Delegierte halten Abstimmungkarten in die Höhe.

Bundesparteitag in Riesa AfD will eine neue Jugendorganisation

Stand: 12.01.2025 15:03 Uhr

Die "Junge Alternative" wird vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft - jetzt hat die AfD beschlossen, eine neue Jugendorganisation zu gründen. Der Parteitag billigte auch das Wahlprogramm.

Der AfD-Parteitag hat mit der notwendiger Zweidrittelmehrheit eine Satzungsänderung beschlossen, um die Jugendorganisation der Partei neu zu gründen. Die "Junge Alternative" (JA) soll durch eine neue Organisation ersetzt werden, für die der Vorstand den Namen "Patriotische Jugend" vorgeschlagen hatte.

Den Antrag dafür hatte die Parteispitze mit dem Ziel eingebracht, die Jugendorganisation enger an die Partei zu binden. Die JA ist relativ unabhängig. Mitglieder des Vereins müssen - bis auf die Vorstände - nicht in der AfD sein. In der neu zu gründenden Jugendorganisation soll das nicht mehr möglich sein. Der JA-Bundesvorsitzende Hannes Gnauck hatte für diesen Schritt geworben.

Partei erhofft sich mehr Durchgriffsmöglichkeiten

Durch die Reform erhofft sich die AfD-Spitze nach eigener Aussage mehr Durchgriff etwa bei Fehlverhalten. Die nun angenommene Satzungsänderung schreibt fest, dass die Tätigkeit der Jugendorganisation "der Ordnung und den Grundsätzen der Partei nicht widersprechen" dürfe. Die AfD und ihre Nachwuchsorganisation sollten "ihre Tätigkeit gegenseitig nach besten Kräften" fördern.

Aktuell beobachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz die JA als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung". Die gleiche Einstufung gilt auch für die Landesverbände der "Jungen Alternative" in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, wogegen sich AfD und JA in einem noch laufenden Eilverfahren wehren. Die AfD selbst wird bundesweit als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt.

Stuft der Verfassungsschutz eine Partei oder Gruppierung als "gesichert extremistisch" ein, hat sich der Verdacht schon so weit gefestigt, dass aus Sicht der Behörde kein Zweifel mehr am Vorliegen extremistischer Bestrebungen bestehen. Wie bei Verdachtsfällen auch beobachtet der Verfassungsschutz auch hier die jeweilige Gruppierung oder Einzelperson.

Kernfamilie als "Keimzelle der Gesellschaft"

Neben der Entscheidung zur Jugendorganisation verabschiedete die AfD außerdem mit Beschlüssen zu Familienpolitik, Abtreibung und Geschichte ihr Wahlprogramm. Sie entschied, den Satz: "Die Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, ist die Keimzelle der Gesellschaft" in das Programm aufzunehmen. Im Programmentwurf hatte es zunächst nur geheißen: "Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft."

Mit Blick auf Kanzlerkandidatin Alice Weidel, die mit einer Frau zusammenlebt und zwei Kinder großzieht, sagte der Hamburger Delegierte Krzysztof Walczak, ein Leitbild bedeute nicht, dass man andere Lebens- und Familienmodelle ablehne. "Unsere Kanzlerkandidatin ist selbst Mutter." Das Leitbild der AfD stehe nicht im Widerspruch zu der Toleranz in einer freiheitlichen Gesellschaft.

Im Familienkapitel ihres Programms spricht sich die AfD auch dafür aus, die derzeitige Rechtslage beizubehalten, wonach Schwangerschaftsabbrüche zwar rechtswidrig, in den ersten zwölf Wochen aber straffrei sind, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Während der Schwangerschaftskonfliktberatung sollen Frauen aber Ultraschallaufnahmen des Kindes gezeigt werden, "damit diese sich über den Entwicklungsstand des Kindes im Klaren sind".

Lob fürs Kaiserreich und Ausstieg aus dem Euro

Die Partei legt zudem Wert darauf, das Kaiserreich und Preußen in positivem Licht darzustellen. Ein entsprechender Passus wurde auf Antrag einiger Delegierter mit großer Mehrheit ins Wahlprogramm eingefügt. "Der ideologische Furor, der sich mittlerweile gegen Preußen und das Kaiserreich richtet, gilt nicht nur diesem vergangenem Staat, sondern der deutschen Nation an sich", heißt es dort. Noch heute zehre man in der Bundesrepublik von den geistigen, technologischen und wirtschaftlichen Errungenschaften des ersten deutschen Nationalstaates.

Bereits am Samstag waren wesentliche Beschlüsse für das Wahlprogramm gefasst worden. Darin fordert die Partei, wie schon in ihrem Programm zur Europawahl im Vorjahr, unter dem umstrittenen Stichwort "Remigration" eine strikte Migrationspolitik, eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, einen Ausstieg aus dem Euro und dem Pariser Klimaabkommen. Sie tritt außerdem für einen neuen europäischen Staatenbund ein - vermeidet dabei aber die explizite Forderung nach einem Austritt Deutschlands aus der EU (Dexit).

Weidel greift CDU scharf an

Am Vortag war zudem AfD-Chefin Alice Weidel unter großem Jubel zur Kanzlerkandidatin ihrer Partei gekürt worden und hatte in einer anschließenden scharfen Rede ihre Partei auf den Wahlkampf eingeschworen. Die AfD wolle Rückführungen im großen Stil durchführen. "Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration", sagte Weidel, die den Begriff bisher eher vermieden hatte

Sie attackierte in ihrer Rede vor allem die CDU, warf ihr vor, von der AfD abzuschreiben und nannte sie eine "Betrügerpartei". Sechs Wochen vor der Bundestagswahl liegt die Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) laut Januar-DeutschlandTrend mit 31 Prozent auf Platz eins vor der AfD, die aber zulegte und bei 20 Prozent steht.

Wirbel um Windmühlen-Aussage

Großen Beifall bekam Weidel bei ihrer Rede für den Ausruf: "Wenn wir am Ruder sind, wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande." Diese Aussage wurde im Netz stark diskutiert und kritisiert. Weidels Co-Parteichef Tino Chrupalla erklärte später auf Nachfrage, Weidel habe sich hauptsächlich auf die Windkraftwerke bezogen, für die Wälder gefällt würden.

Rund um die Veranstaltungshalle in Riesa blieb es am Sonntag ruhig. Die Polizeipräsenz war deutlich heruntergefahren. Gestern hatten Demonstranten durch Blockaden der Zufahrtswege den Beginn des Parteitags stark verzögert, denn viele AfD-Delegierte kamen nicht durch.

Polizei ermittelt nach Vorfall mit Hund

Die Stimmung am Samstag war zeitweilig aufgeheizt. Rund 10.000 Menschen hatten gegen den Parteitag demonstriert, vielerorts standen sich Polizisten und Demonstrierende gegenüber. Die Polizei teilte mit, nach einem Zwischenfall mit einem Polizeihund seien Ermittlungen eingeleitet worden. Weil inzwischen eine Anzeige vorliege, werde es ein Strafverfahren geben, sagte Polizeisprecher Thomas Geithner. Der Vorfall werde in diesem Rahmen aufgeklärt. Vor Abschluss des Verfahrens könne man keine Bewertung dazu abgeben.

Auf einem Video auf der Plattform X ist zu sehen, wie ein Polizist seinen Hund auf einen Demonstranten stößt, um den Mann über den Mittelstreifen einer mehrspurigen Straße zu drängen. Der Beamte drückt den Hund mehrfach mit seiner Schnauze auf den Mann, während dieser über die Leitplanken steigt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 12. Januar 2025 um 14:00 Uhr.