
Selenskyj im ARD-Interview "Wir wollen, dass Amerika auf unserer Seite ist"
Der ukrainische Präsident Selenskyj glaubt fest an die Unterstützung der USA im Kampf gegen Russland. US-Präsident Trump wisse um die Gefahr durch Russland. Im Interview mit der ARD forderte Selenskyj für Europa einen Platz am Verhandlungstisch.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bedeutung der USA im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine betont. "Wir glauben daran, dass die Amerikaner weiterhin unser verlässlicher Partner bleiben", sagte Selenskyj in einem Interview mit der ARD und anderen europäischen Sendern.
"Wenn Amerika stark bleibt und nicht nachgibt, werden wir unsere Position auch halten. Es ist wichtig, dass auch unsere Partner stark bleiben. Ich hoffe, sie werden es", so Selenskyj weiter. Ohne die USA funktionierten die Verteidigung und der Schutz der Zivilbevölkerung nicht. Deswegen sei die Hilfe der USA so wichtig.
Selenskyj: USA von russischer Propaganda beeinflusst
Vom ukrainischen Präsidenten kam aber auch Kritik. Die USA seien auch von der russischen Propaganda beeinflusst. Die russischen Narrative würden von manchem in Washington wiederholt, sagte Selenskyj und nannte als Beispiel den US-Sondergesandten Steve Witkoff. Dieser hatte in der Vergangenheit wiederholt russische Narrative aufgegriffen und Putin einen "freundlichen Kerl" genannt.
"Das wird uns dem Frieden nicht näher bringen. Es wird den Druck der USA auf Russland sogar schwächen." Russlands Präsident Wladimir Putin habe Angst davor, dass Europa und die USA zusammenhalten. Er versuche mit aller Macht, Europa und die USA zu spalten.
Selenskyj hofft auf schärfere US-Sanktionen
Insgesamt schien Selenskyj - angesichts des Eklats im Weißen Haußen vor laufenden Kameras im Februar - sehr um versöhnliche Töne gegenüber Washington bemüht. Er sei den USA sehr dankbar für ihre Unterstützung. US-Präsident Donald Trump verstehe, wie groß die Gefahr durch Russland sei.
Angesprochen auf eine mögliche Waffenruhe betonte Selenskyj seinen Willen, diese zu erreichen, bestritt aber, dass auch Russland diese Absicht verfolgt. "Wir waren für die vollständige Waffenruhe bereit. Russland war aber nur für die Waffenruhe im Schwarzen Meer bereit", so Selenskyj.
Russland habe kein Interesse an einer Waffenruhe, sondern wolle die Kontrolle im Krieg wiedererlangen. Selenskyj hoffe deshalb, dass Trump die Sanktionen gegenüber Russland verschärft. "Alles, was uns der Waffenruhe näher bringt, bringt uns auch näher an den Frieden, so Selenskyj.
Selenskyj: Europa muss mitverhandeln
Bislang haben die Ukraine und Russland jeweils nur mit den USA über einen möglichen Frieden verhandelt. Europäische Staaten waren nicht daran beteiligt, forderten aber wiederholt eine Rolle bei den Gesprächen ein. Bislang erfolglos.
Selenskyj betonte, dass bei möglichen Friedensverhandlungen auch Europa mit am Tisch sitzen müsse. Er wisse um die Sorgen der osteuropäischen Staaten vor einem Angriff Russlands. Und er wisse auch darum, dass sich diese Staaten sorgten, dass die Verhandlungen nur zwischen Großmächten und zu deren Bedingungen stattfinden könnten. Dafür habe es in der Geschichte schon Beispiele gegeben.
"Lassen sie uns daran glauben, dass es diesmal nicht so ist", so Selenskyj. "Ich habe viele unserer Partner getroffen und verstehe, wozu sie bereit sind. Und ich glaube, dass diese Erfahrung reicht, um rechtzeitig zu verstehen, wo wir die Unterstützung haben und wo wir verraten werden", so der ukrainische Präsident. "Die Ukraine verteidigt sich und verteidigt damit Europa."
Beratungen in Paris
In Paris beraten am Donnerstag rund 30 Staats- und Regierungschefs über die weitere Unterstützung der Ukraine. Bei dem Treffen der "Koalition der Willigen" geht es vor allem um mögliche Sicherheitsgarantien, falls es zu einer Waffenruhe kommen sollte.
Erwartet werden neben Selenskyj auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus EU- und NATO-Ländern sowie NATO-Generalsekretär Mark Rutte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer bemühen sich seit Wochen um eine Abstimmung der europäischen Verbündeten mit Blick auf die Ukraine.