
Ukraine nimmt an Paris-Gesprächen teil Unerwartet ein Spitzentreffen
Eigentlich wollten sich Vertreter der USA und Europas über den Stand der Ukraine-Gespräche austauschen. Doch nun sind auch mehrere Minister aus Kiew in Paris. Deutsche Topdiplomaten sind ebenso angereist.
Die USA und europäische Staaten wollen heute Gespräche in Paris über ein Ende des Ukraine-Kriegs führen - nun sind überraschend auch mehrere Regierungsmitglieder aus Kiew in der französischen Hauptstadt gelandet.
Der Chef der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, schrieb auf X, er werde bei seiner Visite von Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umjerow begleitet. Das ukrainische Außenministerium sprach von einer Reihe bilateraler und multilateraler Treffen mit Vertretern der USA und der sogenannten Koalition der Willigen. So bezeichnen sich die überwiegend europäischen Staaten, die sich an der Unterstützung der Ukraine beteiligen. Die USA sind nicht Teil dieser Gruppe.
Bei den Gesprächen gehe es unter anderem um Wege zu einem dauerhaften Waffenstillstand und die Entsendung eines multinationalen Militärkontingents, um nachhaltigen Frieden zu garantieren, betonte das ukrainische Außenministerium.
Rubio und Witkoff in Paris
Aus Washington sind US-Außenminister Marco Rubio und der Sondergesandte von Präsident Donald Trump, Steve Witkoff, angekündigt. Ihre Reise folgt auf ein Treffen Witkoffs mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin vergangene Woche.
Nach Medienberichten soll Witkoff mit dem französischen Staatschef Emmanuel Macron sprechen, während Außenminister Rubio seinen Kollegen Jean-Noël Barrot trifft. Die Gespräche sollen das "Ziel voranbringen, den russisch-ukrainischen Krieg zu beenden und das Blutvergießen zu stoppen", teilte das US-Außenministerium mit.
Vertreter der Bundesregierung vor Ort
Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, an den Gesprächen in Paris nähmen der außen- und sicherheitspolitische Berater der Bundesregierung, Jens Plötner, und der Politische Direktor im Auswärtigen Amt, Günter Sautter, teil. Es gehe um wichtige Fragen für die Sicherheit der Ukraine und Europas.
Dass überhaupt in Paris direkte oder indirekte Gespräche zwischen der amerikanischen Regierung und den europäischen Vertretern stattfinden, kann bereits als diplomatischer Fortschritt gewertet werden, so ARD-Korrespondent Cai Rienäcker. Denn zuletzt hatten sich die Europäer und andere Staaten im Rahmen der "Koalition der Willigen" bei verschiedenen Gipfeltreffen nur unter sich getroffen.
Unterschiedliche Strategien
Jedoch prallen in Paris zwei sehr unterschiedliche Ansätze aufeinander, wie der seit mehr als drei Jahren andauernde Krieg beigelegt werden könnte. Trump will ein rasches Ende des Krieges und eine Wiederannäherung zwischen den USA und Russland. Trump und Witkoff haben nach Kontakten mit Putin betont, dass dieser ihrem Eindruck nach Frieden wolle.
Sie sind eher geneigt, die Ukraine unter Druck zu setzen, der sie wiederholt fälschlicherweise unterstellt haben, den Krieg begonnen zu haben. So wurde Russland beispielsweise - im Gegensatz zur Ukraine - nicht mit Sonderzöllen belegt. Auch zum verheerenden russischen Bombardement auf die Stadt Sumy, bei dem Dutzende Zivilisten starben und mehr als 100 verletzt wurden, kamen von Trump nur die irritierend verharmlosende Äußerung, die Russen hätten einen "Fehler gemacht".
International hatte der Angriff dagegen großes Entsetzen ausgelöst, der wahrscheinlich künftige Kanzler Friedrich Merz sprach von einem Kriegsverbrechen. Die Europäer wollen die Ukraine weiter militärisch unterstützen, auch mit Blick auf mögliche Verhandlungen. In Deutschland wird in diesem Zusammenhang auch über die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern diskutiert.
Russische Drohnenangriffe gehen weiter
Bislang haben die amerikanischen Vermittlungsversuche keine Wirkung gezeigt. Russland setzt seine Angriffe auf die Ukraine trotz der Gespräche mit unverminderter Härte fort. So wurde in der vergangenen Nacht die südukrainische Industriestadt Dnipro zum Ziel eines großen russischen Drohnenangriffs. Dabei seien drei Menschen, darunter ein Mädchen, getötet worden, teilte der Gebietsgouverneur mit. Außerdem gebe es mindestens 30 Verletzte, darunter fünf Minderjährige. Brände seien an mehreren Stellen ausgebrochen, Wohnhäuser seien beschädigt worden.
Eine vollständige Waffenruhe ohne Vorbedingungen hat Putin im Gegensatz zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abgelehnt.
Unklar, ob Moratorium verlängert wird
Der Minimalkonsens - ein 30-tägiges Moratorium auf Schläge gegen Energieanlagen - läuft heute aus, wobei beide Seiten sich den mehrfachen Bruch der Absprache vorwerfen.
Russland hält sich zur Frage einer möglichen Fortsetzung des Moratoriums bedeckt. "Ich bin noch nicht bereit, Ihnen zu sagen, welche Entscheidung getroffen wurde", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow gestern vor Journalisten. Ein Sprecher des ukrainischen Außenministeriums sprach sich für einer Verlängerung der Vereinbarung aus. Er warf Russland zugleich vor, "mehr als 30-mal" dagegen verstoßen zu haben.
Selenskyj rief unterdessen dazu auf, zur Beendigung des Krieges in seinem Land Druck auf die russischen "Killer" auszuüben. "Russland nutzt jeden Tag und jede Nacht, um zu töten. Wir müssen Druck auf die Killer ausüben", erklärte Selenskyj im Onlinedienst Telegram. Dies müsse geschehen, "um den Krieg zu beenden und dauerhaften Frieden zu garantieren".