Julia Klöckner spricht in der Gedenkstunde zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs im Bundestag.

Bundestag erinnert an Weltkriegsende "Das Ausmaß ist bis heute nicht allen bewusst"

Stand: 08.05.2025 15:10 Uhr

80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat Bundestagspräsidentin Klöckner an oft vergessene Opfer erinnert. Bundespräsident Steinmeier warnte generell davor, die Verbrechen der Deutschen zu vergessen.

Vor genau 80 Jahren fand der Zweite Weltkrieg sein Ende. An den Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde heute auch im Bundestag gedacht.

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner erinnerte in ihrer Rede an oft vergessene Opfer - darunter Frauen und Mädchen. Der von Deutschland entfachte Krieg sei mit zerstörerischer Kraft zu seinen Verursachern zurückgekehrt, so die CDU-Politikerin. Opfer der heranrückenden Truppen seien insbesondere Frauen und Mädchen gewesen - auch sie "häufig übersehene Opfer jeden Krieges". "Natürlich waren Frauen im Zweiten Weltkrieg nicht frei von Schuld. Aber gerade Frauen und Mädchen mussten viel Leid ertragen, sexuelle Übergriffe, in und nach dem Krieg." 

Aber auch andere Opfer gerieten in Vergessenheit: Allein in Polen hätten die deutschen Besatzer Zehntausende Menschen verschleppt und ermordet. "Viel zu oft ist dieses Leid, das Polen angetan wurde, unerwähnt geblieben." Auch im heutigen Belarus und in russischen Städten wie dem damaligen Leningrad hätten die deutschen Besatzer gewütet. "Das ungeheuerliche Ausmaß der deutschen Verbrechen ist bis heute nicht allen bewusst", sagte Klöckner. "Oder schlimmer noch: Viele wollen sich damit gar nicht mehr beschäftigen. Dieser Tendenz entgegenzuwirken - auch dazu dient das Gedenken am 8. Mai."

Steinmeier: "Wir wissen, wohin Abschottung führt"

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte in seiner Rede vor Geschichtsvergessenheit. "Flüchten wir nicht aus unserer Geschichte. Werfen wir ihre Lehren gerade dann nicht über Bord, wenn sie uns etwas abverlangen", sagte er. "Wir wissen, wohin Abschottung führt, aggressiver Nationalismus und die Verachtung von demokratischen Institutionen."

Frank-Walter Steinmeier nimmt mit Ausnahme der AfD-Fraktion nach seiner Rede in der Gedenkstunde zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs im Bundestag den Applaus der Bundestagsabgeordneten entgegen.

Bundespräsident Steinmeier nimmt mit Ausnahme der AfD-Fraktion nach seiner Rede in der Gedenkstunde zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs im Bundestag den Applaus der Abgeordneten entgegen.

Er selbst wundere sich manchmal über die Hartnäckigkeit, "mit der manche, leider auch in diesem Hause, einen sogenannten 'Schlussstrich' unter unsere Geschichte und unsere Verantwortung fordern", fügte Steinmeier hinzu. Entsprechende Rufe werden unter anderem immer wieder aus den Reihen der AfD erhoben. Die vom Verfassungsschutz in Teilen als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei stellt 151 Abgeordnete im Bundestag und ist damit nach der Union die zweitstärkste Fraktion.

Steinmeier habe es tief berührt, als ihn in Warschau beim Gedenken an den Aufstand dort vor 80 Jahren eine Überlebende bei der Hand nahm und sagte: "Polen und Deutschland sind heute Freunde. Nie hätte ich mir das vorstellen können." Steinmeier weiter: "Es ist so unendlich viel, was wir mit Versöhnung erreichen können und was wir erreicht haben. Lassen Sie uns weiter dafür arbeiten!"

Erinnerung an Millionen Opfer

Vor dem Gedenken nahmen Steinmeier, Klöckner sowie unter anderem Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) an einem ökumenischen Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin teil. Anschließend legten sie Kränze an der Neuen Wache nieder, der zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Frank-Walter Steinmeier (M) legt zusammen mit (l-r), Anke Rehlinger, Julia Klöckner, Friedrich Merz und Stephan Harbarth an der Neuen Wache, der zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, einen Kranz nieder.

Bundespräsident Steinmeier (Mitte) legt zusammen mit den Repräsentanten der Verfassungsorgane des Bundes (von links nach rechts), Anke Rehlinger (SPD), Ministerpräsidentin des Saarlands und amtierende Bundesratspräsidentin, Bundestagspräsidentin Klöckner, Bundeskanzler Merz, und Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, an der Neuen Wache einen Kranz nieder.

Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht endete am 8. Mai 1945 der Zweite Weltkrieg in Europa. Das mit Deutschland verbündete Japan kapitulierte am 15. August, nachdem die USA Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hatten. Insgesamt kamen im Laufe des von Deutschland entfesselten Krieges mehr als 60 Millionen Menschen ums Leben. Die Verbrechen des NS-Regimes gipfelten in dem Versuch, jüdisches Leben komplett auszulöschen. Dem Holocaust fielen rund sechs Millionen Juden zum Opfer.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 08. Mai 2025 um 15:00 Uhr.