
Finanzpaket beschlossen Der Verteilungskampf ist eröffnet
Das Milliarden-Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur ist beschlossen - nun geht es darum, die Mittel konkret zu verteilen. Es gibt Vorschläge und Begehrlichkeiten. Bildungsverbände fordern etwa mehr Geld für die Digitalisierung.
Nach dem Bundesratsbeschluss für ein riesiges Finanzpaket werden Forderungen zur Verteilung der Mittel laut. Bildungsverbände schlagen vor, eine feste Summe aus dem neuen Sondervermögen für die Digitalisierung von Kitas, Schulen und Universitäten zu veranschlagen.
Der Deutsche Lehrerverband (DL) fordert eine Verdopplung der Fördergelder, die der Bund bis 2030 für den Digitalpakt 2.0 vorgesehen hatte. Die ursprünglich geplanten fünf Milliarden seien zu wenig, findet DL-Präsident Stefan Düll. Das Geld brauche man, um veraltete Geräte zu ersetzen und laufende Kosten zu decken, sagte Düll dem Radaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Anzahl technischer Geräte an Schulen, die betreut werden müsste, entspräche der eines mittleren Unternehmens. "Das können Lehrkräfte nicht leisten", machte er deutlich.
Auch sollte Geld in die Sanierung und den Neubau von Schulen fließen. "Es darf nicht von den Finanzen einer Kommune abhängig sein, ob diese sich Sanierung und Neubau von Schulen leisten kann", forderte Düll. Dabei hofft er durchaus auch auf Mittel aus Programmen zum Klimaschutz, um die Schulen entsprechend auszugestalten.
Milliarden gegen Investitionsstau im Bildungswesen
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert insgesamt 130 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen, um den massiven Investitionsstau im Bildungswesen auf allen Ebenen wirksam zu bekämpfen. "Wir gehen davon aus, dass der tatsächliche Bedarf sogar noch höher ist", sagte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern dem RND. "Weniger als das wäre fatal."
Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Susanne Lin-Klitzing, sprach von einer "historischen Chance": "Es ist unerlässlich, einen substanziellen Teil des Sondervermögens massiv in Bildung zu investieren, um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu sichern", sagte sie dem RND.
Der Städtetag rief dazu auf, das Geld aus dem Sondervermögen möglichst schnell und nach einem einfachen Vergabeverfahren an Länder und Kommunen zu verteilen. Der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Helmut Dedy, sagte dem RND: "Je einfacher das Verfahren ist, desto schneller haben wir das Geld auf der Straße, und die Menschen merken, dass etwas passiert. Das muss oberste Priorität sein."
Günther mit konkretem Verteilungsvorschlag
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich im RND und im ZDF dafür aus, die Mittel aus dem Sondervermögen über den sogenannten Königsteiner Schlüssel zu verteilen. Das Verfahren wird häufig bei Bund-Länder-Finanzierungen genutzt. Der Schlüssel berechnet den Anteil eines Bundeslandes dabei zu zwei Drittel nach dem Steueraufkommen und zu einem Drittel nach der Bevölkerungszahl.
"Ich glaube, es ist jetzt auch nicht so kompliziert, sich da untereinander zu verständigen. Wir haben mit dem Königsteiner Schlüssel ein bewährtes Verfahren", sagte Günther. "Wir sollten jetzt keine langen Diskussionen darüber führen, ob es irgendwelche neuen Schlüssel gibt, sondern möglichst schnell entscheiden", mahnte er an. "Und das sollte der Bundestag dann ganz fix angehen, wenn die Bundesregierung konstituiert ist."
Nach dem Bundestag hatte am Freitag auch der Bundesrat den Weg für das Finanzpaket frei gemacht, mit dem über neue Schulden Milliardenbeträge in Verteidigung und Infrastruktur investiert werden können. Es wird die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gelockert für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit.
Rund 100 Milliarden Euro für die Bundesländer
Zudem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen an die Länder gehen, weitere 100 Milliarden Euro sollen fest in den Klimaschutz und in den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen.
Die Länder dürfen darüber hinaus künftig zusammen Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen - das wären in diesem Jahr ungefähr 15 Milliarden Euro. Bisher gilt für die Länder eine Schuldengrenze von null.
Auf das Finanzpaket hatten sich Union, SPD und Grüne nach tagelangem Ringen verständigt. Die Grünen wurden für die Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat gebraucht. Das Gesetz muss jetzt noch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf sein verfassungsgemäßes Zustandekommen geprüft und unterschrieben werden.
Söder: "Kein Selbstbedienungsladen"
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder mahnte eine durchdachte und gesetzlich geregelte Ausgabe der Mittel des Sondervermögens an. "Es ist kein Selbstbedienungsladen für niemanden, sondern es muss durch fachliche Entscheidungen und durch Gesetze begründet werden: Was wird für die Straße, was wird für die Schiene ausgegeben, was wird für die Krankenhäuser ausgegeben. Was ist für Wissenschaft und Forschung wichtig." Dies müsse alles noch entschieden werden, sagte der CSU-Chef dem RND.