Elon Musk
faq

Neue Regierungsstelle DOGE So radikal geht Musk mit seiner Behörde vor

Stand: 07.02.2025 17:06 Uhr

Die neue US-Regierung unter Donald Trump ist noch keinen Monat im Amt und hat schon weitreichende Entscheidungen gefällt. Eine zentrale Rolle im Staatsumbau spielt die undurchsichtige Behörde DOGE, die von Tech-Milliardär Musk gesteuert wird.

Von Gregory Dauber, tagesschau.de

Die neue US-Regierung unter Donald Trump hat schon nach wenigen Tagen für eine radikale Neuausrichtung des politischen Systems gesorgt. Die Folgen sind unmittelbar spürbar - im In- wie im Ausland. Eine zentrale Rolle dabei spielt der Tech-Unternehmer Elon Musk. Der Chef von Tesla, SpaceX und X (früher Twitter) ist nicht nur der reichste Mensch der Welt, er ist mittlerweile Chef einer neu geschaffenen Regierungsstelle.

Was Musk und sein Team seit drei Wochen in Washington wirklich tun, wer sie sind und was sie überhaupt dürfen - vieles davon ist noch unklar. Musk, der mit seinen Unternehmen Milliarden macht, soll den Staatsapparat radikal verkleinern und effizienter gestalten. Größtes Opfer ist bislang die US-Behörde für internationale Entwicklung, USAID, die quasi von ihrer Auflösung bedroht ist. Weitere Zehntausende Bedienstete sollen ihre staatlichen Arbeitsplätze aufgeben oder entlassen werden, auch in hochsensiblen Bereichen wie dem Auslandsgeheimdienst CIA. Ein Überblick über die bisherigen Entwicklungen:

Was ist DOGE?

Erklärtes Ziel des Department of Government Efficiency - kurz DOGE - ist der Bürokratieabbau und das Aufdecken und Abschaffen verschwenderischer Staatsausgaben. Dabei geht es wohl auch um Ausgaben, die nicht zur Agenda des Präsidenten Trump passen. Beispielsweise hat Trump in den ersten Wochen im Bereich DEI (diversity, equity, inclusion) - also Vielfalt, Teilhabe und Inklusion - für harte Einschnitte gesorgt, die über den Staatsapparat hinaus Wirkung zeigen.

Die neue Regierungsstelle wurde durch eines der ersten Dekrete ins Leben gerufen und ist direkt an das Weiße Haus angeschlossen. DOGE dürfe jedoch nicht in Befugnisse anderer Ministerien und Behörden eingreifen, hieß es zunächst. Musk ist der Chef von DOGE, er dürfte auch maßgeblich für das Auftreten der Behörde verantwortlich sein: Das X-Profil von DOGE gleicht dem anderer, Musk nahestehender Profile.

Musk ist laut Weißem Haus ein "besonderer Regierungsangstellter". Trump lobte ihn laut New York Times als "big cost-cutter", ein Kostensenker. "Manchmal sind wir damit nicht einverstanden und gehen nicht dorthin, wo er hin will. Aber ich denke, er macht einen tollen Job. Er ist ein kluger Kerl." Er könne und werde jedoch nichts ohne unsere Zustimmung tun, so Trump.

Als "Special Government Employee" darf Musk nicht mehr als 130 Tage im Jahr für die US-Regierung arbeiten. Die Trump-Administration hatte sich erst vor wenigen Tagen erstmals zum rechtlichen Status von Musk geäußert, viele Fragen bleiben dennoch ungeklärt. Es ist nicht die erste Regierung der USA, die Beratergremien einsetzt, um die Staatsausgaben zu senken.

Überblick: Klagen gegen Trump-Regierung
Die US-amerikanische Online-Plattform "Just Security" sammelt Klagen und Anfechtungen gegen Maßnahmen der aktuellen US-Regierung. Darunter sind auch Klagen gegen das Vorgehen von DOGE zu finden. Die Plattform hat ihren Sitz an der New York University School of Law. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Wer gehört zu DOGE?

