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ARD-DeutschlandTrend Vorgehen der Union spaltet die Deutschen
Das Vorgehen der Union, im Bundestag AfD-Stimmen in Kauf zu nehmen, spaltet das Land. Geschadet hat es der Union laut DeutschlandTrend aber nicht. Was deutlich zunimmt: die Sorge vor einer instabilen Regierung nach der Wahl.
Seit einer Woche diskutiert die Republik über das Vorgehen der Union und ihres Kanzlerkandidaten Friedrich Merz. Am Mittwoch hatte die Union einen Antrag in den Bundestag eingebracht - das Ziel: Die dort skizzierten Maßnahmen sollen die irreguläre Zuwanderung nach Deutschland begrenzen. Dem Antrag der Union haben sowohl CDU/CSU als auch FDP zugestimmt; mit den Stimmen der AfD-Fraktion fand der Antrag schließlich eine Mehrheit. Das erste Mal haben die Stimmen der AfD-Abgeordneten im Bundestag einem Antrag zur Mehrheit verholfen.
Kurz nach dem Ampel-Aus hatte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz im Bundestag noch SPD und Grünen vorgeschlagen, dass nur solche Entscheidungen auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt werden sollen, über die die drei Fraktionen sich geeinigt haben, sodass keine zufällig oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheiten mit der AfD zu Stande kommen.
Dass es in der vergangenen Woche anders kam, bestimmt seitdem die politischen Diskussionen, treibt Hunderttausende auf die Straße und entfacht die Debatte zum Umgang mit der AfD erneut.
AfD-Unterstützung - für 43 Prozent in Ordnung, 50 Prozent dagegen
Im aktuellen ARD DeutschlandTrend äußert sich die Hälfte kritisch zum Vorgehen der Union, mit AfD-Stimmen einem Antrag zur Mehrheit zu verhelfen. Ein gutes Viertel davon (27 Prozent) finden das Vorgehen der Union grundsätzlich falsch. Knapp jeder Vierte (23 Prozent) ist zwar grundsätzlich mit dem Vorstoß der Union einverstanden, nicht jedoch mit der Inkaufnahme von AfD-Stimmen.
Gut vier von zehn (43 Prozent) bewerten das Unions-Vorgehen im Bundestag grundsätzlich als richtig - auch wenn dafür AfD-Stimmen in Kauf genommen wurden. Das hat eine Befragung von 1.302 Wahlberechtigten von infratest dimap von Montag bis Mittwoch dieser Woche ergeben.
Unterschiedliche Bewertung bei den Parteianhängern
Die Unions-Anhänger stehen mehrheitlich (62 Prozent) hinter dem Kurs ihres Vorsitzenden, ein gutes Viertel (28 Prozent) befürwortet zwar den Inhalt, aber nicht das Vorgehen, dafür AfD-Stimmen in Kauf zu nehmen; 7 Prozent lehnen Inhalt und Art und Weise des Zustandekommens ab.
Bei den SPD-Anhängern ist es andersherum: Eine klare Mehrheit (58 Prozent) sieht das Vorgehen generell als falsch an, ein knappes Drittel (31 Prozent) befürwortet das inhaltliche Vorgehen der Union, aber kritisiert die Form, 8 Prozent bewerten beides als grundsätzlich richtig.
Bei den Grünen-Anhängern ist die Zahl derer mit grundsätzlicher Kritik mit 68 Prozent am höchsten, 27 Prozent der Grünen-Anhänger stimmen inhaltlich zu, aber nicht mit der Inkaufnahme von AfD-Stimmen, 4 Prozent befürworten grundsätzlich das Vorgehen der Union in der letzten Woche.
Die Partei-Anhänger werden im ARD-DeutschlandTrend separat ausgewiesen, wenn sie in der Sonntagsfrage mindestens 5 Prozent Zustimmung erreichen, was in dieser Woche weder für die FDP noch das BSW der Fall ist.
