Wolodymyr Selenskyj gedenkt in Lwiw (Ukraine) der gefallenen ukrainischen Soldaten.

Nach Trump-Telefonat mit Putin Selenskyj fragt nach dem Kleingedruckten

Stand: 19.03.2025 13:04 Uhr

Für die Ukraine bleiben nach dem Telefonat von Trump und Putin noch viele Fragen offen. Zwar lobt Präsident Selenskyj, dass es eine Pause bei den Angriffen auf die Energie-Infrastruktur geben soll. Aber was genau wurde vereinbart?

Von Florian Kellermann, ARD Kiew

In der Ukraine fielen die Reaktionen auf das Telefongespräch zwischen US-Präsident Donald Trump und Wladimir Putin zurückhaltend aus. Insgesamt überwogen die Zweifel daran, dass der russische Staatschef wirklich an einer Waffenruhe interessiert sei.

Noch am Dienstagabend gab Präsident Wolodymyr Selenskyj eine 30-minütige Online-Pressekonferenz. Dabei wiederholte er, dass sein Land zu einer Waffenruhe bereit sei. Das gelte auch, wenn diese auf Luftschläge auf Objekte der Energie-Infrastruktur beschränkt sein sollte.

Denn nur darauf will sich Kremlchef Putin einlassen, wie aus den Stellungnahmen aus Washington und Moskau nach dem Telefonat hervorgeht. Dies wäre ein "positives Resultat", so Selenskyj. "Natürlich müssen wir erst die Details kennen", so der ukrainische Präsident zu einer möglichen Zustimmung der Ukraine. Das betreffe insbesondere die Frage, wie so eine Waffenruhe unabhängig überwacht werde.

Ein gravierender Verdacht bleibt bestehen

Darüber hinaus äußerte Selenskyj Zweifel daran, dass Putin es mit einer Waffenruhe ernst meint. Putin und andere russische Spitzenpolitiker hatten eine Waffenruhe ohne vorherigen Friedensvertrag in den vergangenen Monaten stets ausgeschlossen. "Er hat sich nicht verändert", sagte Selenskyj über Putin und verwies auf die Erklärung des Kremls nach Putins Telefonat mit Trump.

Dort ist die Rede davon, dass Russland nur dann einer vollständigen Waffenruhe zustimmen könne, wenn die Ukraine keine militärische Hilfe von westlichen Ländern mehr bekomme. "Er will die ukrainische Armee schwächen", sagte Selenskyj. Darin bestehe Putins eigentliches Ziel bei den Gesprächen über eine Waffenruhe.

Der ukrainische Präsident führte auch die russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine in der Nacht auf Mittwoch als Argument dafür an, dass Putin weiter Krieg führen wolle.

Ziel einer vollständigen Waffenruhe verfehlt

Die meisten politischen Kommentatoren in der Ukraine beschreiben das Telefongespräch zwischen Washington und Moskau als Niederlage für Trump. Ihr Argument: Der US-Präsident war auf Putin mit dem Ziel zugegangen, eine vollständige Waffenruhe zu erreichen. Dem hatte Putin nicht zugestimmt.

"Trump versteht, dass Putin ihm den Finger gezeigt hat", so der Kiewer Politologe Wadym Denysenko in einem Beitrag auf Facebook. Aber Trump könne dies nicht zugeben. Denn dann müsse der US-Präsident eingestehen, dass er mit seinem Versprechen gescheitert sei, rasch einen Frieden in der Ukraine herbeizuführen.

Putin spiele auf Zeit, so Denysenko. Er wolle nach und nach den Druck auf Trump steigern, der einen außenpolitischen Erfolg verbuchen wolle.

Unterschiedliche Stellungnahmen

Trump könnte deshalb mehr und mehr Positionen des Kremlchefs übernehmen, befürchten auch andere Beobachter in der Ukraine. So wies der Politologe Wolodymyr Horbatsch, ebenfalls auf Facebook, darauf hin, dass nur in der Stellungnahme des Kremls vom Mittwoch von den russischen Bedingungen für eine vollständige Waffenruhe die Rede ist. In der Stellungnahme des Weißen Hauses kommt dies nicht vor.

Das bedeute aber nicht, dass Trump diese Bedingungen nicht erfüllen wolle, so Horbatsch. Vielmehr wisse Trump nur noch nicht, wie er Putins Wunsch erfüllen könne. Putins Bedingungen liefen auf eine "Entmilitarisierung" der Ukraine hinaus, kommentierte der Politologe - eine Forderung, die der Kremlchef schon zu Beginn der russischen Vollinvasion formuliert hatte.

Nach dem Telefonat zwischen Trump und Putin greift russisches Militär erneut ukrainische Gebiete an

Vassili Golod, ARD Kiew, tagesschau, 19.03.2025 14:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. März 2025 um 06:11 Uhr.