Musk gegen Bannon Risse in Trumps MAGA-Lager
Schon vor der Amtsübernahme ist im Trump-Lager ein massiver Streit über die Visapolitik ausgebrochen. Es geht dabei auch um den Einfluss von Tech-Unternehmen. Im Zentrum des Streits steht Elon Musk - und ein früherer Stratege Trumps.
Es ist nur ein bürokratisches Kürzel, aber die Kombination H-1B steht im Zentrum eines massiven Streits im Lager des künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Mit H-1B sind Visa für hochqualifizierte Ausländer verbunden, die für eine Zeit lang in den USA arbeiten wollen.
Die Zahl dieser Visa ist auf 65.000 pro Jahr begrenzt und wird für zunächst drei Jahre vergeben. Mehr als drei Viertel der Visa gingen bislang an Fachkräfte aus Indien. Die Forderung, dass das Programm modernisiert werden soll, geht quer durch die Parteien. Aber an der Frage, wie die Reform aussehen und ob die Zahl der Visa erhöht oder deutlich gesenkt werden soll, scheiden sich unter Trumps Anhängern die Geister.
Der Streit berührt ein Kernthema der "Make America Great Again"-Bewegung (MAGA), und die Risse, die sich hier auftun, könnten exemplarisch sein für weitere Auseinandersetzungen in Trumps Umfeld.
Personalentscheidung trifft auf Widerspruch
Der rüde ausgetragene Streit brach über die Weihnachtsfeiertage aus. Anlass war die Ernennung von Sriram Krishnan zum Berater für Künstliche Intelligenz durch Trump am 22. Dezember. Krishnan ist ein in Indien geborener Investor, IT-Experte und Podcaster. Kurz nach der Wahl hatte er sich auf X für mehr Immigration ausgesprochen - das ließ ihn zum "Blitzableiter" für die MAGA-Bewegung werden, wie die Nachrichtenseite Axios festhielt.
Am 24. Dezember beschwerte sich auf X Laura Loomer über die Personalie, eine rechte Aktivistin und Influencerin, die Verschwörungstheorien verbreitet und seit einiger Zeit häufig im Umfeld von Trump aufgetaucht. Die Ernennung sei "tief verstörend" schrieb sie und beschwerte sich im selben Tweet über die Zahl der "Karriere-Linken", die nun mit Aufgaben im Trump-Team betraut würden, nachdem sie ihre Meinung geändert hätten. Krishnan selbst wurde von ihr mit Beleidigungen bedacht, die viele für rassistisch hielten.
Laura Loomer hat mehr als eine Millionen Follower auf X. Sie ist eine vehemente Verteidigerin von Trump - aber liegt in Migrationsfragen mit dessen Freund Musk über Kreuz.
Musk sieht eine einfache Frage
Das wiederum rief Elon Musk auf den Plan, der sich möglicherweise persönlich angesprochen fühlte, gewiss aber seine Geschäftsinteressen berührt sah. Musk, selbst mit einem H-1B-Visum in die USA gekommen, lenkte am nächsten Tag den Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung von Zuwanderung in die USA.
Auf X monierte er einen "fortwährenden Mangel an exzellenten Ingenieur-Talenten". Das sei der entscheidende Faktor, der das Silicon Valley "grundsätzlich limitiere".
Natürlich würde er lieber mehr US-Amerikaner einstellen, auch weil dies unkomplizierter sei, schrieb er weiter. Aber es gebe nun mal ein Defizit an hochtalentierten und motivierten Ingenieuren in den USA. Am Ende, schob Musk nach, gehe es um die Frage, ob man wolle, dass Amerika gewinne oder verliere - und letzteres werde eintreten, wenn man die besten Talente zwinge, für die Gegenseite zu spielen.
Damit war die Konfrontationslinie für die darauffolgenden Tage gezogen: Hier die Vertreter der Tech-Konzerne, dort die klassischen Vertreter der MAGA-Bewegung.
Trump meldet sich zu Wort
In kurzer Zeit eskalierte die Debatte auf X. In dem immer erregteren Austausch von Vorwürfen und Beleidigungen entzog Musk der Influencerin Loomer schließlich den blauen Haken für ein verifiziertes X-Konto, was ihre Sichtbarkeit auf der Platform verringerte. Loomer warf Musk daraufhin vor, im Widerspruch zu seiner Forderung nach Meinungfreiheit zu handeln und forderte: "Wir brauchen eine Debatte über den Einfluss von 'Big Tech' auf MAGA."