Koalition mit AfD für zwei Drittel nicht akzeptabel
Die vergangene Woche hat die Diskussion darüber, neu angefacht, wie ein akzeptabler Umgang mit der AfD aussieht - einer Partei, die in Teilen als gesichert rechtsextrem eingestuft ist. Die Deutschen machen bei der Bewertung durchaus Unterschiede.
Die stärkste Ablehnung erfährt auch die stärkste Form der Zusammenarbeit zwischen Parteien: Für zwei Drittel der Deutschen ist eine gemeinsame Regierungskoalition mit der AfD nicht akzeptabel; für 28 Prozent wäre eine solche Koalition akzeptabel.
Nahezu geschlossen sind die Anhängerschaften von Grünen (99 Prozent Ablehnung) und SPD (97 Prozent Ablehnung). Für die Mehrheit der Unions-Anhängern (77 Prozent) ist eine Koalition mit der AfD ebenfalls nicht akzeptabel, für 19 Prozent der Partei-Anhänger wäre das jedoch eine Option. Bei den AfD-Anhängern fällt die Zustimmung mit 94 Prozent zu einer Koalition mit ihrer Partei naturgemäß hoch aus.
Mehr Zustimmung findet hingegen das Einbringen von Gesetzen oder Anträgen, auch wenn dieser nur mit Stimmen der AfD verabschiedet werden können – so wie vergangene Woche geschehen. Für 44 Prozent ist das akzeptabel, für 49 Prozent nicht.
Einen Unterschied sehen die Deutschen auch, wenn es um einem gemeinsames Einbringen von Gesetzen mit der AfD geht. Das würde bedeuten, dass es vor einer Debatte im Plenum Absprachen zwischen den Parteien geben würde. Dieses Vorgehen wäre für 38 Prozent akzeptabel, eine Mehrheit (56 Prozent) lehnt das ab.
Versprechen an AfD-Koalitionsabsage schadet Merz nicht
Ein Versprechen, nicht mit der AfD zu koalieren, hat der Unions-Kanzlerkandidat nicht erst in der vergangenen Woche gegeben, aber er hat es seitdem mehrfach wiederholt: Mit Merz werde es keine Koalition zwischen Union und AfD geben. Die Wahrhaftigkeit dieses Versprechens wird, nach den Geschehnissen der letzten Woche, nicht nur von Spitzenpolitikern wie Kanzler Olaf Scholz angezweifelt: Auch die Deutschen sind sich nicht sicher, ob er sich daran halten wird. Aktuell glauben 44 Prozent dem Versprechen von Merz, 43 Prozent rechnen damit, dass er sein Versprechen brechen wird.
Gleichzeitig haben die Geschehnisse keinen messbaren negativen Effekt auf den Kanzlerkandidaten der Union: Zwar ist bei der persönlichen Kanzler-Eignung weiterhin vor allem augenfällig, dass bei den Deutschen weder Euphorie noch Überzeugung zu spüren ist. Es überwiegt die Unzufriedenheit mit der politischen Arbeit bei allen abgefragten Spitzenkandidaten.
Aber die gemessenen Bewegungen kommen auch Friedrich Merz zu Gute: Aktuell meinen 33 Prozent, Merz wäre ein guter Kanzler. Das sind 5 Punkte mehr als Mitte Dezember. Von Robert Habeck von den Grünen sagen das aktuell 26 Prozent (-1). Über SPD-Kanzler Scholz haben 25 Prozent (+6) einen positiven Blick auf seine Arbeit als Kanzler - auch er mit Zugewinnen. Über AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel meinen 18 Prozent (+1) sie wäre eine gute Kanzlerin.
Parteianhänger stehen zu ihren Kandidaten
Dabei versammeln sich vor allem bei Union und SPD die jeweiligen Anhänger stärker hinter ihren Kandidaten: Während im Dezember noch 65 Prozent der SPD-Anhänger Olaf Scholz als guten Kanzler sahen, sind es aktuell 74 Prozent. Bei Merz ist der Wert unter den Unions-Anhängern von 64 Prozent im Dezember auf jetzt 73 gestiegen.
