Bundestagswahl 2025
Wahlforscher über Merz' Kurs Hitzige Migrationsdebatte - kaum Effekt in Umfragen
Kurz vor der Bundestagswahl wird aufgeheizt über Migrationspolitik und den Umgang mit der AfD diskutiert. Doch in Umfragen gibt es kaum Bewegung. Wie erklärt sich das ein Wahlforscher?
Zwei Wochen vor der Bundestagswahl haben die Wahlforscher von infratest dimap kaum noch Zweifel an einem Sieg von CDU und CSU. "Möglich ist theoretisch vieles - aber es spricht alles dafür, dass Friedrich Merz an der Eins ins Ziel gehen wird", sagt Wahlforscher Stefan Merz im ARD Interview der Woche. Äußere Ereignisse mit Einfluss auf die Wahl könne man aber natürlich nie ausschließen.
Der Wahlforscher hält die Situation aber für "festgefügter" als vor der vergangenen Bundestagswahl 2021. Damals hatte Unionskandidat Armin Laschet mit einem als unangemessen empfundenen Lachen im nordrhein-westfälischen Flutgebiet im Wahlkampf für Empörung gesorgt - und so wohl wichtige Stimmen verloren.
Doch aktuell ist die Lage eine andere, vermutet der Experte: "Wenn Herr Merz jetzt mal ungeschickt lacht, führt das nicht dazu, dass die Menschen plötzlich Olaf Scholz wieder gut finden." Der aktuelle ARD-DeutschlandTrend sieht die Union mit 31 Prozent vor der AfD mit 21 Prozent, die SPD liegt bei 15 Prozent.
Unionsanhänger stehen hinter Merz
Auch die hitzige Debatte über die Migrationspolitik und über den Umgang mit der AfD hatten zuletzt keinen größeren Effekt. Stefan Merz erklärt das damit, dass sich die Wähler über viele zentrale Fragen schon vor längerer Zeit ihr Urteil gebildet haben. Eine Wahl sei immer eine Bilanz der amtierenden Regierung. Und die Ampelkoalition unter Kanzler Scholz bekommt schon lange schlechte Bewertungen.
Der Unions-Kanzlerkandidat akzeptierte bei seinem harten Kurs in der Migrationspolitik zuletzt im Bundestag auch AfD-Stimmen. Mit diesem Vorgehen hatte er viel Kritik auf sich gezogen, aber die eigene Anhängerschaft verübelt es ihm nicht.
"Insbesondere die Unionsanhänger wollen, dass bei diesem zentralen Thema etwas passiert. Da nehmen sie auch diese Unterstützung durch die AfD in Kauf", analysiert Wahlforscher Merz. Anders wäre es aber wohl, wenn Friedrich Merz Koalitionen oder eine intensive Zusammenarbeit mit der AfD ankündigen würde. "Dann würde er auch in den eigenen Reihen massiv unter Druck kommen", erklärt der infratest-Experte.
Merz ohne "strahlenden Werte"
Auch wenn sich Friedrich Merz den Wahlsieg wohl kaum noch nehmen lässt - weder der Kandidat noch die Union stehen richtig gut da. "Das sind keine strahlenden Werte", betont Wahlforscher Stefan Merz. "Begeisterung sieht tatsächlich anders aus." Die Stimmung bei den Wählern beschreibt er deshalb mit dem Motto: "Wechsel ja! Aber mit angezogener Handbremse."
Schwarz-Rot und Schwarz-Grün könnten - rechnerisch und politisch - nach der Wahl mögliche Koalitionen sein. Knapp ein Drittel der Deutschen würde laut ARD-DeutschlandTrend am ehesten ein Bündnis der Union mit der SPD befürworten. Es wäre die Neuauflage einer Koalition, die - damals unter Kanzlerin Angela Merkel - bis heute nachwirkt und Protestwähler an die politischen Ränder getrieben hat.
Stefan Merz meint deshalb: "Es wäre besser, wenn der Wechsel zwischen den politischen Lagern wieder funktionieren würde. Nur sind die Mehrheitsverhältnisse so, dass es weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Gelb reicht."
Noch zwei Fünftel unentschlossen
Erst mit dem Wahlergebnis am 23. Februar werden die Koalitionsoptionen wirklich klar sein. Gerade rund um die Fünf-Prozent-Hürde ist es spannend - konkret also für Linke, FDP und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Von der aktuellen Sonntagsfrage bis zum Wahltag kann es noch Veränderungen geben. Und die könnten bei den kleinen Parteien darüber entscheiden, ob sie überhaupt in den Bundestag kommen.
Rund zwei Fünftel der Wahlberechtigten sind noch unsicher, ob und wen sie wählen, beziehungsweise, ob sie ihre derzeitige Wahlentscheidung noch mal ändern, erklärt Merz von infratest dimap. "Es ist nicht extrem viel im Vergleich zu früheren Wahlen. Aber es ist eine Gruppe, die noch was auslösen kann auf den letzten Metern."
Das ARD Interview der Woche können Sie in der ARD-Audiothek hören.