staatliche Kontrolle

Angesichts dieser Zahlen mag es zunächst irritieren, dass nur drei von zehn Deutschen in der Asylpolitik eine nationale Lösung für sinnvoll halten, aber doppelt so viele eine europäische Lösung. Auf den zweiten Blick jedoch zeigt sich: Nur noch knapp jeder Zehnte hat aktuell den Eindruck, der Staat habe unter Kontrolle, welche und wie viele Zuwanderer nach Deutschland kommen.

Fünf von sechs Deutschen sagen hingegen, dem Staat gelinge die Kontrolle darüber weniger gut oder gar schlecht. Dass sich dieser Eindruck in den vergangenen eineinhalb Jahren verstärkt hat, daran konnten auch die in dieser Zeit beschlossenen Maßnahmen wie der Aufbau von Grenzkontrollen nichts ändern.

Untersuchungsanlage
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Online- und Telefon-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 27. bis 29. Januar 2025
Fallzahl: 1.336 Befragte (796 Telefoninterviews und 540 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent, 3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap


Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1.000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 30. Januar 2025 um 22:15 Uhr.