Merklich gestiegen ist auch die Zustimmung für Merz unter Anhängern der AfD, von denen mittlerweile fast ein Drittel sagt: Merz wäre ein guter Kanzler. Die vergangene Woche können sie durchaus als Öffnung der Union in Richtung der AfD interpretieren. Gleichzeitig gibt es bislang keine Anzeichen dafür, dass es Merz mit seinen Vorstößen gelingt, bisherige AfD-Anhänger für eine Wahl der Union zu begeistern. Das deckt sich mit Erkenntnissen vergangener Befragungen des ARD-DeutschlandTrends, nach denen sich AfD-Anhänger vergleichsweise wenig offen für die Wahl anderer Parteien zeigen.
Wenig Bewegung in der Sonntagsfrage
Bei den Wahlabsichten zeigen sich nur kleinere Änderungen zur Vorwoche. Die Union erreicht mit 31 Prozent weiter die meiste Zustimmung unter den Wahlberechtigten, die AfD wäre mit 21 Prozent weiterhin zweitstärkste Kraft. Beide verbessern sich um jeweils einen Punkt. Die SPD ist unverändert bei 15 Prozent. Die Grünen kämen auf 14 Prozent (-1). Die Linke hätte unverändert 5 Prozent in Aussicht. BSW und FDP würden mit je 4 Prozent an der Mandatsschwelle scheitern. Andere Parteien kämen zusammen auf 6 Prozent (-1).
Koalitionswunsch: am ehesten Union und SPD
Eine unionsgeführte Bundesregierung präferiert weiter ein gutes Drittel (36 Prozent; +4 im Vgl. zur Vorwoche), während 17 Prozent (+/-0) ein abermals SPD-geführtes Kabinett, weitere 12 Prozent (-1) eine Regierung unter AfD- und 8 Prozent (-2) unter Grünen-Führung unterstützen.
Abgesehen von einer rechnerisch möglichen Koalition zwischen Union und AfD beständen damit als Regierungsoptionen Schwarz-Rot und Schwarz-Grün. Gesetzt dem Fall, die Union wird nach der Wahl stärkste Kraft, dann ist die SPD am ehesten der Wunschpartner der Deutschen (31 Prozent, -1) für die Union.
19 Prozent (+1) favorisieren an der Seite der Union stattdessen die AfD, 14 Prozent (-2) die Grünen und 13 Prozent die FDP (+2). In den Unions-Reihen selbst fallen die Sympathien für Schwarz-Gelb (36 Prozent) und Schwarz-Rot (32 Prozent) jeweils am größten aus, während Schwarz-Grün (8 Prozent) wie Schwarz-Blau (6 Prozent) kaum überzeugen.
Sorge vor instabiler Regierung nach der Wahl weiter gestiegen
Während sich im ARD-DeutschlandTrend in dieser Woche an vielen Stellen die grundlegend unterschiedlichen Bewertungen der politischen Geschehnisse zeigen, eint die Partei-Anhänger die mehrheitliche Sorge, nach der Bundestagswahl am 23. Februar keine stabile Regierung zu bekommen: 69 Prozent machen sich sehr große oder große Sorgen darüber. Das sind 10 Punkte mehr als noch im Dezember 2024 - erklärbar nach den Vorgängen der letzten Woche, als sich vor allem Union und FDP sowie SPD und Grüne gegenseitig vorgeworfen haben, Schuld zu tragen an nicht zustande gekommen Kompromissen.
Dass sich Regierungsparteien und CDU/CSU-Opposition nicht auf einen gemeinsamen Kompromiss in der Migrationspolitik einigen konnten, schreiben 43 Prozent beiden Seiten zu. Jeder Dritte macht in erster Linie SPD und Grünen verantwortlich, 14 Prozent die Unionsparteien.
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Online- und Telefon-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 03. bis 05. Februar 2025
Fallzahl: 1.302 Befragte (775 Telefoninterviews und 527 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent, 3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap
Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1.000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.