Über das Team von Musk ist bislang nur wenig bekannt. Unklar ist auch, woher die Gehälter für die DOGE-Mitarbeiter kommen - oder ob es überhaupt welche gibt. Mehrere US-Medien berichten unter Berufung auf X-Beiträge von Musk selbst, dass lange Arbeitszeiten gefordert werden, es dafür aber keine Bezahlung geben soll. Das Wall Street Journal etwa schreibt von 80-Stunden-Wochen. Bewerbungen seien ausschließlich per Direktnachricht an den DOGE-Account auf Musks Plattform X möglich.

Das US-Tech-Magazin Wired berichtete über mehrere konkrete Personen, die für DOGE arbeiten sollen. Auffällig dabei ist, dass es sich dabei laut Wired vor allem um viele unter 25-jährige Männer handeln soll, die - wenn überhaupt - nur Berufserfahrung als Ingenieure in Tech-Unternehmen gesammelt haben, etwa in Firmen, die Musk kontrolliert. Andere werden mit dem in Deutschland geborenen Milliardär, Paypal-Gründer und Tech-Unternehmer Peter Thiel in Verbindung gebracht, der auch mit politisch umstrittenen Positionen für Aufsehen sorgt.

Wo wird DOGE eingreifen?

Noch gibt keinen umfassenden Überblick, in welche Bereiche Musk eingreifen will, um möglicherweise Finanzmittel zu kürzen. Das bislang spektakulärste Beispiel ist USAID, die staatliche Behörde für internationale Entwicklungshilfe. Die Organisation steht vor der kompletten Auflösung, innerhalb weniger Tage soll sie von 10.000 auf nur noch 300 Mitarbeiter schrumpfen. Fast das gesamte Personal ist bereits beurlaubt, weltweit werden massive negative Folgen, beispielsweise bei der Hungernothilfe, erwartet. Musk nannte USAID "ein Schlangennest radikal-linker Marxisten, die Amerika hassen" und eine "kriminelle Organisation". Im vergangenen Jahr wurden rund 50 Milliarden US-Dollar (48 Mrd. Euro) in Entwicklungshilfeprojekte von USAID gesteckt - nicht einmal 0,5 Prozent der gesamten Staatsausgaben.

Die Trump-Administration betrachte USAID als "einen Ausgangspunkt, um zu sehen, was sie tun kann, und um zu sehen, wer sie aufhalten wird und wie", sagte Matthew Kavanagh, Direktor des Center for Global Health Policy and Politics an der Georgetown University, dem Wall Street Journal.

Ein weiterer Eingriff, der auf Musk und DOGE zurückzuführen ist, ist das Abfindungsprogramm für rund zwei Millionen Bundesangestellte: Wer freiwillig aus dem Dienst ausscheide, erhalte eine ordentliche Zahlung zum Abschied, hieß es in einer E-Mail. Eine auf den 6. Februar gesetzte Frist wurde von einem Richter ausgesetzt, eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens war das jedoch nicht. Etwa 40.000 Bedienstete hätten das Angebot bisher angenommen, heißt es aus dem Weißen Haus.

Die Methode der US-Regierung erinnert an Musk, der - als er die Plattform Twitter (heute X) übernahm - Tausende Mitarbeiter mit einer einzigen E-Mail kündigte. Trump hat außerdem angekündigt, alle Einstellungen unter der Vorgängerregierung von Joe Biden überprüfen zu lassen, insbesondere wenn diese unter Anwendung von DEI-Richtlinien erfolgt seien. Das Wall Street Journal berichtet, es sollten auch Tausende Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums entlassen werden, etwa bei der Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA und der Gesundheitsbehörde CDC.

Welche weiteren Befürchtungen gibt es wegen DOGE?

Neben dem Zusammenbruch der US-Entwicklungshilfe auf der ganzen Welt und daraus folgenden humanitären Problemen befürchten Kritiker schwerwiegende Konsequenzen für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in den USA. US-Medien schreiben von einer "Übernahme" oder einer "Aushöhlung" des Staates. US-Medien berichten etwa von der bewussten Umgehung von staatlicher IT-Infrastruktur und ihrer Sicherheitssysteme, um DOGE-interne Kommunikation zu verschleiern, oder dem unsachgemäßen Umgang mit Namenslisten von CIA-Mitarbeitern, deren Einstellung überprüft werden soll.

