Ein Bagger steht auf einer Baustelle im Nebel vor dem Reichstagsgebäude in Berlin.
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Bundestag und Bundesrat Diese Hürden muss das Finanzpaket noch nehmen

Stand: 17.03.2025 11:22 Uhr

Das Finanzpaket von Union und SPD steht erst, wenn Bundestag und Bundesrat jeweils mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Könnten Abweichler das Ganze noch stoppen? Und warum gibt es bange Blicke gen Bayern? Ein Überblick über letzte Fallstricke.

Die Ausgangslage

Es ist die entscheidende Woche für das milliardenschwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur von Union und SPD - und alles muss sehr schnell gehen: Am Dienstag soll der noch bestehende Bundestag in alter Zusammensetzung für die nötigen Grundgesetzänderungen stimmen.

Nachdem sich die womöglich künftigen Koalitionäre vergangene Woche mit den Grünen auf Änderungen geeinigt hatten, rückt die Frage in den Mittelpunkt, ob bei der Abstimmung die nötige Zweidrittelmehrheit auch wirklich zustande kommt, Stichwort: Abweichler.

Falls der Bundestag Ja sagt, ist das Ganze aber noch nicht in trockenen Tüchern. Denn am Freitag ist der Bundesrat dran - auch in der Länderkammer braucht das Vorhaben eine Zweidrittelmehrheit.

Und auch das Bundesverfassungsgericht hat noch ein Wörtchen mitzureden. Einige Abgeordnete wollen das Finanzpaket per Eilantrag in Karlsruhe stoppen. Mehrere Termine, mehrere Fallstricke, mehrere Akteure - das politische Berlin blickt ereignisreichen Tagen entgegen.

Andrea Römmele, Hertie School in Berlin, zum Ringen um das Finanzpaket

tagesschau24, 17.03.2025 16:00 Uhr

Angst vor Abweichlern - stimmt der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit zu?

Für die Grundgesetzänderungen haben Union, SPD und Grüne im Bundestag prinzipiell eine ausreichende Mehrheit. Zusammen kommen sie auf 520 Stimmen, das sind 31 Abgeordnete mehr als nötig. Die Fraktionen rechnen mit einzelnen Abweichlern in den eigenen Reihen, zumal der Bundestag in alter Zusammensetzung entscheidet und sich ausscheidende Abgeordnete möglicherweise weniger an die Fraktionsdisziplin gebunden fühlen.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz gab sich im Bericht aus Berlin vorsichtig optimistisch, dass die Mehrheit zustande kommt, räumte aber ein: "Es gibt in allen drei Fraktionen auch noch Überzeugungsarbeit zu leisten."

Aus seiner eigenen Fraktion erklärte eine prominente Stimme bereits, mit Nein zu stimmen: Ex-CDU-Generalsekretär Mario Czaja begründete dies dem Nachrichtenportal The Pioneer gegenüber damit, dass die Grundgesetzänderungen "nicht generationengerecht" seien "und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich".

SPD-Chefin Saskia Esken gibt sich zuversichtlich, kritische Abgeordnete noch überzeugen zu können. "Wir sind natürlich in Gesprächen mit denjenigen, die da Fragen haben", sagte sie im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. In der SPD sei aber eine Mehrheit "seit vielen Jahren" der Auffassung, dass mehr in die Infrastruktur investiert werden müsse.

Alle Blicke auf Bayern - kommt die Zweidrittelmehrheit im Bundesrat?

Zusätzlich zum Bundestagsbeschluss braucht die Grundgesetzänderung am Freitag mindestens zwei Drittel der Länderstimmen im Bundesrat. Nötig sind 46 der 69 Stimmen. Landesregierungen, an denen nur CDU, SPD und Grüne beteiligt sind, kommen auf 41 Stimmen. Mit den sechs Stimmen aus Bayern wäre die Zustimmung sicher. Allerdings zeigten sich die im Freistaat mit der CSU regierenden Freien Wähler skeptisch.

Ministerpräsident Markus Söder gibt sich zuversichtlich, den Koalitionspartner noch überzeugen zu können. Im ZDF verwies er auf geplante Gespräche mit den Freien Wählern - am Nachmittag soll der Koalitionsausschuss zusammenkommen. "Wir werden miteinander noch mal reden", sagte Söder und fügte hinzu: "Aber gehen Sie davon aus, dass es an Bayern sicher nicht scheitern wird."

Bleiben die Freien Wähler bei ihrem Nein, würde die Koalition wohl platzen - in Bayern gilt das allerdings als der unwahrscheinlichere Fall. Denn in den vergangenen Tagen deutete sich an, dass Christsoziale und Freie Wähler doch noch einen gemeinsamen Weg finden.

Auch ohne Bayern könnte es klappen - dann allerdings müssten zwei weitere Länder zustimmen, beispielsweise Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. In beiden Ländern regiert die FDP mit, die das Finanzpaket - zumindest auf Bundesebene - ablehnt. Unklar ist auch, wie sich Brandenburg und Thüringen verhalten, wo das BSW mitregiert. Bei Nichteinigung einer Landeskoalition ist eine Enthaltung im Bundesrat üblich.

Zusammensetzung des Bundesrats

Eilanträge in Karlsruhe - stoppen die Verfassungsrichter die Bundestagssitzung?

Das Bundesverfassungsgericht hat vergangene Woche bereits eine Entscheidung getroffen - und zwar ging es da um die Frage, ob nach der Bundestagswahl der alte Bundestag überhaupt noch befugt ist, solch weitreichende Entscheidungen zu treffen.

AfD und Linkspartei hatten dagegen geklagt. Ihre Anträge wurde allerdings als unbegründet zurückgewiesen.

Die Wahlperiode werde gemäß Artikel 39 des Grundgesetzes erst durch den Zusammentritt des neuen Bundestages beendet, hieß es in der Begründung. Bis dahin sei der Bundestag in seiner alten Zusammensetzung in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht beschränkt.

Doch damit wollen sich einige Abgeordnete nicht zufrieden geben und starten einen neuen Versuch, die Abstimmung am Dienstag zu verhindern. Die parteilose Abgeordnete Joana Cotar erhob nach eigenen Angaben zum zweiten Mal Einspruch in Karlsruhe und beantragte, die Abstimmung zu verschieben.

Mit demselben Ziel wollen drei FDP-Abgeordnete einen Eilantrag in Karlsruhe stellen. Sie argumentieren, die Beratungszeit für das Hunderte Milliarden Euro schwere Schuldenpaket reiche nicht aus. "Die Bundesregierung konnte ganz einfache und grundlegende Nachfragen dazu bisher nicht beantworten", sagte der FDP-Finanzexperte Florian Toncar der Nachrichtenenagentur dpa.

Wann das Bundesverfassungsgericht darüber entscheidet, ist unklar - viel Zeit haben die Richter allerdings nicht. Die Bundestagssitzung ist für Dienstag, 10.00 Uhr terminiert.

In einer früheren Fassung hieß es, Union, SPD und Grüne kommen gemeinsam auf 521 Stimmen im alten Bundestag. Korrekt ist 520. 

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 17. März 2025 um 11:30 Uhr.