Trump hielt sich zunächst aus der Debatte heraus, meldete sich schließlich am 28. Dezember in dem Boulevardmedium New York Post zu Wort - und unterstützte Musk. Nachdem er die Visa vor Jahren noch als "sehr schlecht für Amerika" bezeichnet hatte, erklärte er nun, er befürworte die H-1B-Visa, seine Unternehmen würden davon auch reichlich Gebrauch machen.
Auch wenn Trump an dieser Stelle offenbar mehrere Visatypen miteinander verwechselte, da für Arbeitskräfte in in seinem Hotelimperium eine andere Visumsart gefragt ist, war das Signal klar: Eine komplette Abschottung des Landes, wie von manchem MAGA-Anhänger erträumt, steht vorerst nicht auf Trumps Agenda.
Andere Töne im Wahlkampf
Trump fällt dabei auf die Füße, dass er im Wahlkampf auf eine extreme Rhetorik gegenüber Migranten gesetzt hat, sie immer wieder in Zusammenhang mit extremer Kriminalität brachte, ihnen schlechte Gene unterstellte.
Die Attacken gipfelten in seiner Behauptung im TV-Duell mit Vizepräsidentin Kamala Harris, Einwanderer aus Haiti würden in einer Kleinstadt in Ohio Hunde und Katzen essen. Damit setzte er den Ton im Wahlkampf, trieb die Demokraten vor sich her - und weckte Erwartungen.
Bannon attackiert Musk
Der extreme MAGA-Flügel will deshalb nicht klein bei geben. Zwar bat Loomer Krishnar um Entschuldigung für ihre massiven Angriffe gegen ihn, woraufhin ihr X-Konto wieder in den alten Zustand zurückversetzt wurde.
Die Debatte im MAGA-Lager aber geht weiter, und hier kommt ein alter Bekannter ins Spiel: Steve Bannon, der frühere Wahlstratege und Berater Trumps in dessen chaotischer Anfangszeit seiner ersten Präsidentschaft.
Bannon ist nicht Teil des neuen Trump-Teams, will aber von außen seinen Einfluss auf den Präsidenten wahrnehmen. Derzeit richtet sich das vor allem gegen Musk.
Eine alte Fehde
Mit ihm verbinde ihn schon aus der ersten Amtszeit Trumps eine gespannte Beziehung, erzählte Bannon Anfang Januar dem Corriere Della Sera aus Rom - damals habe er Musk anfänglich täglich aus dem Weißen Haus werfen lassen..
Bannon bedenkt Musk in dem Interview mit einer ganzen Kaskade von Beschimpfungen - der X-Besitzer sei "ein bösartiger Mensch", besitze "die Reife eines Kindes", verstehe "wenig von den wirklichen Problemen" und kümmere "sich nur um seinen eigenen Vorteil" - es gehe ihm darum, Billionär zu werden und er wolle einen "Techno-Feudalismus" weltweit durchsetzen.
Eine "persönliche Angelegenheit"
Bannons Kritik ist getränkt von einem tiefen Misstrauen gegen die Unternehmenschefs aus dem Silicon Valley. Er nennt sie fast schon dämonisch "tech overlords" und wirft ihnen vor, sie allein würden von dem dem derzeitigen Einwanderungssystem profitieren. Die "besten Jobs" im Silicon Valley seien zu drei Vierteln von "Nicht-Amerikanern" besetzt.
Deshalb sei der Kampf um die H-1B-Visa "zentral" für das Ziel, "unsere Jobs und die Wirtschaft zurückzugewinnen".
Bannon macht keinen Hehl daraus, dass der Kampf gegen Musk für ihn zu einer "persönlichen Angelegenheit" geworden sei und er verspricht, er werde dafür sorgen, "dass Musk bis zur Amtseinführung rausgeschmissen wird".
Auftakt zu einem "lang anhaltenden Kampf"?
Auch Laura Loomer glaubt an die "unabwendbare Scheidung zwischen Präsident Trump und Big Tech". Danach sieht es derzeit freilich nicht aus.
Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Flavio Hick sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Schlagabtausch zwischen dem traditionellen MAGA und dem Big-Tech-MAGA sei der Auftakt zu einem lang anhaltenden Kampf um die Zukunft der Bewegung".
Der Politikwissenschaftler Ronil Hira wies gegenüber Al Jazeera darauf hin, dass Trump schon in seiner ersten Amtszeit nichts an dem H-1B-System geändert habe. Wie er nun handele, werde von "internen Kalkulationen" abhängen, also nicht von grundsätzlichen Überzeugungen.
Klar ist: Mit seiner Mehrheit im Kongress hat Trump nun freie Hand, Reformen durchzuführen. Wie er sich entscheidet, wird das eine Lager jubeln und das andere Lager schäumen lassen.