Innenpolitisch geht es bislang vor allem um den Abbau der staatlichen Beschäftigten und die Einmischung der Musk-Behörde in Bereiche des Finanzministeriums oder medizinischer Organisationen, berichtet etwa das Wall Street Journal. Teilweise sind Webseiten von staatlichen Institutionen nicht zu erreichen. Mitarbeiter von DOGE, die keine demokratische Legitimierung haben, sollen zumindest Lesezugriff auf das zentrale staatliche Finanzsystem der USA haben, mit dem laut New York Times zuletzt staatliche Zahlungen in Höhe von sechs Billionen Dollar (5,8 Billionen Euro) abgewickelt worden waren. Darin sollen sehr große Mengen sensibler persönlicher Daten zu Sozialleistungen, Steuerinformationen und weiterer Regierungsprogramme enthalten sein. Ein ranghoher Beamter, der sich geweigert hatte, DOGE Zugriff zu gewähren, ist zurückgetreten. Es wird befürchtet, dass DOGE zukünftig auch Zahlungen unterbinden könnte, was illegal wäre.

Der Eingriff in das Fiskalsystem könnte nicht nur erhebliche Folgen für die ohnehin angespannten Staatsfinanzen der USA haben, sondern auch für DOGE-Chef Musk von Nutzen sein. Sein Raumfahrtunternehmen ist ein wichtiger Partner der Raumfahrtbehörde NASA, die New York Times schreibt von bis zu 100 Verträgen mit einem Milliarden-Dollar-Volumen. Der Zugriff auf die Daten könnte Musk "theoretisch Einblicke in die Bundesverträge seiner Unternehmenskonkurrenten verschaffen", so die Zeitung. Mögliche Interessenkonflikte soll der Milliardär selbst im Blick behalten, erklärte das Weiße Haus.

Gab es schon Rückschläge für DOGE?

Mindestens 13 Bundesstaaten und Gewerkschaften haben Klagen gegen das Vorgehen von Trump, Musk und DOGE eingereicht. In vielen Bereichen werden wohl erst Gerichte festlegen können, wie weit DOGE gehen darf. Eine erste gerichtliche Entscheidung schränkte den Zugang in das Fiskalsystem insoweit ein, dass nur noch zwei namentlich genannte Personen Daten einsehen dürfen, ohne Änderungen an Daten oder Zahlungen vorzunehmen. Inwieweit kontrolliert werden kann, ob wirklich nur diese Personen zugreifen können, ist nicht bekannt. Zuvor soll es sogar möglich gewesen sein, den Software-Code in dem Überweisungssystem zu verändern.

Die oppositionellen Demokraten im Repräsentantenhaus fordern eine Untersuchung, da DOGE eine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstelle. "Wir sind zutiefst besorgt, dass unbefugte Systemzugriffe in der gesamten Bundesregierung stattfinden und eine große Bedrohung für die Privatsphäre aller Amerikaner und die nationale Sicherheit unserer Nation darstellen könnten", heißt es im Schreiben der demokratischen Abgeordneten.

Ein Gericht in Washington hat einem Bericht zufolge Musk daran gehindert, sich sensible Daten aus dem US-Arbeitsministerium anzueignen. DOGE sei von dem Gericht gestoppt worden, berichtete die Washington Post. DOGE-Mitarbeiter dürften sich keinen Zugang zu Daten verschaffen. Der Zeitung liegt eine entsprechende E-Mail einer Gewerkschaft vor, die geklagt hatte. Unterdessen schreibt die Zeitung unter Berufung auf zwei Quellen, die Musk-Behörde verfüge über Daten aus dem Bildungsministerium und durchforste diese mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz.

Ein erster DOGE-Mitarbeiter musste auch schon von seiner Funktion zurücktreten: Der 25-jährige Marko Elez gehörte zu jenen Musk-Assistenten, die Zugang zum Bezahlsystem des Finanzministeriums erhalten hatten, wie das Wall Street Journal berichtete. Die Zeitung hatte zu Elez' Verbindungen zu einem Konto auf Musks Plattform X recherchiert, auf dem über Monate hinweg rassistische Kommentare veröffentlicht worden waren.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. November 2024 um 15:10 Uhr.